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Entflammte Nacht

Entflammte Nacht

Titel: Entflammte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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für Alexias Schnupftabaksdose entwickelt und untersuchte sie. Mit einem Blick aus schmalen Augen forderte Alexia ihn stumm heraus, eine Bemerkung zu machen über ihre eigenwillige Lösung des Problems, dass die Dienerschaft des Tempels keiner ihrer Bitten nachkam, doch er sagte nichts.
    »Also gut, dann erzählen Sie mir von dieser Ihrer Theorie. Und würde es Ihnen schrecklich viel ausmachen, Ihren Hund von meinem Stuhl zu entfernen?«
    Herr Lange-Wilsdorf bückte sich schwungvoll und hob sein lebhaftes kleines Haustier hoch. Sofort erschlaffte das Geschöpf im Arm seines Herrchens und fiel in einen entspannten, halb komatösen Zustand. Mit dem Hund über den Unterarm drapiert wie das Geschirrtuch bei einem Lakai fuhr Herr Lange-Wilsdorf fort, indem er das Vieh als Anschauungsmaterial für seine Erklärungen verwendete.
    »Nehmen wir einmal an, dass es gewisse Teilchen im menschlichen Körper gibt, die sich mit dem in der Umgebung befindlichen Äther verbinden.« Wenig hilfreich stupste er seinen Hund mit dem Zeigefinger an. »Ich nenne diese Teilchen ›pneuma‹, nach dem griechischen Wort für ›Geist‹ oder ›Lufthauch‹.« Dramatisch hob er seinen stupsenden Zeigefinger in die Luft. »Bei Übernatürlichen ist diese Verbindung unterbrochen, wodurch sie den Großteil ihres Pneumas verloren haben. Sie werden jedoch unsterblich, weil noch die Überreste des Pneumas in ihrem Körper vorhanden sind und die eine flexible Verbindung mit den Ätherpartikeln der Umgebung eingehen.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass die Seele überhaupt keine messbare Substanz, sondern vielmehr die Art und Festigkeit dieser Verbindung ist?« Gegen ihren Willen war Alexia fasziniert und richtete den Großteil ihrer Aufmerksamkeit auf den Deutschen.
    Begeistert wedelte Herr Lange-Wilsdorf mit Poche vor Alexia herum. »Jawoll! Das ist eine geniale Theorie, nicht wahr? Sie erklärt, warum es uns in all den Jahren nicht geglückt ist, die Seele zu messen. Es gibt nichts zu messen – stattdessen gibt es nur die Art und Stärke der Verbindung.« Er schwenkte den Hund im Zimmer herum, als wolle er ihm das Fliegen beibringen. »Sie, weibliches Exemplar, wurden als Außernatürliche zwar mit dem Pneuma, aber ohne den damit verbundenen Äther geboren und entziehen Ihrer Umgebung deshalb ununterbrochen Ätherpartikel. Wenn Sie dann eine übernatürliche Kreatur berühren, durchtrennen Sie deren flexibles Band und entziehen ihr allen Äther, wodurch sie sterblich wird.« Er machte eine greifende Handbewegung über dem Kopf des Hundes, als wollte er dem kleinen Biest das Gehirn herausholen.
    »Wenn die Vampire mich also einen Seelensauger nennen, dann sind sie damit gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Aber wie erklärt diese Theorie das Kind?«
    »Nun, das Problem mit zwei Außernatürlichen ist, dass sie beide gleichzeitig versuchen, die Ätherpartikel aufzusaugen. Deshalb können sie nicht dieselbe Luft miteinander teilen. Aber …«, und in einem triumphierenden Crescendo hielt sich Herr Lange-Wilsdorf das kleine weiße Hündchen über den Kopf, »wenn der andere Elternteil übernatürlich ist, kann das Kind die flexible Verbindung oder – wie wir es auch betrachten können – ein wenig von den Resten der überschüssigen Seele erben.«
    Poche gab ein komisches kleines Heulen von sich, als wollte er den Schlusssatz seines Herrchens unterstreichen. Als dem Wissenschaftler bewusst wurde, dass er auf höchst rücksichtslose Weise mit seinem Schoßhündchen herumwedelte, setzte er das Tier auf dem Fußboden ab. Sofort hopste Poche wieder herum und kläffte und führte schließlich einen heftigen Angriff gegen ein kleines goldfarbenes Zierkissen, das sicherlich nicht mehr lange auf dieser Welt weilen würde.
    Alexia gab es nur äußerst ungern zu, aber Herrn Lange-Wilsdorfs Theorie klang schlüssig. Damit ließen sich viele Dinge erklären, nicht zuletzt, warum solche Kinder wie das ungeborene Ungemach so überaus selten waren. Zuerst war dazu eine Verbindung zwischen Übernatürlichen und Außernatürlichen nötig, und diese beiden Spezies jagten sich gegenseitig seit Menschengedenken. Zweitens benötigte man dafür entweder eine weibliche Außernatürliche, einen weiblichen Vampir oder eine Werwölfin. Außernatürliche wurden kaum in der Nähe von Vampirhäusern geduldet, und weibliche Werwölfe waren beinahe ebenso selten wie weibliche Außernatürliche. Es gab schlicht und ergreifend nicht genug Gelegenheit für eine

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