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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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auseinandersetzen müssen. Es fiel ihm jedoch viel schwerer, sich seinem eigenen Gewissen zu stellen.
    Ihm blieb keine Zeit zu reagieren, als der kalte, harte Stahlgriff einer Pistole wie aus dem Nichts auf ihn niedersauste und ihn an der Schläfe traf.

 
    21
    Die Geräusche, die aus dem ersten Obergeschoss, also aus Jakes Räumlichkeiten, nach unten drangen, waren im ganzen Haus zu hören.
    »Was tut er da oben?«, fragte Isabelle Nick. Er ignorierte sie und starrte zur Tür. Nur wenige Augenblicke später hörte der Lärm auf, und Chris betrat das Wohnzimmer. Erst jetzt erhielt sie Antworten.
    Chris’ rechte Wange war gerötet und sah aus, als würde sie bald anschwellen. Er winkte ab. »Es ist nichts. Es geht ihm gut.«
    »Es geht ihm nicht gut. Niemandem von uns geht es gut.«
    »Es geht ihm so gut, wie’s ihm halt gehen muss«, sagte Nick gepresst. »Lass es. Wir konzentrieren uns lieber auf das, was wir tun müssen.«
    »Ich möchte zu ihm«, sagte sie.
    »Das ist jetzt kein guter Zeitpunkt«, wollte Nick einwenden, aber Chris schnitt ihm das Wort ab.
    »Vielleicht ist jetzt genau der richtige Moment. Geh schon, Isabelle. Wir werden eine Zeitlang auf euch aufpassen. Euch passiert nichts. Aber du solltest langsam eine Entscheidung treffen, wie es mit deiner Sicherheit weitergehen soll, bevor wir zu einem Einsatz gerufen werden und dir nicht mehr helfen können.«
    Sie nickte und ließ Nick und Chris in der Küche zurück. Kurz zögerte sie, ehe sie die Treppe hinaufstieg. Vor der Tür verharrte sie erneut. Ihre Hand ruhte auf dem Türknauf.
    Sie musste endlich dieses Durcheinander ein für alle Mal beenden. Nick und Chris würden für ihre Sicherheit sorgen, während sie sich des Problems annahm. Dieser Teil – ihre Sicherheit – lag jetzt nicht länger in ihrer Hand.
    Die Sache mit Jake in Ordnung zu bringen, allerdings schon.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie schob sie auf, ohne anzuklopfen. Er stand am anderen Ende des Raums. Sie blickten sich an.
    Er kam gerade aus der Dusche und trug nur ein Handtuch um die Taille. Er hatte versucht, die Stelle um seine genähte Wunde trocken zu halten. Die Verwundung sah schlimm aus, aber sie sah, dass der Heilungsprozess voranschritt.
    Alles heilte.
    Er sagte kein Wort, sondern starrte sie nur an. Das hätte sie alarmieren sollen, aber sie überwand stattdessen die Distanz zwischen ihnen und fuhr mit einem Finger über seinen nassen Oberarm. Sie beobachtete, wie das Wasser ihrem Finger folgend über seine Haut rann.
    »Das ist jetzt kein guter Zeitpunkt.« Etwas am Klang seiner Stimme hätte sie unter normalen Umständen geängstigt. Hätte sie vertrieben.
    Aber sie blieb.
    »Es geht dir nicht gut.«
    Er lachte leise auf. »Nein, tut es nicht. Heute nicht. Morgen wird alles wieder normal sein.«
    »Ich habe versucht, mir das einzureden, aber es klappt nicht«, sagte sie. »Ich glaube, für dich funktioniert es dieses Mal auch nicht besonders gut.«
    »Was zum Teufel willst du von mir?«
    Vor ihr stand ein anderer Jake. Nicht der ruhige, coole Mann, der ihr half, ihren zahlreichen Ängsten zu begegnen. Nein, jetzt stand ein Mann vor ihr, der im Augenblick sein Bestes gab, jede Beziehung zwischen ihnen zu unterbrechen.
    Sie zögerte, weil sie nicht sicher war, ob sie das aussprechen konnte, was sie wirklich wollte. Aber sie drängte die Tränen und die Wut zurück und fragte ihn das, was sie ihn seit jener ersten Nacht hatte fragen wollen, als sie ihm begegnete. »Ich will alles wissen. Die ganze Geschichte. Warum du getan hast, was du getan hast. Warum du mich verstehst. Warum du dich um mich kümmerst.« Sie zögerte. »Ich will wissen, warum du diese Albträume hast.«
    »Heute ist der Jahrestag der damaligen Ereignisse. Heute vor vielen Jahren habe ich meinen Stiefvater umgebracht«, sagte er. »Morgen ist es vorbei, und ich werde ein weiteres Jahr lang keinen Gedanken daran verschwenden. Stimmt schon, mein Monster atmet vielleicht nicht mehr. Aber es ist definitiv nicht tot, Isabelle.«
    Sein Körper war hart und geschmeidig. Unnachgiebig. Sogar die Narben schienen an den richtigen Stellen zu sitzen. Sie gaben ihm das Aussehen eines Kriegers, doch diese Narben stammten von einem anderen Kampf. Dennoch war es ein Kampf. Viele Kämpfe, die er überlebt hatte. Die ihn stärker gemacht hatten.
    Ja, sie konnte diesem Gedankengang folgen.
    Sie atmete kaum, während sie mit zwei Fingern die Narben auf seinem Rücken nachzeichnete. So hatte sie es auch schon getan,

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