Entfuehrt von einem Prinzen
den Kopf. „Wir reden hier von der Verlobungsfeier meines Bruders. Die Stimmung war romantisch.“
„Umso besser.“
Die Mädchen seufzten hingerissen, warfen einander aber vielsagende Blicke zu – was Mia nicht entging. Energisch richtete sie sich auf. „Wenn ihr euch nur die ganze Zeit lustig macht, kann ich mir meine Erzählung ja sparen“, schimpfte sie gespielt streng und wartete schweigend, bis Ruhe eingekehrt war. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie lange sie die Ereignisse des besagten Abends verdrängt hatte. „Ich trug ein Abendkleid.“
„Weiße Spitze mit Seidenschleifen“, ließ ein Mädchen sich verträumt vernehmen.
„Du hast vergessen, dass ich mit meinem Stipendium auskommen musste. Meine Eltern lebten praktisch von der Hand in den Mund. Trotzdem ist es ihnen immer irgendwie gelungen, den Familiensitz zu erhalten. Aber für neue Kleidung reichte das Geld nie. Ich trug also ein abgelegtes Kleid meiner Tante, das schon etwas zerschlissen war, meine Mutter hat es geflickt. Es war hellblau, meine Mutter hatte aber nur rotes Nähgarn, versicherte mir aber, dass werde niemandem auffallen.“
„Außer Ram“, erkannte Xheni hellsichtig.
„Weil er den Blick nicht von dir abwenden konnte“, fügte ein anderes Mädchen träumerisch hinzu.
„Er wollte sich lediglich vergewissern, dass ich kein Kaugummi kaute. Wollt ihr die Geschichte weitererzählen?“
„Nein, nein. Entschuldigung“, riefen die Mädchen gespielt geknickt.
„Okay.“ Mia atmete tief durch. „Ram nahm mich bei seiner Ankunft zur Seite.“
„Jetzt wird es spannend“, rief Xheni.
„Ich habe ihm erklärt, dass ich die Eingangshalle nicht verlassen könnte.“
„Wieso denn nicht?“
„Weil ich die Gäste meiner Eltern begrüßen und ihnen den Weg erklären musste.“
Die Mädchen stöhnten enttäuscht. Energisch sorgte Xheni für Ruhe.
„Ram bestand darauf, er müsste mich unter vier Augen sehen. Also habe ich ihn in die Bibliothek geführt.“
„In die Bibliothek?“, rief Xheni enttäuscht, riss sich aber zusammen, als sie Mias wehmütigen Blick auffing.
„Ram hatte sich irgendwie verändert. Und das machte mir Angst, weil sich dadurch alles zwischen uns veränderte. Er wirkte kühl, nur seine Blicken waren heiß.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Er hatte mir ein Traumkleid aus Paris mitgebracht. So etwas kannte ich nur aus Modezeitschriften. Es war mein erstes richtiges Ballkleid. Ram hatte meine Größe perfekt geschätzt“, fügte sie unschuldig hinzu, was erneutes Gelächter hervorrief.
„Er scheint gut mit Zahlen umgehen zu können.“ Xheni griff nach der Tageszeitung und zeigte auf den Artikel, in dem die Höhe von Rams Vermögen in Milliarden angegeben wurde.
„Erzähl weiter, Mia!“
„Ram bat mich, das Kleid anzuziehen, damit er mich darin bewundern könnte.“
„Du hast dich natürlich nicht lange bitten lassen“, rief eins der Mädchen und zwinkerte ihr wissend zu.
„Im Gegenteil. Ich habe mich geweigert“, erklärte Mia leise.
„Wie bitte?“ Xheni verstand die Welt nicht mehr.
„Ich wollte meine Mutter nicht verletzen. Sie hätte denken können, das Kleid, das sie so sorgfältig geflickt hatte, wäre mir nicht gut genug gewesen.“
Die Mädchen sahen einander verständnisvoll an. Da auch sie nicht aus reichem Hause kamen, konnten sie Mias Bedenken nachvollziehen.
„Hast du das Kleid noch?“, fragte Xheni schließlich.
„Es muss noch in meinem Elternhaus sein. Ich wollte auch Rams Gefühle nicht verletzen, habe mich bei ihm für das wunderschöne Geschenk bedankt und es nach oben in mein Zimmer gebracht.“
„Du hast es noch nie getragen?“, wollte Xheni ungläubig wissen.
„Nein.“ Wehmütig erinnerte Mia sich, wie sie fast andächtig die schwarze Seidenschleife von der rosa Kleiderschachtel gelöst und das wunderschöne Kleid behutsam aus dem elfenbeinfarbenen Seidenpapier gezogen hatte. Ihr war klar gewesen, dass sie es niemals tragen würde. Vor dem Spiegel hatte sie es sich angehalten und geträumt, mit Ram zu tanzen.
Und ihn zu …
Konnte sie denn ahnen, dass Ram ihr gefolgt war, um zu sehen, wo sie so lange blieb? „Du hast dich ja noch gar nicht umgezogen“, sagte er, als sie auf das Klopfen an der Tür reagierte.
„Ich habe keine Zeit dazu“, behauptete sie und versuchte vergeblich, ihn wieder aus dem Zimmer zu schieben.
Rams Blick verriet, dass er ihr nicht glaubte. Mia gab den Versuch auf, die Tür zu schließen und versuchte stattdessen, sich an
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