Entfuehrt
hatte. Es hatte dazu geführt, dass sie sich nicht ihrer Wut und ihrer Verletzlichkeit hingab. Oder der Angst.
Nur Jake hatte sie gezwungen, sich diesen Gefühlen zu stellen. Aber sie war immer noch so schrecklich wütend auf ihn.
»Jake sagt, er kann mich beschützen.« Obwohl sie nicht sicher war, ob sie seine Gegenwart jetzt noch ertrug oder ob er ihre ertrug. Ihre eigenen Worte hallten ihr noch in den Ohren …
Beim letzten Mal war es gegen meinen Willen. Ebenso wie du mich gegen meinen Willen beschützt.
Sie hatte die Worte mit Absicht so hasserfüllt hervorgestoßen. Sie wollte Jake bis ins Mark treffen. Und wenn sie bedachte, wie er sie angeblickt hatte, war ihr das auch gelungen. Sie hasste sich dafür.
Gott, sie war so durcheinander. »Als du letztens beim Abendessen darüber gesprochen hast, wie es ist, wenn jemand einem wehtut, hast du nicht von Dad gesprochen, nicht wahr?«
Eine lange Pause trat an Jeannies Ende der Leitung ein, die schwer wog. Sie schwieg so lange, dass Izzy fortfuhr: »Ich weiß es, Mom. Ich habe schon seit Langem von Dad, Onkel Cal und dir gewusst.«
»Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Du kannst es versuchen, aber wenn dein Herz die Verantwortung trägt … Ich glaube, du weißt, was ich meine.«
»Du hast Dad nie geliebt. Der Mann, den ich für meinen Vater hielt.«
»Ich habe ihn geliebt, aber nicht so, wie ich ihn hätte lieben sollen«, gab ihre Mutter zu.
Isabelle stellte sich vor, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie sich dem Wunsch ihrer Mutter gefügt und Daniel geheiratet hätte. Sie wäre in der Praxis geblieben und hätte sich nicht aufgelehnt. Zum ersten Mal seit Afrika spürte sie sich wieder sehr deutlich.
»Ich muss jetzt aufhören, Mom«, sagte sie. Jake stand in der Tür. Seine breiten Schultern füllten die Tür fast vollständig aus. Cal hatte ihn anscheinend doch ins Haus gelassen.
»Bitte, Isabelle. Ich will, dass du über einen richtigen Schutz nachdenkst. Über Schutzhaft. Wenigstens, bis dieser Mann gefasst ist.«
»Das ist etwas, das ich allein regeln muss«, sagte sie. »Wir bleiben in Verbindung.«
Sie trennte die Verbindung und hielt den Hörer in der Hand.
»Ich werde zur Arbeit gehen«, erklärte sie Jake. Er nickte nur und widersprach ihr nicht. »Ich bin noch nicht sicher, ob ich dir vergeben kann, dass du mir nicht davon erzählt hast.«
Er nickte wieder.
»Darum werde ich jetzt die Spielregeln ändern«, fuhr sie fort.
»Okay«, sagte er leise.
»Ich kann das nicht. Was da gerade zwischen uns beiden passiert, kann ich einfach nicht. Ich bin noch nicht so weit. Ich werde vielleicht nie so weit sein.«
»Du musst mir einfach vertrauen, wenn du willst, dass ich dich beschütze, Isabelle. Wenn du mir nicht vertraust, kann ich meinen Job nicht machen.«
Sie hätte am liebsten geweint, wenn sie sich vorstellte, für Jake nur noch ein Job zu sein. Aber sie war schließlich diejenige, die sich in diese Situation gebracht hatte. Sie hatte jetzt alle Fäden in der Hand, und sie wollte die Kontrolle nicht noch einmal abgeben, nur damit ihr schon wieder wehgetan wurde. »Ich weiß, dass du und deine Brüder mich beschützen werdet. Aber ich werde mich nicht wie eine Gefangene irgendwo verstecken lassen. Rafe will mich finden. Und sosehr mich die Vorstellung auch in Panik versetzt, sollte er mich lieber früher als später finden. Du kannst ihn schnappen, und dann ist es endlich vorbei.«
»Ja, der Teil wird endlich vorbei sein«, stimmte er zu.
»Du hast gesagt, du würdest nicht noch einmal damit anfangen. Damit, mich über meine Grenzen zu treiben. Ich bin noch nicht bereit. Jetzt nicht.«
»Ich habe dir versprochen, ab sofort ehrlich zu dir zu sein.« Er blieb in der Tür stehen und schob die Hände in die Hosentaschen. »Deine Mutter möchte dich in Schutzhaft nehmen lassen.«
»Das hat sie mir gesagt, ja. Ich habe mich dagegen entschieden.«
Jake nickte. »Hat sie dir auch erzählt, dass Rafe auch sie bedroht hat?«
»Nein, das hat sie nicht.« Isabelle schüttelte den Kopf. »Warum tut er das? Er versucht, jedem wehzutun, den ich liebe.«
»Deine Mutter wird beschützt«, beruhigte er sie. »Aber trotzdem wird es nicht einfach sein, und die größten Sorgen mache ich mir um dich. Rafe ist gut – er reist allein, und er will sich rächen. Du solltest jetzt immer aufmerksam sein, solltest lernen zu schießen …«
»Ich weiß, wie man schießt. Rafe hat mir beigebracht, eine Waffe zu entsichern und
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