Entfuehrt von einem Prinzen
stutzig. Tom und er waren in Verbindung geblieben, aber Tom hatte seine Schwester nie erwähnt, und Ram fragte nicht nach ihr, weil er sich nicht aufdrängen oder indiskret sein wollte. Trotzdem hatte er oft an Mia gedacht. Und plötzlich meldete sie sich bei ihm und bot ihm an, für seinen erkrankten Beifahrer einzuspringen.
Sollte er Mias Angebot annehmen?
Und die Büchse der Pandora öffnen?
Mia war die kleine Schwester seines besten Freundes und somit tabu. Allerdings ließ sich nicht abstreiten, dass es heftig zwischen ihnen geknistert hatte. Damals gab es ständige Neckereien und Frotzeleien zwischen ihnen, aber jetzt …
Jetzt war Mia erwachsen. Und selbst während des kurzen Telefongesprächs hatte er wieder das vertraute Knistern gespürt. Aus Erfahrung wusste er, dass aus einem kleinen Funken ein flammendes Inferno werden konnte.
Seit wann scheute er davor zurück, mit dem Feuer zu spielen?
Dieses Mal könnte er sich die Finger verbrennen.
Schon damals hatte er davon geträumt, die kleine Wildkatze zu zähmen. Mias natürlicher Charme reizte ihn – und ihr Esprit und ihre Fröhlichkeit waren eine willkommene Ablenkung gewesen. Mia und er im Bett – das versprach ein Feuerwerk der Lust zu werden.
Genau deshalb musste er auch jetzt die Finger von ihr lassen.
Aber es war ja wohl erlaubt, einen Drink mit ihr zu nehmen. Außerdem hatte Mia es bei Rallyes einfach drauf, und er konnte gut eine Beifahrerin gebrauchen, die mit scharfem Blick morgen die Karte für ihn las. Eigentlich wäre Mia die ideale Besetzung.
In Monte Carlo gab es von allem mehr als anderswo. Mehr Reichtum, mehr Glamour, mehr Sicherheit. Es war definitiv der faszinierendste Ort der Welt, dachte Mia, als sie ihren Posten am Empfang des glamourösen Frisiersalons bezog.
Und genau hier würde sie Ram wiedersehen. Ram, den Maharadscha, den Mann, über den alle Welt spekulierte. Und wie würde ihr alter Kumpel auf die neue Mia reagieren? Die Zeiten der langen Zöpfe waren definitiv vorbei.
Kritisch betrachtete sie ihr Spiegelbild und erinnerte sich an den Tag, als Monsieur Michel ihr spontan einen Job in seinem Salon angeboten hatte. Der schlaue Fuchs hatte natürlich sofort richtig vermutet, dass sie über keinerlei Erfahrung im Friseurgewerbe verfügte, aber ihr aristokratisch klingender Name erwies sich als sehr nützlich. Seit seiner bewegten Jugend hatte Monsieur Michel eine Schwäche für exzentrische Vertreter des verarmten Landadels, die sich irgendwie über die Runden brachten. Kurzentschlossen stellte er Mia daher als Empfangsdame ein, denn an die ausgefransten Haarspitzen seiner Herzoginnen konnte er sie natürlich nicht heranlassen.
Monsieur war durch nichts mehr aus der Ruhe zu bringen. Statt sich von Mias Narben erschrecken zu lassen oder entsetzt zu fragen, wie sie dazu gekommen war, bestand der exzentrische Haarkünstler darauf, dass Mia ihre Krankenkassenaugenklappe gegen eine von ihm entworfene, mit Edelsteinen besetzte Augenklappe tauschte. Außerdem sollte Mia mit sofortiger Wirkung auf den Namen Arabella hören, benannt nach der berüchtigten Seeräuberin Arabella Drummond, dem Schrecken der Sieben Weltmeere.
Mia gefiel es, sich zu kostümieren. Schon als Kind hatte sie sich gern verkleidet und war in ihre eigene Fantasiewelt geflüchtet. So ein fabelhaftes Outfit hatte ihr damals allerdings nicht zur Verfügung gestanden.
Monsieur hatte ihr dunkles Haar so geschnitten, dass die Narben verdeckt waren. Von einem Ohr baumelte ein großer Goldring, zu kurzen Leder-Hotpants trug Mia weit über die Knie reichende Lederstiefel. An einem mit Nieten besetzten, um die Hüften geschlungenen Ledergürtel waren Notizblock und Kugelschreiber befestigt – nicht dass es je etwas zu notieren gab –, aber Monsieur meinte, man müsste auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.
Mia und ihre Kolleginnen lagen ihrem exzentrischen Chef regelrecht zu Füßen, zumal es sein Herzenswunsch war, dass sich alle Menschen unter seinem Dach wohlfühlten. Es tat ihr gut, freundschaftlich und völlig ohne Vorurteile behandelt zu werden. Nach dem Unfall, der sie das linke Augenlicht gekostet und viele Narben – auch auf ihrer Seele – hinterlassen hatte, musste sie sich zunächst durch eine sechsmonatige Reha quälen. Es hatte viel Zeit beansprucht, sich wieder im Leben zurechtzufinden. Und wie so oft in ihrem Leben war sie auch hierbei von einem Extrem ins andere gefallen. Zuerst hatte sie im eisigen winterlichen Norden Europas als Ranger
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