Entfuehrung in den Highlands
Wunder war, wenn man bedachte, dass er die Dienste seines Kammerdieners nicht in Anspruch genommen hatte.
Es war Zeit zu gehen. Er hatte keinen Grund, noch länger zu bleiben, und doch ... plötzlich stand er wieder vor dem Bett und sah auf Fiona hinunter. Ihr Blick begegnete seinem, ihr Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung aus Enttäuschung, Wut und Sehnsucht.
Sie wollte, dass er blieb. Das wusste er, ohne dass sie ein Wort sagen musste. Und bei näherem Nachdenken konnte er ihr ihren Wunsch nicht vorwerfen; sie war allein in einem Haus, das sie nicht kannte, und sie war immer noch tieftraurig über den Tod ihres Bruders.
Jack baute seinen innerlichen Schutzwall noch ein Stück höher. All das spielte keine Rolle. Wenn er blieb, würde sie anfangen, solche Dinge von ihm zu erwarten, er hingegen wollte nicht, dass sie ihn für jemanden hielt, der er nicht war. Für einen Mann, der vor lauter Fürsorge sein eigenes Leben und seine Vergnügungen vergaß.
„Wann kommst du zurück?“, erkundigte sie sich und legte fragend den Kopf schief.
Er blieb vor dem Kamin stehen, um die Asche zurück in die Flammen zu schieben. „Morgen“, erklärte er, stellte den Schürhaken zurück in den Ständer neben dem Feuer und ging zur Tür. „Schlaf gut.“
„Jack?“
Die Hand auf dem Türknauf, hielt er inne. „Ja?“
„Du hast tatsächlich kein Herz.“
Sein Kiefer verkrampfte sich, aber er sparte sich jeden Widerspruch, denn sie hatte recht. Und es war gut, wie es war.
„Du hast es immer gehasst, wenn du Black Jack genannt wurdest“, fuhr sie in bitterem Ton fort. „Aber du gibst dir alle Mühe zu beweisen, dass du diesen Namen verdient hast.“
„Ich bin der, der ich nun einmal bin, nämlich immer noch genau der Mann, der ich war, bevor du mich geheiratet hast. Und auch nach unserer Ehe werde ich noch genau derselbe Mann sein.“
Wieder war das Blitzen in ihren Augen. „Auch ich habe Erwartungen und Bedürfnisse. Ich will nicht die ganze Zeit allein in diesem Haus sitzen. Ich möchte London sehen, während ich hier bin.“
„Natürlich, meine Süße. Ich bin sicher, der Kutscher kennt den Weg zu Anstley’s Amphitheater.“
Geflissentlich übersah er den wütenden Zug um ihren Mund und verbeugte sich. „In der Zwischenzeit wünsche ich dir eine gute Nacht.“ Er schlüpfte aus dem Zimmer, zog die Tür hinter sich zu und ging mit raschen Schritten hinunter in die Halle.
„Mylord.“ Devonsgate stand am Fuß der Treppe.
Jack bemerkte den Mantel, der ordentlich über dem Arm des Butlers hing. „Sie wussten, dass ich ausgehen werde?“
„Das tun Sie immer, Mylord.“
„Genau. Ich gehe immer aus, nicht wahr?“
„Ja, Mylord. Nachdem Sie ... äh ...“ Der Blick des Butlers ging in Richtung des oberen Stockwerks und kehrte dann zu Jack zurück, während eine leichte Röte seine Wangen färbte. „Nach Ihrem Nachmittagsschlaf gehen Sie jedes Mal in einen Ihrer Clubs und lassen Ihre Gesellschaft schlafen.“
„Ich wusste nicht, dass ich so berechenbar bin“, wunderte sich Jack.
„Wir haben alle unsere Gewohnheiten, Mylord.“ Der Butler half seinem Herrn in den Mantel.
„Und meine Gewohnheit ist es, Spielhöllen zu besuchen und Geschenke für unpassende Frauen zu kaufen. Was für eine wunderbare Zusammenstellung von Gewohnheiten, um es mal so zu sagen.“
Aus der Ferne war Donner zu hören, und gleichzeitig erhob sich ein pfeifender Wind. Die Böe war so stark, dass sie an der schweren Eingangstür rüttelte.
Jack warf einen scharfen Blick in Richtung Treppe, bevor er seinen Mantel bis oben zuknöpfte. „Ich brauche einen Hut, Devonsgate. Es scheint mir, als würde sich ein Unwetter zusammenbrauen.“
„Das ist unmöglich, Mylord. Ich war vor Kurzem draußen, und der Himmel war klar ... “
Ein heller Blitz beleuchtete die Halle, dann folgte ein heftiger Donnerschlag.
„Himmel! Das klingt bedrohlich“, stellte der Butler erstaunt fest.
Es war bedrohlich. Devonsgate ahnte nicht, wie sehr. Als Jack tief durchatmete, hatte er sofort den vertrauten Lilienduft in der Nase. Verfluchte Fiona! Fest setzte er sich den Hut auf den Kopf. Er würde ausgehen und sich amüsieren, egal was passierte. Ein bisschen Regen würde ihn nicht aufhalten.
„Was für ein Pech, dass es ausgerechnet jetzt regnet.“ Missbilligend sah Devonsgate in Richtung der Fenster.
„Das ist genau das, was in letzter Zeit mein Leben bestimmt. Ich habe Pech. Ständig Pech.“ Jack konnte nicht umhin, sich selbst ein wenig
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