Entflammte Nacht
befanden sich eine Menge kleiner Tische und Schaukästen zwischen Alexias kleiner Gruppe von Verteidigern und den Vampiren. Die Oberflächen der meisten davon waren mit zerlegten Uhren aller Art übersät. Deshalb war es nicht überraschend, dass einer der Vampire – vermutlich absichtlich, wenn man die allgemeine Anmut und Eleganz dieser Spezies bedachte – eine Anhäufung Uhrwerkteile zu Boden stieß.
Sehr wohl überraschend war allerdings Monsieur Trouves Reaktion darauf.
Er knurrte wütend und schleuderte die Kuckucksuhr, die er in der Hand hielt, nach dem Vampir.
»Kuuu?«, fragte die Uhr, während sie durch die Luft segelte.
Dann fing der Uhrmacher an zu brüllen: »Das war der Prototyp einer atmosphärischen Uhr mit doppelt regulativem Äther-Konduktor! Eine bahnbrechende Erfindung und absolut unersetzlich!«
Die Kuckucksuhr traf den Vampir volle Breitseite und erschreckte ihn gehörig, richtete allerdings nur wenig Schaden an, bevor sie mit einem traurigen kleinen »Kuuuuu?« am Boden zerschellte.
Alexia entschied, dass dies vermutlich ein guter Zeitpunkt war, mit dem Schießen anzufangen. Also schoss sie.
Zischend flog der giftige Betäubungspfeil durch die Luft, traf einen der Vampire mitten in die Brust und blieb dort stecken. Der Vampir starrte an sich hinab und auf den Pfeil, dann mit einem Ausdruck tiefster Empörung zu Alexia hoch – und brach schließlich schlapp zusammen wie eine zu lange gekochte Nudel.
»Guter Schuss, aber das wird ihn nicht lange lahmlegen«, meinte Madame Lefoux, die es ja wissen musste. »Übernatürliche können Betäubungsgifte schneller verarbeiten als Tageslichtler.«
Alexia feuerte einen zweiten Pfeil ab, und ein weiterer Vampir brach zusammen, doch der erste rappelte sich bereits wieder benommen auf.
Dann hatten die anderen beiden sie erreicht.
Madame Lefoux schoss einen hölzernen Pfeil aus ihrer Armbanduhr, verfehlte die Brust des Vampirs jedoch und traf ihn stattdessen in den linken Oberarm. Ha!, dachte Alexia. Ich wusste, das ist keine gewöhnliche Uhr! Dann stach die Französin mit ihrer hölzernen Krawattennadel auf ihn ein. Der Vampir blutete daraufhin an zwei Stellen, Arm und Wange, und zog sich vorsichtig zurück.
»Wir sind nicht an Ihnen interessiert, kleine Wissenschaftlerin. Geben Sie uns die Seelensaugerin, und wir verschwinden!«
»Jetzt wollen Sie sich auf einmal unterhalten!«, rief Alexia verärgert.
Der letzte der Vampire machte einen Satz auf sie zu und packte sie am Handgelenk. Erst dann erkannte er seinen Fehler.
Als er sie berührte, verschwanden seine Fangzähne, ebenso wie seine ganze außergewöhnliche Stärke. Seine blasse, glatte Haut wurde frisch und rosig und bekam Sommersprossen – Sommersprossen!
Doch ganz gleich, wie heftig Alexia auch zog, sie konnte sich nicht aus seinem Griff befreien. Er musste ein kräftiger Mann gewesen sein, bevor er verwandelt worden war.
Heftig schlug sie mit ihrem Sonnenschirm auf das nicht länger übernatürliche Geschöpf ein, doch der Vampir ließ nicht los, selbst dann nicht, als sie ihn ernsthaft verletzte.
Seine logische Denkfähigkeit schien zurückzukehren, und ihm wurde klar, dass er für diese Aufgabe auf das Gesetz der Hebelwirkung würde zurückgreifen müssen. Also machte er Anstalten, sich Alexia über die Schulter zu werfen.
Ein Pistolenschuss krachte, und bevor er noch irgendetwas anderes tun konnte, stürzte der Vampir nach hinten und ließ Alexia los, um sich stattdessen die Hände gegen den Leib zu pressen.
Alexia warf einen schnellen Blick nach links und sah erstaunt, wie der unerschütterliche Floote einen noch rauchenden einschüssigen Derringer mit Elfenbeingriff zurück in die Tasche steckte. Es war zweifellos die winzigste Pistole, die Alexia je gesehen hatte.
Aus derselben Tasche zog er eine zweite, geringfügig größere Pistole hervor. Beide waren fürchterlich antiquiert, seit etwa dreißig Jahren oder länger veraltet, funktionierten aber immer noch.
Der Vampir, den Floote angeschossen hatte, blieb am Boden liegen und krümmte sich vor Schmerz. Wenn Alexia sich nicht völlig irrte, war das Geschoss aus Holz, denn es schien ihm dauerhaft zu schaden. Es bestand durchaus die Möglichkeit, erkannte Alexia mit einem beklommenen Gefühl des Unwohlseins, dass ein Vampir an solch einem Geschoss im Leib tatsächlich starb. Diesen Gedanken konnte sie kaum ertragen. Schon allein die bloße Vorstellung, einen Unsterblichen zu töten! All dieses Wissen, einfach so
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