Enthuellung
»Jacob ist ein zuverlässiger Kerl.«
»Ist mir aufgefallen«, bemerkt Kelvin. »Ich brauche einen Mann wie ihn.«
»Halten Sie sich von ihm fern«, warnt Chris. »Ich mag mein Wohnhaus besonders, weil er dort arbeitet.«
Kelvin wirkt ermutigt. »Dass er Sie beeindruckt hat, führt nur dazu, dass ich ihn umso mehr will.«
»Haben Sie irgendetwas über Rebecca herausgefunden?«, melde ich mich zu Wort.
Die Kellnerin erscheint und macht meine Chance auf eine unmittelbare Antwort zunichte. Chris öffnet seine Speisekarte. »Wir sollten besser bestellen. Sonst müssen wir alles stehen lassen, um unseren Flug noch zu kriegen.«
Mit Mühe konzentriere ich mich auf die Speisekarte und bestelle meine erste Wahl: Pasta. Die Männer nehmen alle Hamburger.
Nachdem die Kellnerin gegangen ist, nimmt Blake das Gespräch wieder auf. »Zu Rebecca. Wir haben den mysteriösen neuen Freund in New York aufgespürt. Er sagte, sie hätten eine Reise in die Karibik gemacht und wollten als Nächstes nach Griechenland fliegen. Sie hätte aber ihre Meinung geändert und früher nach Hause kommen wollen. Sie ist ohne ihn abgeflogen und allein zurückgekommen.«
Es läuft mir eiskalt den Rücken hinab. »Sie ist zurückgekommen?«
Kelvin nickt entschieden. »Vor sechs Wochen.«
Mir wird übel. »Aber sie hat ihre Sachen nie aus dem Lagerraum geholt. Sie ist nicht zur Arbeit erschienen. Also, wo
ist
sie?«
»Das wissen wir nicht«, stellt Kelvin fest. »Und es gibt keine Unterlagen darüber, dass sie öffentliche Verkehrsmittel benutzt hat.«
»Wir haben außerdem die Autovermietungen überprüft und nichts gefunden«, fügt Blake hinzu und streicht Butter auf eine Scheibe Brot. »Und sie hatte kein eigenes Auto, das wir hätten aufspüren können.«
Schuldgefühle kommen in mir hoch. Ich habe gespürt, dass Rebecca in Schwierigkeiten war. Ich hätte meinen Instinkten trauen und unnachgiebiger und früher auf Antworten drängen sollen. »Was bedeutet das jetzt für uns?«, frage ich, und ich kann die Dringlichkeit nicht aus meiner Stimme heraushalten. »Schalten wir die Polizei ein?«
Blake stößt einen tiefen Seufzer aus. »Das ist heikel. Wir haben genug, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben, aber sie ist eine Erwachsene, die das Recht hat, zu kommen und zu gehen, wie es ihr gefällt.«
»Und sie hat allen gesagt, dass sie die Stadt verlässt«, erwidere ich.
Blake nickt. »Genau. Es ist schwierig, für solche Fälle Aufmerksamkeit zu bekommen.«
Kelvin schiebt sein Besteck beiseite und legt einen Aktenordner auf den Tisch. »Außerdem wollen wir nicht, dass die Polizei Fragen stellt, die jemanden veranlassen könnten, Beweise zu verstecken, die wir sonst vielleicht finden würden.«
Beweise? Ich richte mich auf. Offenbar glauben sie ebenfalls an ein Verbrechen.
Kelvin fährt fort: »Zumindest glauben wir im Moment, dass eine Vermisstenanzeige ein schlechter Schachzug wäre.«
»Du kannst diesen Leuten vertrauen, Baby«, versichert Chris mir, während er mit dem Zeigefinger sachte meine Schulter liebkost. »Sie wissen, was sie tun.«
»Ja«, versichere ich ihm und dem ganzen Tisch, »und ich verstehe die Ansicht über die Vermisstenanzeige. Mir gefällt einfach die Richtung nicht, in die sich diese Sache bewegt, und ich sorge mich, wenn ich daran denke, was Rebecca zugestoßen sein könnte.«
Blakes Lippen werden schmal. »Glauben Sie mir, keinem von uns gefällt das.«
»Was mich zu Sara führt«, meldet Chris sich zu Wort. »Gibt es irgendetwas Neues über den Zwischenfall in der Lagerhalle?«
Kelvin öffnet den Aktenordner. »Wie es der Zufall wollte, haben wir interessantes Bildmaterial von einer Überwachungskamera von einem nahen Geschäft bekommen.« Er zieht ein Foto heraus und legt es mitten auf den Tisch. »Dieser Mann hat nach Sara das Gebäude betreten und es ungefähr zehn Minuten, nachdem sie gegangen ist, wieder verlassen.«
Ich schnappe nach Luft. »Das ist der unheimliche Angestellte, dem ich begegnet bin.«
»Er ist kein Angestellter der Lagerhalle«, informiert Kelvin mich. »Er ist ein Privatdetektiv namens Greg Garrison. Jemand hat ihn angeheuert, um die Tagebücher zu finden.«
»Und wer?«, fragt Chris scharf.
»Er behauptet, es nicht zu wissen«, erwidert Blake. »Geld ohne Absender per Post und Instruktionen per E-Mail von einem nicht nachzuverfolgenden Absender.«
Ich schlinge die Arme um die Brust, und mich schaudert es. Ich hatte recht. Ich war nicht allein in der Dunkelheit.
Chris
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