Enthemmt!
ich sehnte mich nach echtem Stadtleben. Und außerdem wollte ich auf ein schwarzes College gehen, was es dort nicht gibt. Ich bewarb mich bei Spelman, wurde angenommen, und das ist schon die ganze Geschichte.”
“Haben Sie es jemals bereut?”
“Nein, niemals.”
“Gut”, sagt Trevor.
Vielleicht liegt es am Wein, auf jeden Fall scheint meine Zunge gelöst. Ich beuge mich über den Tisch. “Wissen Sie, ich bin wirklich froh, dass Rhonda uns zusammengebracht hat. Vor diesem Treffen hatte ich überhaupt keine Lust mehr, mich mit einem Mann zu treffen. Wie es schien, habe ich immer nur dieselbe Sorte Mann kennengelernt – die falsche.”
“Geht mir genauso. Ich meine, die falsche Sorte Frau.”
Wir kichern beide. Und ich frage mich jetzt ernsthaft, ob ich ihn noch zu mir einladen soll. Nein, noch nicht. Es gibt keinen Grund zur Eile. Also frage ich stattdessen: “Wann hatten Sie Ihre letzte Beziehung?”
Je nachdem, was er nun antwortet, werde ich wissen, was er im Sinn hat. Ob er mit jemand zusammen ist. Sosehr ich auch gerne Sex haben würde, auf einen One-Night-Stand habe ich keine Lust.
“Es ist schon eine Weile her”, antwortet er. “Vier Monate.”
“Das ist nicht besonders lang”, bemerke ich. Ich hoffe, er ist über die Frau hinweg. “Haben Sie sie geliebt?”
Trevor zuckt die Schultern. “Das glaubte ich, aber zum Schluss wurde mir klar, dass es nicht stimmte.”
Das klingt ein wenig ausweichend. Ich frage mich, ob ich mir Sorgen machen sollte. Andererseits will er vielleicht einfach nicht darüber sprechen, weil es eine unschöne Trennung war.
“Jemals verheiratet gewesen?”, frage ich.
“Nein. Und Sie?”
“Oh ja. Aber zum Glück bin ich wieder zur Vernunft gekommen.” Ich zwinge mich zu einem Grinsen. Er soll nicht glauben, dass ich verbittert bin. “Er war der falsche Mann, aber mein Gott, so was passiert eben.”
Ich bemerke, wie sein Blick über meine Schulter schweift. Er scheint mich vergessen zu haben. So ein Mist. Ich muss wie ein Trottel geklungen haben. Doch dann fällt mir auf, dass er nicht meinen Blick meidet, sondern etwas entdeckt hat. Oder jemanden.
Schnell schaue ich über meine Schulter, sehe eine vierköpfige Familie, zwei junge Pärchen und zwei Männer an einem Tisch.
Verdammt, ich bin ja schon paranoid; andererseits ist es normal, paranoid zu sein bei den Männern, mit denen ich mich in letzter Zeit abgegeben habe.
Als ich mich wieder zu Trevor umdrehe, lacht er mich an und schenkt mir wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Er gießt mir den restlichen Wein ein. “Ich kenne Sie zwar nicht besonders gut, aber ich glaube sagen zu können, dass Ihr Mann dabei den Kürzeren gezogen hat.”
“Da liegen Sie richtig”, stimme ich zu.
Die Bedienung kommt auf uns zu, ich trinke schnell aus. Der Abend verläuft besser als gedacht, und ich will nicht, dass er schon zu Ende geht. Vielleicht sollte ich alle Bedenken in den Wind schlagen und noch einen Spezialkaffee bestellen. Ich könnte schließlich bei Trevor bleiben, oder er bei mir, und morgens mein Auto hier abholen.
“Möchten Sie noch ein Dessert?”, fragt die Bedienung.
“Ich nehme einen Kaffee mit Baileys”, sagte ich.
“Für mich nichts.” Trevor schaut die Bedienung nicht an, sondern an ihr vorbei.
Jetzt bin ich sicher, dass ich etwas verpasst habe. Trevor ist mit den Gedanken ganz woanders. Entweder steht er plötzlich nicht mehr auf mich, oder da ist jemand, den er kennt.
“Trevor”, beginne ich zögernd. “Ist alles in Ordnung?”
“Klar”, entgegnet er schnell, aber seine Körpersprache bestätigt mir, dass er lügt. Sein Kiefer ist angespannt, er wirkt verärgert.
Ich bin verwirrt. “Trevor, habe ich was Falsches gesagt?”
“Wieso fragen Sie?”
“Sie scheinen … sauer zu sein.”
Trevor schüttelt den Kopf, doch sein Blick irrt umher. Er beobachtet einen gut gekleideten weißen Mann, der mit einem Asiaten an einem Tisch sitzt. Der weiße Mann starrt Trevor an.
“Kennen Sie den Kerl? Oh Gott. Sagen Sie jetzt nicht, dass Sie ihn aus einem Ihrer Gerichtsprozesse kennen.”
“Ich glaube, wir sollten gehen.” Trevor hat sich bereits erhoben und greift in seine Jackentasche. “Wo ist die Bedienung?”
Mein Magen krampft sich zusammen. Gott bewahre, ich bin mit einem Verrückten in einem Restaurant, der charmant genug ist, ein Gericht von einem Freispruch zu überzeugen. Und ich kann mir auch vorstellen, wie er das gemacht hat – der Typ sieht aus, als könnte er
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