Enthuellung
nicht daran, dass er sich bewegt hat. »Reißen Sie sich zusammen, nehmen Sie Ihre Handtasche, und kommen Sie mit mir.«
Ich habe keine Ahnung, warum, aber sein Befehl lässt keinen Widerspruch zu, und ich greife wie ein Roboter nach meiner Handtasche und zwinge mich aufzustehen, wobei ich den Schreibtisch benutze, um mich festzuhalten. Weiter schaffe ich es nicht. Ich schwanke und schluchze.
Mark legt einen Arm um meine Taille und greift nach meinem Kinn, zwingt mich, ihn anzusehen. »Ms McMillan.« Er wischt mit dem Daumen meine Tränen weg. »Ich habe Sie gewarnt, dass Chris verkorkst ist. Sie haben es gewusst. Oder etwa nicht?«
»Ja. Aber …«
»Heute gibt es kein ›Aber‹. Entweder akzeptieren Sie, wie er mit Schmerz umgeht, oder Sie tun es nicht. Entscheiden Sie sich jetzt.«
»Ich versuche es ja. Ich habe nur … ich dachte …«
»Denken Sie nicht. Es wird Sie in Schwierigkeiten bringen. Sie haben diese Entscheidung vor langer Zeit getroffen. Akzeptieren Sie seine Art, selbst wenn Sie sie nicht verstehen, oder verlassen Sie ihn.«
Ich befeuchte meine ausgedörrten Lippen. »Ich akzeptiere«, flüstere ich.
Er schiebt mich von sich weg. »Dann lassen Sie uns gehen.«
»Wohin?«
»In meinen Club.«
26
Während der zwanzigminütigen Fahrt sprechen Mark und ich nicht miteinander. Er scheint zu verstehen, dass die winzigste Kleinigkeit mich wieder in Tränen ausbrechen lassen könnte. Ich lehne den Kopf an den weichen Ledersitz seines Jaguars und beobachte die Lichter und Sterne, die an dem Fenster vorbeiflackern. Ich versetze mich tief in mein Inneres, um die schwarze Grube wieder zu öffnen, in der ich meine Gefühle begraben hatte, bevor ich die Tagebücher entdeckt habe, bevor ich Chris gefunden habe. Ich brauche diesen Ort, von dem ich gehofft hatte, dass ich ihn für immer versiegeln könnte, um das alles zu überleben. Jetzt frage ich mich, ob ich ihn jemals hätte verlassen sollen.
Langsam schaffe ich es, meine Fassung wiederzugewinnen, die erneut wankt, als ich die Tore des gewaltigen Herrenhauses entdecke, in dem sich Marks Club befindet, mitten in dem elitären Viertel Cow Hollow. Werde ich Chris bei einer anderen Frau finden? Ich kann eine Menge ertragen, aber ob ich das ertragen könnte, weiß ich nicht.
Wir parken vor der hohen Freitreppe, und ein Sicherheitsposten im Anzug und mit einem Knopf im Ohr öffnet meine Tür. Ich bewege mich nicht. Ich kann mich nicht bewegen.
»Ms McMillan.«
Mark befiehlt mir, ihn anzusehen. Diesmal funktioniert seine Befehlsgewalt nicht. Ich starre stur geradeaus. Mein Kopf ist klar genug, um über die Motive nachzugrübeln, aus denen er mich hierhergebracht hat. Andererseits bin ich dankbar dafür, dass er mir die Chance gegeben hat, mich dieser Sache mit Chris zu stellen, ungeachtet des Ausgangs. Mark könnte versuchen wollen, mich und Chris auseinanderzubringen. Vielleicht sorgt er sich aber auch aufrichtig um einen ehemaligen Freund, dem er sich immer noch irgendwie verbunden fühlt. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Rolle spielt. Der Ausgang dieser Nacht wird von mir und Chris abhängen, von niemandem sonst.
»Es wird mir nicht gefallen, was ich hier finde?«, frage ich schließlich.
»Nein.«
Die harte, kalte Aufrichtigkeit dieses einen Wortes bringt mich in Gang. Was immer dort drin auf mich wartet, ich will es wissen. Ich steige aus dem Wagen, und obwohl ich meine Jacke in der Galerie gelassen habe, freue ich mich über die kalte Nachtluft, die mir erlaubt, etwas anderes als den brennenden Schmerz in mir zu empfinden. Ich hänge mir meine Handtasche über die Schulter. Mein Bargeld und meine Kreditkarten verschaffen mir Handlungsfreiheit, falls ich sie brauchen sollte, und ich bin überrascht, dass ich so klar denken kann. Ich habe dieses tiefe Loch gefunden oder zumindest den Rand der Leere, die ich nur allzu gut kenne.
Mark umrundet den Wagen und greift nach meinem Ellbogen. Dann murmelt er dem Wachposten etwas zu, das ich nicht einmal zu verstehen versuche, bevor er mich die Treppe hinauf zu den roten Doppeltüren führt, durch die ich nur ein einziges Mal getreten bin. Sie öffnen sich, als wir näher kommen, und ein weiterer Mann im Anzug begrüßt Mark.
Ich habe das Gefühl, kein Wort mehr herausbringen zu können, als wir in das Herrenhaus treten, auf den teuren Orientteppich. Ich hebe den Blick zu den hohen Decken und den teuren Kunstwerken und der Einrichtung um mich herum, und ich muss beinahe lachen über diese Fassade von
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