Enthemmt!
Kontrolle verlieren werde, wenn sie noch länger in diesem Zimmer bleibt. “Verschwinden Sie. Sofort.”
Marshas Blick hüpft von mir zu Charles. Er sieht sie an. “Schon gut”, sagt er. “Bleib einfach.”
“Bleib einfach?”, schreie ich und starre Charles in Grund und Boden. Im Ernst, ein ungeheures, unbekanntes Gefühl kocht in mir hoch. Ich könnte jeden Moment austicken.
“Lass uns …” Charles' Brust hebt und senkt sich. “Lass uns nach unten gehen und darüber sprechen, Ally. Nur ich und du.”
“Während Marsha in unserem Schlafzimmer bleibt?”
“Die Situation ist schwierig.”
“Dann mache ich sie einfach. Hauen Sie zum Teufel ab.”
“Lass uns einfach nach unten gehen”, fleht Charles.
“Nein.” Das kommt wieder von Marsha, die in ein Hemd schlüpft. In Charles' Hemd, die miese Schlampe. “Sag es ihr, Charles. Jetzt sofort. Verdammt noch mal, wir haben Pläne.”
Bei diesen Worten spüre ich, wie die rasende Lokomotive in mir langsam abbremst. Jetzt bin ich wieder verwirrt.
Was zum Teufel geht hier vor? Und warum bin ich die Einzige, die von nichts eine Ahnung hat?
“Wenn du es ihr nicht sagst, werde ich es tun.”
“Marsha, warte kurz, bitte.”
“Mir was sagen?”, frage ich.
“Sag es ihr auf der Stelle, oder ich gehe zu dieser Tür hinaus und das war's. Ich habe keine Lust, noch länger zu warten.”
“Schon gut, schon gut.” Charles gibt sich geschlagen.
“Sofort
, Charles.”
Mein Blick wechselt zwischen den beiden hin und her, und ganz ehrlich, mir wird schwindlig. Verschiedenste Gefühle kämpfen in mir. Ich könnte entweder heulend zusammenbrechen oder jemanden einen Kopf kürzer machen.
“Ja, Charles.” Irgendwie gelingt es mir ruhig zu sprechen. “Sag mir, was los ist.”
Er sieht nicht mich an, sondern diese Schlampe. “Ich liebe Marsha.”
Meine Beine drohen, unter mir nachzugeben. “Du, d-du …”
“Wir beide passen nicht zusammen. Das weißt du doch auch.”
“W-w-weiß ich?”
“Ja. Wie lange ist es her, dass wir miteinander geschlafen haben?”
“A-aber letztes Wochenende …”
“Letztes Wochenende …” Charles wirft Marsha, die mit in die Hüften gestemmten Armen dasteht, einen Blick zu. “Da war ich mir nicht sicher, ob das mit Marsha richtig ist. Ich war hin- und hergerissen. Hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich dich anlog. Ich dachte, wir würden es vielleicht wieder hinbekommen …” Er schaut sie wieder an. Sie marschiert nun auf ihn zu. “Aber jetzt will ich die Scheidung”, endet er hastig.
“Du willst
was?”
Ehrlich, ich komme mir vor, als hätte man mich auf einen anderen Planeten gebeamt, so bizarr ist die ganze Situation. Ich verstehe überhaupt nichts mehr.
“Es ist doch kein Geheimnis, dass es zwischen Ihnen nicht mehr gelaufen ist. Warum lassen Sie ihn nicht einfach gehen?” Marsha, die in den letzten sechs Jahren kaum zwei Worte an mich gerichtet hat, ist auf einmal ganz schön redselig.
“Wissen Sie was?” Ich durchbohre sie mit meinem Blick. “Sie halten einfach die Klappe und verlassen mein Haus. Bevor ich Sie mit Gewalt rauswerfe. Und wenn Sie mir nicht glauben, lassen Sie's drauf ankommen.”
Marsha blickt Charles fragend an.
“Schauen Sie meinen Ehemann noch eine Sekunde länger an, Sie Schlampe, und das wird mit Sicherheit das Letzte sein, was Sie tun.”
Charles nickt. “Geh. Ich ruf dich später an.”
Marsha hat nicht mal den Anstand, ihre eigenen Kleider anzuziehen. Sie rauscht in Charles' Hemd an uns vorbei. Sobald sie durch die Tür ist, knalle ich sie hinter ihr zu. Dann wirble ich herum.
“Du willst dich scheiden lassen?”
“Du solltest es nicht auf diese Weise erfahren.”
“Wie lange geht das schon? Und ausgerechnet mit
Marsha?”
Das ist der unverständlichste Teil der ganzen Geschichte. Wenn er mich mit Pamela Anderson betrogen hätte, würde ich es ja noch begreifen. Aber Marsha? Sie ist fast fünfzig und sieht meiner Meinung nach auch so aus.
“Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt.”
“Ah so, du bist also in sie verliebt?”
“Seit etwa zwei Jahren”, gesteht er, wiederum ohne mir in die Augen zu sehen. “Sieh mal, ich dachte zuerst, das wäre nur eine Affäre, aber unsere Gefühle wurden immer stärker.”
“Aber du bist mit mir verheiratet.”
“Tut mir leid”, entgegnet er lahm. “Das ist auch für mich nicht leicht. Für keinen von uns. Marsha wollte schon vor eineinhalb Jahren, dass ich dich verlasse, aber ich bin
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