Enthuellung
mich mit der verfahrenen Situation ab. »Wenn es weitere Tagebücher gab, sind sie für immer verloren.« Und mit ihnen die potenzielle Antwort darauf, wo Rebecca steckt und wer für ihr Verschwinden verantwortlich ist.
»Blake und das ganze Team bei Walker Security sind die Besten. Wenn irgendjemand Rebecca finden kann, dann sie.«
»Wenn sie so gut sind, wie du sagst, und es für sie nicht einfach ist, sie zu finden, Chris, mache ich mir größere Sorgen denn je.«
Chris’ Mund verkrampft sich. »Bedauerlicherweise kann ich dir nicht widersprechen.«
Ich versuche, meine düstere Stimmung abzuschütteln, bevor wir Dylans Zimmer betreten, aber es ist eine Bemühung, die ich sofort aufgebe. Von dem energiegeladenen Jungen, den ich am Tag zuvor kennengelernt habe, ist nichts mehr zu sehen. Er liegt im Bett, über eine Schale gebeugt, und übergibt sich, während seine Mutter außer sich ist und ihn zu beruhigen versucht. Das Einzige, was dafür sorgt, dass es mir nicht den Boden unter den Füßen wegzieht, ist mein heftiges Verlangen, dass sich alle anderen selbst aufrecht halten. Brandys Hand zittert, und Chris’ Körper ist angespannt wie eine Sprungfeder. Er gleicht einem wilden Tier, das in einem Käfig auf und ab läuft.
Doch irgendwie beherrscht er sich und findet heraus, dass Brandy weder gegessen noch geschlafen hat. Er zwingt sie, eine Pause zu machen, während wir bei Dylan sitzen. Chris hockt sich auf die Kante von Dylans Bett und gibt seinem Flehen nach, ein weiteres Freddy-Krueger-Bild zu zeichnen. Wundersamerweise richtet sich Dylan auf, als Chris zu zeichnen beginnt.
Um vier Uhr muss Chris zu einer Spendensammlung aufbrechen, ich bleibe bei Dylan und Brandy und habe vor, ihn um halb sechs im Hotel zu treffen. Um Viertel vor sechs stehe ich immer noch vor dem Krankenhaus, nachdem ich eine halbe Stunde auf ein Taxi gewartet habe. Ich habe Chris eine SMS geschickt, aber er hat nicht geantwortet.
Endlich ruft er an. »Ich bin gerade aus meinem Meeting gekommen. Hast du ein Taxi bekommen?«
»Nein«, antworte ich hektisch. »Es laufen zwei große Kongresse in der Stadt und eine Filmpremiere.«
»Sag der Taxigesellschaft, es seien hundert Dollar Trinkgeld für sie drin, und ich werde dich vor dem Hotel treffen, um sie zu bezahlen. Wenn das nicht funktioniert, schicke ich einen privaten Wagen.«
Fünfzehn Minuten später begrüßt Chris mich vor dem Hotel in Jeans und einem schlichten weißen T-Shirt, und sein Haar lockt sich feucht um sein Gesicht. Er reißt meine Tür auf und beugt sich durch das Beifahrerfenster, um den Fahrer zu bezahlen. In Eile, damit ich mich noch duschen und umziehen kann, steige ich aus dem Taxi, und Chris legt mir die Hände auf die Schultern und küsst mich fest auf die Lippen. »Ich habe dich vermisst.«
Obwohl Chris in der Öffentlichkeit immer zurückhaltend ist, nimmt er in diesem Moment die Menschen um uns herum nicht wahr. Ich schaue zu ihm auf und erblicke diese seltene Verletzlichkeit in seinem Gesicht, die mich immer tief berührt und mein Innerstes nach außen kehrt. Ich streiche ihm eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht, und Gefühle stürzen wie ein Wasserfall auf mich herab. »Chris, ich …« Eine Hupe ertönt, und Chris zieht mich vorwärts, während ein Taxifahrer an mir vorbeischießt. Ich trete auf den Bordstein und beende stumm meinen Satz …
liebe dich.
»Verrückter Taxifahrer«, brummt er und nimmt meine Hand.
Wir gehen auf den Hoteleingang zu, aber mein spontanes Geständnis ist von einem gelben Taxi unterbrochen worden. Ich sage mir, dass es eine gute Sache war. Ich war verrückt, das jetzt zu tun. Es ist die falsche Zeit und der falsche Ort, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass ich einen Moment verpasst habe und es bedauern werde.
Ich beeile mich in der Dusche und schlüpfe in den Hotelbademantel, um Make-up aufzutragen und das Haar zu frisieren. Ich bin gerade damit fertig, als Chris in seinem Smoking in der Tür erscheint. Ich lege die Bürste beiseite und drehe mich zu ihm um. Ich kann mich nicht sattsehen daran, wie er in seinem Anzug wirkt. Perfekt geschnitten und gebügelt schmiegen sich Hose und Jackett um seinen geschmeidigen, muskulösen Körper. Es sieht köstlich aus. Und obwohl er seinen »Affenanzug« trägt, wie er ihn zuvor genannt hat, ist er unrasiert. Ein hellbrauner Schatten liegt über seinem Kinn, und sein blondes Haar ist zerrauft und wild. Der Kontrast lässt mich den Mann sehen, den ich kenne und liebe, aber
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