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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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vielmehr hegte er gegen Ardshiel und dessen Verwandte irgendeinen geheimen Groll. Ehe er so betrunken war, hatte er mir ein Spottgedicht vorgelesen, das in sehr gutem Latein allerlei Bosheiten enthielt, die auf jemand aus dem Geschlecht der Ardshiel gemünzt waren.
    Als ich ihm mein Erlebnis mit dem Katecheten erzählte, schüttelte er den Kopf und meinte, ich hätte Glück gehabt, so leichten Kaufes davongekommen zu sein.
    »Das ist ein ganz gefährlicher Bursche«, sagte er. »Duncan of Mackiegh heißt er. Der Kerl schießt nach dem Gehör auf eine Entfernung von mehreren Schritten; auch hat er schon mehrmals wegen Straßenraubes vor Gericht gestanden und einmal wegen eines versuchten Mordes.«
    »Das tollste ist«, meinte ich, »daß er sich Katechet nennt.«
    »Weshalb sollte er das nicht? Er ist doch wirklich einer. Maclean of Duart hat ihm das Amt verliehen, weil er blind ist. Vielleicht ist gerade das sein Unglück«, fuhr mein Gastgeber fort, »weil er seitdem immer unterwegs ist und von einem Ort zum anderen zieht, um das junge Volk in der Religion zu prüfen. Dieses Wanderleben ist gewiß eine große Versuchung für den armen Mann.«
    Als der Gastwirt schließlich nicht mehr weitertrinken konnte, zeigte er mir, wo ich schlafen sollte, und ich legte mich in bester Stimmung nieder. Hatte ich nicht den größten Teil dieser weitläufigen und zerklüfteten Insel Mull, von Earraid bis Torosay – in der Luftlinie fünfzig Meilen, also nahezu hundert Wegmeilen – in vier Tagen durchwandert, ohne ernsten Zwischenfall und ohne übermüdet zu sein? Ich war am Ende dieser langen Reise in einer besseren Verfassung und zuversichtlicher, als ich es an ihrem Anfang gewesen war.

XVI. Ich wandere mit Alans silbernem Knopf durch Morven
    Zwischen Torosay und Kinlochaline auf dem Festland verkehrt regelmäßig eine Fähre. Die Küsten von Mull und Morven gehören zu dem Gebiet, das dem mächtigen Clan der Maclean untersteht. Fast alle Menschen, die mit mir über den Sund fuhren, waren Angehörige dieses Clans. Hingegen hieß der Schiffer des Fährboots Neil Roy Macrob. Da der Name Macrob ihn als einen Gefolgsmann aus Alans Clan auswies und Alan mich selber hierherbeordert hatte, wartete ich ungeduldig auf eine Gelegenheit, Neil Roy unter vier Augen zu sprechen.
    Auf dem überfüllten Fährboot war das natürlich nicht möglich, und die Überfahrt ging sehr langsam vonstatten. Es war windstill, und da das Fahrzeug jämmerlich schlecht ausgerüstet war, konnten auf der einen Seite nur zwei Ruderer, auf der anderen sogar nur einer eingesetzt werden. Die Leute taten ihr Bestes, und die Passagiere tauschten mehrfach die Plätze mit ihnen, um sie zu entlasten, und gaben den Rhythmus dazu mit gälischen Seemannsliedern an. In der frischen Seeluft und bei der Gutmütigkeit, dem Frohsinn und dem Gesang aller Anwesenden war diese Überfahrt schön mitzuerleben. Dazu kam noch das prächtige Wetter.
    Aber etwas drückte doch auf die Stimmung. An der Mündung des Loch Aline sahen wir ein großes Schiff vor Anker liegen; ich hielt es erst für einen britischen Kreuzer, wie sie zu jeder Jahreszeit längs der Küste stationiert waren, um die Verbindung mit Frankreich zu verhindern. Aber als wir näher herankamen, stellte sich heraus, daß es ein Kauffahrteischiff war; was mich aber noch mehr in Erstaunen setzte, war die Tatsache, daß es nicht nur auf den Decks, sondern auch am Strand von Menschen wimmelte und daß ununterbrochen Boote zwischen dem Ufer und dem Schiff hin und her fuhren. Als wir dann noch näher herankamen, hörten wir, wie die Leute am Strande schrien und jammerten, daß einem das Herz weh tat.
    Da begriff ich, daß dies ein Auswandererschiff nach den amerikanischen Kolonien sein mußte.
    Wir legten längsseits des Kauffahrers an, und die Menschen, die in die Verbannung gingen, beugten sich über die Reling; weinend streckten sie meinen Mitfahrern, unter denen sie gute Freunde entdeckt hatten die Hände entgegen. Wie lange das so weitergegangen wäre, weiß ich nicht, denn diese Menschen hatten jedes Gefühl für Zeit und Umwelt verloren; schließlich trat der Schiffskapitän, der, was sich gut verstehen läßt, über dieses Durcheinander und diesen Jammer ganz aus der Fassung geriet, zwischen die Abschiednehmenden an die Reling und bat uns weiterzufahren.
    Daraufhin stieß Neil ab, und der Hauptsänger auf unserem Fährboot begann eine melancholische Weise, in die sowohl die Auswanderer wie ihre Freunde am Strand sofort

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