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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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zugefügt worden war, war noch immer frisch in ihm. Wenigstens heute, so als wäre es gerade erst passiert.
    Morgen ist das alles wieder vorbei.
    Sie schloss für einen Augenblick die Augen und drückte ihre Lippen auf die Stelle. Dieses Mal zuckte Jake unter ihrer Berührung zusammen. Es war eine fast unbewusste Bewegung. Aber sie schaffte es, ihm eine Reaktion abzutrotzen.
    Sein nackter Körper war noch feucht von der Dusche. Er hatte sich bisher kaum bewegt. Wie musste es sein, wenn man so viel Selbstbeherrschung besaß? So viel … Langmut?
    Nein, was das betraf, hatte sie unrecht. Jake Hansen war weit davon entfernt, ein langmütiger Mann zu sein. Außer wenn es um sie ging. Das rührte sie zutiefst.
    »Wie erklärst du anderen Leuten deine Narben?« Sie blieb vor ihm knien. Ihre Finger fuhren um die zerfaserte Form des Brandmals.
    »Du meinst, wie ich es anderen Frauen erkläre?«, fragte Jake barsch. »Sie glauben, ich hätte sie mir im Kampf zugezogen, und ich erzähle ihnen nichts anderes. Einige glauben, ich sei mal in einer Gang gewesen. Und anderen ist es scheißegal, solange ich sie glücklich mache.«
    »Und darin bist du gut, stimmt’s? Frauen glücklich zu machen?«
    »Ich war gut darin, ja.«
    »Solange die Beziehungen irgendwann zu Ende gingen.« Er nickte, und sie biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie Jake mit anderen Frauen zusammen gewesen war. Dafür musste sie sich entschuldigen. »Mein Gott, es tut mir leid. Ich wollte nicht … Vorhin, als ich dir von Rafe erzählt habe. Ich hätte nicht … Ich hätte dich nie mit ihm vergleichen dürfen. Aber ich war so … aufgebracht.«
    »Du hattest ein Recht, aufgebracht zu sein.«
    »Ich habe keine Ahnung, wozu ich noch ein Recht habe«, gestand sie. Ihre Hand ruhte noch auf seiner Hüfte. »Hast du mal einen Arzt deswegen konsultiert? Es gibt einige neue Techniken …«
    »Du willst mich wieder in Ordnung bringen, Doc ? Du glaubst, wenn du mich von diesen Narben befreist, wird das alles besser machen und meine Vergangenheit ausradieren?«
    »Ich weiß, dass ich das nicht kann«, sagte sie. »Du warst derjenige, der mir gezeigt hat, dass es das Schlimmste war, was ich mir antun konnte, als ich mich selbst belogen habe.«
    »Ich habe meine Kindheit damit verbracht, jemandem zu erlauben, mich zu verprügeln. Habe die Zeit als Teenager damit verbracht, mir einzureden, dass mein Leben toll war, bis meine Mutter starb. Ich war ein Meister darin, mich selbst anzulügen. Und ich weiß besser als jeder andere, wie diese Vorspiegelung falscher Tatsachen irgendwann auf einen zurückfällt. Aber ich habe nicht behauptet, dass ich wüsste, wie es aufhört.«
    Sie stand auf und sah ihm ins Gesicht. »Du weißt, es wird nie vollständig verschwinden. Aber du kannst es besser machen. Du fängst damit an, dass du den Leuten davon erzählst. Dass du mir alles erzählst, woran du dich erinnerst. So, wie ich dir alles erzählt habe.«
    »Treib es nicht zu weit«, warnte er sie. Er meinte es so, aber sie trieb ihn trotzdem weiter. Trieb ihn über den Punkt hinaus, an dem er zerriss. Wie er es auch mit ihr getan hatte.
    »Oder was, Jake? Was willst du dann tun?«
    Seine Stimme war ein leises Grollen. »Dich von mir wegschieben.«
    »Das wagst du nicht.«
    »Versuch’s doch.«
    Sie zögerte einen Moment, bevor sie mit beiden Handflächen so stark gegen seine Schultern stieß, wie sie konnte. Er bewegte sich keinen Zentimeter, aber er fletschte die Zähne. Also machte sie es noch einmal. Und noch einmal. Bis ihr Tränen über die Wangen rannen und sie die Zähne so heftig zusammenbiss, dass ihr Kopf schmerzte. Bis er ihre Handgelenke umfasste.
    »Hör auf damit, Isabelle.«
    »Nein, ich werde nicht aufhören. Ich will nicht aufhören. Ich kann dir helfen. Ich kann dich wieder in Ordnung bringen. Es wird nicht perfekt …«
    »Und das will ich auch gar nicht«, sagte er heftig. »Verstehst du das denn nicht? Für mich ist das nicht wichtig. Es ist immer nur für alle anderen wichtig. Wenn man die Narben beiseitelässt, würde sich nichts ändern.«
    »Alles wird sich ändern«, erwiderte sie ruhig. »Du musst dir von mir helfen lassen. Du musst das abschütteln, denn du musst es nicht für den Rest deines Lebens mit dir herumschleppen.«
    Er packte ihre Schultern. »Du wirst mir nicht sagen, was ich mit mir herumschleppen darf. Verstehst du? Du hast kein Recht …«
    »Ich habe jedes Recht!« Sie stieß ihn gegen die Brust. Er gab nicht nach.

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