Entflammte Nacht
ausgelöscht.
Monsieur Trouve wirkte ebenfalls einen Augenblick lang völlig konsterniert. »Das ist eine Sundowner-Waffe, die Sie da haben, nicht wahr, Mr. Floote?«
Floote antwortete nicht. In der Bezeichnung »Sundowner« schwang Anklage mit, denn es setzte die offizielle Genehmigung der Regierung Ihrer Majestät voraus, Übernatürliche zu töten. Kein britischer Gentleman ohne eine solche Befugnis durfte eine derartige Waffe tragen.
»Seit wann weißt du denn etwas über Schusswaffen, Gustave?« Madame Lefoux musterte ihren Freund mit herrisch hochgezogenen Augenbrauen.
»In letzter Zeit habe ich ein großes Interesse an Schießpulver entwickelt. Macht schrecklich viel Sauerei, dieses Zeug, ist aber unglaublich nützlich für eine direkte mechanische Krafteinwirkung.«
»Das will ich meinen«, warf Alexia ein, legte ihren Sonnenschirm an und feuerte den letzten Pfeil ab.
»Jetzt haben Sie alle verschwendet«, rief Madame Lefoux tadelnd, während sie ihren eigenen, wirkungsvolleren Holzpfeil auf den benommenen Vampir abschoss, gleich nachdem Alexias Geschoss sein Ziel gefunden hatte. Er traf ihn mitten ins Auge. Klumpiges, schwarzes Blut quoll daraus hervor. Alexia wurde übel.
»Wirklich, Genevieve, musst du denn unbedingt aufs Auge zielen? Das ist so unansehnlich.« Monsieur Trouve schien Alexias Abscheu zu teilen.
»Ich werde es zukünftig unterlassen, wenn du mir versprichst, niemals wieder ein solches Wortspiel zu benutzen.«
Zwei der Vampire waren damit außer Gefecht gesetzt, die anderen beiden hatten sich zurückgezogen, um sich neu zu formieren. Offensichtlich hatten sie nicht mit so viel Widerstand gerechnet.
Energisch starrte Madame Lefoux Alexia an. »Hören Sie mit der Verzögerungstaktik auf und benutzen Sie das lapis solaris!«
»Sind Sie sicher, dass das unbedingt nötig ist, Genevieve? Es erscheint mir so … unhöflich. Mit dieser Substanz könnte ich versehentlich einen von ihnen töten. Ich finde, das hier reicht.« Mit dem Kinn deutete sie auf den Vampir, auf den Floote geschossen hatte und der nun in unheimlicher Stille dalag. Vampire waren selten und für gewöhnlich ziemlich alt. Einen davon zu ermorden, selbst wenn es in Notwehr geschah, war so, als würde man gedankenlos einen seltenen, lange gereiften Käse vernichten. Zugegeben, einen seltenen, lange gereiften Käse mit Fangzähnen und mörderischen Absichten, aber dennoch …
Die Erfinderin warf der Außernatürlichen einen missbilligenden Blick zu. »Ja, sie können Sie damit endgültig töten. Das war genau das, was ich im Sinn hatte, als ich die Vorrichtung dafür entwarf.«
Einer der Vampire machte erneut einen Satz auf Alexia zu, ein Messer in der Hand. Eindeutig verstand er es besser, Alexias außernatürlicher Fähigkeit zu begegnen als seine nun reglosen Kumpane.
Floote feuerte seine zweite Pistole ab.
Diesmal traf die Kugel den Blutsauger in die Brust. Der Vampir stürzte nach hinten, krachte in einen vollen Schaukasten und landete dann auf dem Fußboden, mit dem Geräusch eines Teppichs, aus dem man den Staub klopft.
Der letzte verbliebene Vampir wirkte sowohl verärgert als auch verwirrt. Sie hatten keine Schusswaffen mitgebracht.
Da riss sich der Vampir, den Madame Lefoux ins Auge getroffen hatte, die ärgerliche Sehbehinderung aus dem Schädel und rappelte sich auf. Aus der Augenhöhle quoll schwarzes, dickflüssiges Blut.
Mit vereinten Kräften griffen die beiden verbliebenen Blutsauger erneut an.
Madame Lefoux stach zu, und Monsieur Trouve, der nun endlich die Ernsthaftigkeit der Lage erkannte, griff hinter sich und riss einen langen, gefährlich aussehenden Federjustierer von seinem Haken an der Wand. Er war aus Messing, deshalb war es unwahrscheinlich, dass er ernsthaften Schaden verursachen würde, doch möglicherweise konnte man damit einen Vampir dennoch aufhalten, wenn man richtig damit umging.
In Flootes Hand erschien nun ein scharfes Holzmesser – beide Pistolen waren einschüssig und deshalb jetzt ohne Munition. Was für ein tüchtiger Mann, dieser Floote, dachte Alexia stolz.
»Also gut, wenn es denn unbedingt sein muss. Ich überwache den Rückzug«, sagte Alexia. »Damit können wir uns etwas Zeit erkaufen.«
»Was denn, in einem Uhrenladen?« Madame Lefoux konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.
Alexia warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Dann spannte sie ihren Sonnenschirm auf und drehte ihn in einer geübten Bewegung, sodass sie ihn verkehrt herum an der Spitze statt am
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