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Entfuehrung nach Gretna Green

Titel: Entfuehrung nach Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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gegenüberliegende Tür und Miss Platt, immer noch in dem Kleid, welches sie zum Abendessen getragen hatte, betrat den Flur. Als sie so unvermittelt Venetia vor sich sah, zuckte die Gesellschafterin leicht zusammen, dann runzelte sie die Stirn. „Oh, Miss West! “, stieß Miss Platt in einer Art Bühnengeflüster hervor. „Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen erhitzt aus.“
    „Ich bin nur müde, sonst nichts“, flüsterte Venetia. Begütigend tätschelte Miss Platt ihre Schulter. „Das kann ich mir vorstellen. Es war ein anstrengender Tag für Sie.“ Diese freundlichen Worte in Verbindung mit der beruhigenden Berührung ließen beinahe Venetias mühsam bewahrte Fassung in sich zusammenbrechen. Nur mit Mühe brachte sie ein Lächeln zustande, bevor sie antwortete: „Ich würde gerne morgen mit Ihnen sprechen, Miss Platt. “ Sie warf einen Blick auf die geschlossene Tür hinter Miss Platts Rücken. „Unter vier Augen.“ „Gerne. Vielleicht gleich morgens. Ich bin ein Frühaufsteher.“ Sie kicherte nervös und fügte flüsternd hinzu: „Mrs. Bloom sagt mir immer, ich solle mich morgens ruhig verhalten, damit ich sie nicht wecke.“
    „Das trifft sich gut. Ich freue mich auf ...“
    „Miss Platt! rief Mrs. Bloom mit dröhnender Stimme durch den stillen Gasthof.
    Die Gesellschafterin zuckte zusammen. „Du liebe Güte! Ich wollte Wasser holen. Entschuldigen Sie mich, Miss West.“ Mit fliegenden Röcken eilte sie die Treppe hinunter.
    Kopfschüttelnd schlüpfte Venetia in ihr Zimmer und kleidete sich aus. Obwohl sie vorgehabt hatte, über Gregors überraschenden und höchst beunruhigenden Kuss nachzudenken, konnte sie kaum noch ihre Augen offen halten. Bereits wenige Sekunden, nachdem sie zwischen die Laken geglitten war, fiel sie in einen tiefen, tiefen Schlaf, in dem sie von Rittern in schimmernden Rüstungen mit dunkelgrünen Augen und einem gefährlichen Lächeln träumte.

6. Kapitel
    Wir alle tun manchmal Dinge, die wir bereuen und über die wir traurig sind. Aber wir wären nicht menschlich, würden wir nicht ab und zu einen kleinen Fehler machen ...
    ...so sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei jungen Enkelinnen.
    Nur langsam erwachte Venetia aus ihrem tiefen Schlaf, zog sich mit geschlossenen Augen die Decke bis ans Kinn und rekelte sich wohlig in der behaglichen Wärme des Bettes. Doch urplötzlich war glasklar die Erinnerung an Gregors Kuss da und verscheuchte die letzten Überreste von Schlaf aus ihrem Körper.
    Ihre Lippen kribbelten, als würden sie sich nach einem weiteren Kuss sehnen. Ungeduldig wischte sie sich mit den Handrücken über den Mund. Nun war es also wirklich passiert. Gregor hatte sie wahr und wahrhaftig geküsst. Was bedeutete ... Ja, was bedeutete das nun eigentlich?
    Nichts, erklärte sie sich selbst. Und wiederholte mit lauter, klarer Stimme: „Es hat nichts zu bedeuten. Gregor küsst dauernd irgendwelche Frauen. Er hat es nur getan, weil er nach dem langen anstrengenden Tag so angespannt und unkonzentriert war. “
    Wenn sie sich heute wieder gegenüberstanden, würden sie beide so tun, als wäre nichts geschehen. Obwohl das am Anfang wahrscheinlich schwierig war, war sie sich doch sicher, dass sie rasch wieder zu ihrem normalen Umgangston zurückfanden.
    Sie stieg aus dem Bett und schauderte vor Kälte, als ihre bloßen Füße den Holzboden berührten. Wo um alles in der Welt war ihr Morgenmantel? Suchend sah sie sich im Zimmer um und erspähte schließlich eine Ecke des gesuchten Kleidungsstücks unter dem Bett. Sie zog es hervor, schlüpfte hinein und wünschte sich sofort, der Morgenmantel würde nicht aus Seide, sondern aus einem etwas handfesteren und wärmenderen Material bestehen. Dann ging sie zum Fenster und zog den Vorhang ein kleines Stück auseinander.
    Der Hof unter ihrem Fenster lag im blendend hellen Sonnenlicht, welches den Schnee zum Funkeln und Glitzern brachte. Zum ersten Mal seit zwei Tagen war der Himmel wolkenlos. Und was noch besser war: An der Seite des Stalls, die in der Sonne lag, tropfte es von den großen Eiszapfen unter dem Dach, die langsam schmolzen.
    Erleichtert lächelnd ließ Venetia den Vorhang fallen. Vielleicht würden sie hier nicht mehr lange festsitzen - was sehr gut war, wenn man bedachte, wie rasch zwischen Gregor und ihr alles schiefgegangen war, was nur schiefgehen konnte.
    Sie beschloss, dass sie sich nicht mit den Ereignissen des vergangenen Abends beschäftigen würde, solange sie

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