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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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empfindlich kalt. Ich wagte nicht, mich niederzusetzen, aus Angst zu erfrieren, sondern zog meine nassen Schuhe aus und lief barfuß am Strande auf und ab. Todmüde schlug ich mir, um mich zu erwärmen, gegen die Brust. Von Mensch oder Tier war kein Laut zu hören. Nur in der Ferne rauschte die Brandung und erinnerte mich an die überstandene Gefahr und die Not, in der mein Freund sich befand. Zu dieser frühen Stunde, in einer so trostlosen und öden Gegend, erfüllte mich das alles mit uneingestandener Furcht.
    Sobald es anfing hell zu werden, zog ich meine Schuhe an und erklomm den nächsten Hügel. Es war die schwierigste Kletterpartie, die ich jemals unternommen habe. Ich stolperte immerzu über hohe Granitblöcke oder mußte von einem zum anderen springen. Als ich oben war, wurde es heller Tag. Die Brigg, die wohl von dem heftigen Seegang hochgehoben und weggespült worden sein mußte, war nicht mehr zu sehen. Auch das Beiboot konnte ich nirgends entdecken. Kein einziges Segel zeigte sich auf dem Meer, und so weit ich das Land überblicken konnte, war weder ein Haus noch ein lebendes Wesen zu sehen.
    Der Gedanke an meine Schiffskameraden machte mir die größten Sorgen. Diese tote und verlassene Landschaft vor Augen zu haben, versetzte mich in Angst und Schrecken. Dazu kamen meine durchnäßte Kleidung und völlige Erschöpfung; und dann meldete sich auch noch mein Magen, der vor Hunger zu schmerzen anfing. Hatte ich nicht ohnehin genug Ungemach zu erleiden? In der Hoffnung, ein Haus zu finden, in dem ich mich aufwärmen und vielleicht von den Vermißten hören konnte, wanderte ich in östlicher Richtung an der Südküste entlang. Sollte ich nichts dergleichen finden, würde auf jeden Fall die Sonne ja bald aufgehen und wenigstens meine Kleider trocknen.
    Schon nach kurzer Zeit versperrte mir ein Wasserlauf oder Meeresarm, wie sie dort häufig tief ins Land hineinreichen, den Weg. Da ich keine Möglichkeit sah, ihn zu überqueren, war ich gezwungen, meine Richtung zu ändern und längs des Ufers weiterzuwandern, bis ich ihn umgehen konnte. Es war, immer noch schwer, vorwärtszukommen. Tatsächlich besteht nicht nur das Eiland Earraid, sondern auch das ganze an die Insel Mull grenzende Gebiet, das Roß genannt wird, aus Geröll und Granitblöcken. Dazwischen wuchert Heidekraut. Zuerst verengte sich, wie ich es erwartet hatte, der Wasserlauf, doch dann verbreiterte er sich erstaunlicherweise wieder. Als ich das feststellte, kratzte ich mir wohl nachdenklich den Kopf, hatte aber keine Ahnung von dem wirklichen Sachverhalt, bis ich schließlich zu einer Bodenerhebung kam und mir plötzlich klar wurde, daß ich auf einem öden Inselchen gelandet war einem Inselchen, das an allen Seiten vom Meer eingeschlossen wurde.
    Die Sonne war nicht zu sehen; statt dessen regnete es, und dichter Nebel umhüllte mich. Ich befand mich wirklich in einer jämmerlichen Lage.
    Fröstelnd stand ich im Regen und überlegte, was zu tun sei, bis mir schließlich der Einfall kam, ich könne vielleicht den Wasserlauf durchwaten. Ich ging also zur schmalsten Stelle zurück, stieg ins Wasser – und kaum drei Schritt vom Ufer entfernt, verlor ich den Boden unter den Füßen, stolperte und plumpste Hals über Kopf ins tiefe Wasser. Daß man jemals wieder etwas von mir gehört hat, verdanke ich weniger meiner eigenen Schläue als vielmehr der Güte und Gnade Gottes. Nasser war ich nicht geworden, denn das war nicht möglich gewesen, aber nach meinem Mißgeschick fror ich noch mehr. Und nach dieser erneut zunichte gewordenen Hoffnung war ich noch unglücklicher als zuvor.
    Da fiel mir die Rahe ein, an die ich mich beim Stranden der Brigg geklammert und die mich durch die Springflut getragen hatte. Dieses Stück Holz würde mir gewiß dabei helfen, den schmalen Wasserlauf sicher zu durchqueren. Unverzagt und mit frischem Mut machte ich mich daher auf den Weg und kletterte wieder über die Anhöhe, um mir die Rahe zu holen. Ich war jetzt schon ein recht erschöpfter Wanderer, und wenn mich der Gedanke, gerettet zu werden, nicht aufrechterhalten hätte, wäre ich gewiß zu Boden gestürzt und hätte den Kampf aufgegeben. Ob nun das geschluckte Salzwasser daran schuld war oder ob ich Fieber hatte, jedenfalls quälte mich schrecklicher Durst; ich mußte haltmachen und trank nach Torf schmeckendes Wasser aus den Erdspalten.
    Mehr tot als lebendig langte ich schließlich am Strand an, und es schien mir beim flüchtigen Hinsehen, daß die Rahe etwas

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