Entfuehrung in den Highlands
nicht vorstellen, dass er sich so etwas gefallen lassen würde. Dazu ist er viel zu stolz.“
„Unter normalen Umständen hätte er sich geweigert“, stimmte Campbell zu, „aber sie hat ihn davon überzeugt, dass diese Ehe nötig ist, um einen Krieg zwischen ihren beiden Familien zu verhindern. Einer ihrer Brüder wurde getötet, und seine Brüder wurden in die Sache hineingezogen. Es heißt, sie hätten den MacLean umgebracht, obwohl sie die Tat bestreiten.“ Er machte eine vage Handbewegung. „Sie kennen das schottische Temperament. Wäre der Krieg ausgebrochen, hätte es noch mehr Tote gegeben.“
Das ergab in der Tat einen Sinn. Jack war nicht die Sorte Mann, die zu heroischen Anwandlungen neigte, aber da er nun verheiratet war, fand er vielleicht keinen Ausweg aus dieser Ehe, ohne die Fehde zusätzlich anzuheizen.
Was für eine köstliche Information! Wie sehr musste er das Ganze hassen. Kein Wunder, dass er so eilig und unvermittelt versucht hatte, die Beziehung zu ihr zu beenden; wahrscheinlich konnte er es nicht ertragen, mit ihr darüber zu reden, was passiert war.
Misstrauisch musterte sie Campbell. „Warum erzählen Sie mir das alles?“
„Weil ich bemerkt habe, wie Sie ihn ansehen. Ich wollte, dass Sie die Hoffnung nicht aufgeben.“ Lächelnd wandte er sich der Tür zum Ballsaal zu. „Ich glaube, es besteht immer noch Hoffnung für uns beide.“
„Was wollen Sie, Campbell?“ Sie starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
„Ich will alles. Jacks Geld. Seine Stellung in der Gesellschaft.“ Campbell verzog den Mund. „Und um ihn daran zu erinnern, dass er meine Familie nicht folgenlos in Verlegenheit bringen kann, will ich auch seine Frau.“
„Sie wollen das plumpe Ding?“ Lucinda schnaubte verächtlich durch die Nase.
Er funkelte sie an. „Sie hat mehr zu bieten, als Sie denken.“
„Den seltsamen Fluch?“ Lucinda grinste. Sie verstand nicht, wie jemand von so einem Hausmütterchen angezogen werden konnte, selbst wenn es Regen machen konnte. Aber Campbells Einstellung zu Fiona spielte keine Rolle, weil sie selber nicht das geringste Interesse an ihm hatte. Sollte er sich doch an Fiona MacLean heranmachen, dann wurde Jack sie vielleicht rascher los.
Während sie ihr Spiegelbild bewunderte, stellte sie sich vor, wie sie diese Information zu ihrem Vorteil einsetzen würde. Ganz behutsam würde sie Jack wissen lassen, dass sie um die Umstände seiner Ehe wusste. Sie würde ihm ihr Mitgefühl zeigen, ihre Freundschaft. Dann würde Jack begreifen, dass sie ihm eine weitaus bessere Partnerin sein konnte als seine reizlose Gattin.
Sie lächelte Campbell beruhigend an. „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde nicht aufhören, Jack an meine Existenz zu erinnern. Ist es das, was Sie erreichen wollten?“
„Natürlich.“ Er erwiderte ihr siegessicheres Lächeln.
„Derweil werde ich sicherstellen, dass die liebliche Fiona von der bisherigen Verbindung Ihres Ehemannes mit Ihnen erfährt.“
„Mir gefällt Ihre Art zu denken, Campbell“, lobte sie den Mann, der ihr eigentlich völlig gleichgültig war.
„Wenn die Dinge sich so entwickeln, wie ich es mir vorstelle, werden wir beide belohnt werden.“ Campbell verbeugte sich und deutete auf die Tür. „Nach Ihnen, meine Liebe. Lord Selwyn wartet auf seinen Tanz. Doch danach gehören Sie mir. “
11. KAPITEL
Man sagt, Männer und Frauen sprechen verschiedene Sprachen, doch das ist nicht wahr. Sie sprechen dieselbe Sprache, doch sie hören verschiedene Dinge.
So sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei jungen Enkelinnen.
Als Fiona Stunden später erwachte, blinzelte sie verschlafen ins Halbdunkel. Stille umgab sie, und schon bevor sie die Hand ausstreckte, wusste sie, dass auf dem Kissen neben ihr niemand lag. Jack war fort.
In ihr stieg bittere Enttäuschung auf. Was tat ihr Ehemann in diesem Moment? Spielte er Karten? War er vielleicht mit einem Freund nach Hause gegangen? Oder womöglich mit einer Freundin?
Fiona presste die Lippen zusammen und warf die Bettdecke zur Seite. Sie konnte nicht einfach herumliegen und grübeln; sie würde die Antwort auf ihre Fragen finden. Schließlich hatte sie zwei Füße und zwei gesunde Beine. Wo auch immer Jack hinkam, kam sie auch hin. Sie hatte ihn gewarnt, und nun würde sie ihm zeigen, wie ernst sie es gemeint hatte.
Sie ging zum Schrank und wählte eines ihrer neuen Kleider aus, ein wunderschönes grünes Seidenkleid mit einem Ausschnitt,
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