Enthuellung
das Schlimmste in mir sehen und mich immer noch lieben kann. Und vielleicht, nur vielleicht, wird er, wenn ich ihm auf diese Art vertraue, das Gleiche bei mir tun.
»Ja. Ich werde dir Modell sitzen.«
Am Nachmittag berate ich einen Kunden und kehre anschließend in mein Büro zurück, wo ich eine Schachtel auf meinem Schreibtisch entdecke, zusammen mit einer Karte. Ich erkenne Chris’ Handschrift sofort. Nachdem ich die Karte geöffnet habe, lese ich:
Für heute Nacht. Öffne es allein und bei geschlossener Tür. Chris.
Ich zeichne seine Unterschrift nach, die schwungvollen, präzisen Buchstaben, von derselben Hand geschaffen, die Meisterwerke malt, die für Millionen Dollar verkauft werden.
Amanda streckt den Kopf herein. »Das ist vor ein paar Minuten gekommen.« Sie beißt sich auf die Lippe. »Darf ich sehen, was es ist?«
»Äh, nein. Das geht nicht.«
Ihr Gesicht leuchtet auf. »Ein unartiges Geschenk.« Sie seufzt. »Ich will auch einen sexy, berühmten Maler, der mir unartige Geschenke schickt. Ich werde die Tür schließen.«
Ich schneide das Klebeband auf, das die rote Schachtel versiegelt, und lache, als ich einen rosafarbenen Schlagstock und Nippelklammern in Schmetterlingsform darin finde. Ich schürze die Lippen, und mir wird am ganzen Körper heiß, aber dieses Geschenk lässt mich so viel mehr als Verlangen spüren. Er hat nicht zugelassen, dass das, was er über Michael erfahren hat, etwas zwischen uns ändert. Wenn er es getan hätte, weiß ich nicht, wie ich reagiert hätte. Ich brauche die Flucht, die Chris mir verschafft – dass ich bei ihm einfach loslassen kann und er mir niemals wehtun wird. Und das ist das wahre Geschenk.
Ich habe den Nachmittag damit verbracht, auf rosa Wolken zu schweben und mich auf meine Nacht mit Chris zu freuen. Eine Stunde bevor die Galerie geschlossen wird, klingelt mein Handy. Ich betrachte die Nummer und weiß nicht, warum, aber mir ist, als griffe eine eiskalte Hand an mein Herz. »Dylan?«, frage ich und halte den Atem an, während ich auf seine junge, fröhliche Stimme warte.
»Sara.«
Das gequälte Flüstern meines Namens von Brandys Lippen kreiselt durch mich hindurch, und Tränen sammeln sich in meinen Augen. Ich weiß, was sie mir sagen wird. »Nein. Das kann nicht sein.«
»Er ist tot. Mein Baby ist tot.«
»Ich …« Ich sage die gefürchteten Worte. Ich kann nicht anders. »Es tut mir leid. Es tut mir so furchtbar leid, Brandy.«
»Sie müssen zu Chris gehen. Er hat es nicht gut aufgenommen. Ich … ich habe einfach … gehen Sie zu ihm. Er braucht sie.«
»Ja. Ja.« Oh Gott. Chris. »Das mache ich. Das werde ich.«
Sie schluchzt und stößt einen zitternden Atemstoß aus. »Rufen Sie uns an, und sagen Sie uns, dass mit ihm alles in Ordnung ist.«
»Mache ich.«
Ich wische die Tränen weg, die mir über die Wangen rinnen, und wähle Chris’ Nummer. Er geht nicht ran. Ich wähle wieder und wieder. »Amanda!«
Sie kommt ins Büro gestürzt, und ihre Augen weiten sich. »Was ist passiert?«
»Rufen Sie im Diego Maria’s an und fragen Sie, ob Chris dort ist«, bitte ich sie, während ich bereits Jacobs Nummer wähle.
»Ja. Geht in Ordnung.«
Jacob nimmt den Anruf entgegen. »Ist Chris da?«, frage ich.
»Nein, Ms McMillan. Er war den ganzen Tag nicht hier. Alles okay mit Ihnen?«
»Es hat einen Notfall gegeben. Wenn er bei Ihnen auftaucht, rufen Sie mich an.«
»Sind Sie in Sicherheit?«
»Ja. Um mich müssen Sie sich keine Sorgen machen. Es geht um Chris. Rufen Sie mich einfach an, falls Sie ihn sehen.« Ich lege auf, als Amanda wieder ins Büro kommt. »Er ist nicht dort.«
»Haben Sie die Nummer des Cafés?«
»Ja. Soll ich dort anrufen?«
»Nein. Besorgen Sie mir einfach die Nummer.«
Sie flitzt davon und gibt mir wenig später die Nummer durch. Ich wähle sie, und ein Mann geht ran. »Ist Chris Merit bei Ihnen?«
Die Antwort ist nein. »Ist Ava da?« Die Antwort ist abermals nein. Mein Magen schlingert. Ich beuge mich über meinen Schreibtisch.
Mark erscheint in meiner Tür. »Dylan, der Krebspatient, den Chris und ich so gern haben« – ich hole mühsam Luft – »er,
er …« Ich kann es nicht aussprechen.
»Das erklärt es also.«
»Was erklärt es?«
»Warum Chris im Club ist.«
Meine Welt dreht sich und zerbricht in eine Million Stücke, und ich beginne zu zittern. Tränen quellen wie Wasserfälle aus meinen Augen.
»Ms McMillan«, blafft Mark scharf, und irgendwie steht er vor mir, und ich erinnere mich
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