Entfuehrung nach Gretna Green
meinen Träumen. Aber das ist eine völlig andere Sache.“
„Ihre Träume?“ Venetia musste ein wenig lächeln. „Wovon träumen Sie denn?“
Eine leuchtendere Röte, als die auf Miss Platts Wangen, hatte Venetia nie zuvor gesehen. Die hagere Frau wedelte aufgeregt mit der Hand. „Von gar nichts. Ich träume nur manchmal mit offenen Augen vor mich hin. Mrs. Bloom sagt immer, wenn ich das tue, sei nichts mit mir anzufangen, aber dennoch kann ich nicht anders, als mich zu fragen ... Es ist unwichtig.“
„Nein, nein! Was wollten Sie sagen?“
„Ich sollte aufhören, so albern zu sein. Mrs. Bloom sagt, man muss sich mit der Realität abfinden, aber manchmal ist es so wunderschön zu träumen.“
„Es interessiert mich nicht, was Mrs. Bloom sagt. Erzählen Sie mir von Ihren Träumen. Bitte! “
„Ich ... Ich nehme an, es wird nicht weiter schaden, wenn ich es Ihnen sage“, stellte Miss Platt mit leiser Stimme fest. „Eines Tages würde ich gerne heiraten.“
Aufmunternd nickte Venetia ihr zu. „Und weiter?“
Miss Platt blinzelte. „Und ... das ist alles. Ich möchte einfach nur gerne heiraten.“
„Oh.“
„Das ist ein sehr dummer Gedanke, nicht wahr?“, fragte Miss Platt und errötete erneut. „Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser Traum wahr wird.“
„Das würde ich überhaupt nicht sagen“, widersprach ihr Venetia energisch.
„Doch. Für mich ist und bleibt es ein Traum. Ich bin nicht wie Sie, Miss West. Ich habe keinen Verehrer wie Lord MacLean.“
„MacLean? Er ist nicht mein Verehrer!“ Er war ein Stachel in ihrem Fleisch, ein einziges großes Ärgernis.
„Aber Sie beide scheinen einander so vertraut zu sein.“
„Das sind wir auch. Ich kenne Gregor MacLean, seit ich fünf Jahre alt war.“
„Oh! Dann sind Sie wohl mehr wie Bruder und Schwester! “ „Wir sind nur Freunde. Nicht mehr.“
„Ich glaube, er hat Mrs. Bloom erzählt, er sei Ihr Vormund.“ „Er ist mein Vormund und mein Freund. Das ist aber auch alles.“ Venetia sah, wie die andere Frau die Stirn in Falten legte, während sie offenbar über etwas Bestimmtes nachdachte. „Was ist, Miss Platt?“
„Ich dachte nur gerade, Miss West, glauben Sie Sie stockte, dann schüttelte sie den Kopf. „Es tut mir leid. Ich bin einfach nur dumm.“
„Dumm? Warum denken Sie das von sich?“
„Mein Vater hat immer gesagt, jeder solle seinen Platz im Leben kennen und nicht versuchen, nach den Sternen zu greifen, denn wenn man das versuche, ernte man am Ende nichts als Kummer.“
„Das ist ungefähr das Schrecklichste und Falscheste, was man sagen kann! “
Erstaunt hob Miss Platt den Kopf. „Tatsächlich?“
„Auf jeden Fall! Man kann nie sagen, wie weit man es bringen kann, wenn man seine Möglichkeiten nutzt und versucht, ein Ziel zu erreichen. Hören Sie auf, anderen zu glauben, was sie Ihnen über Sie erzählen, und bestimmen Sie selbst, wer Sie sind, was Sie tun wollen und was Sie können! “ „Möglichkeiten?“, wiederholte Miss Platt und sah ehrlich erstaunt aus. „Sie glauben, dass es gut und richtig ist, seine Möglichkeiten auszuschöpfen?“
„Natürlich! Ich tue das die ganze Zeit, und es lohnt sich immer." Venetia dachte kurz nach. „Jedenfalls fast immer.“
Mit weit aufgerissenen Augen stand Miss Platt da und schaute sich um. Dann verkündete sie schüchtern: „Ich liebe es, Möglichkeiten zu nutzen. Früher habe ich das getan, aber Mrs. Bloom sagt immer ... “
„Vergessen Sie Mrs. Bloom! Was ist mit Ihnen? Welche Chancen möchten Sie ergreifen?“
„Oh, da ist so vieles, Miss West! Ich würde gerne lernen, wie man flirtet und wie man einen Gentleman auf sich aufmerksam macht. Einen echten Gentleman wie Lord MacLean!“
Venetias Lächeln verblasste, und plötzlich wurde sie merkwürdig unruhig. „Sie möchten lernen zu flirten? Mit Gregor?“ „Oder mit jemand anders. Ich möchte lernen zu flirten, und dann möchte ich heiraten. Nur auf diese Weise wird es mir gelingen, einen Mann für mich zu gewinnen.“ Miss Platt presste sich die Hände gegen die Wangen, während sich ein verträumter Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte. „Ich würde gern einen Gentleman mit einem Titel und mit Geld heiraten, und natürlich müsste er gut aussehen. Und er müsste ein wunderschönes Haus haben. Und Pferde. Dienstboten. Mindestens eine Kutsche, am besten zwei.“ Mit leuchtendem Gesicht kicherte Miss Platt vor sich hin. „Sie haben recht, ich würde sehr gerne einen Mann wie Lord MacLean
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