Enthüllung
erst zum Abendessen oder noch später daheim sein würde.«
»Aha. Hatte Ms. Johnson Ihnen vorgeschlagen, gemeinsam zu Abend zu essen?«
»Nein.«
»Als Sie Ihre Frau anriefen, gingen Sie also davon aus, daß die Besprechung mit Ms. Johnson lange dauern würde.«
»Nein«, sagte Sanders, »davon ging ich nicht aus. Aber ich wußte eben nicht genau, wie lange es dauern würde. Und meine Frau mag es nicht, wenn ich anrufe und sage, daß ich eine Stunde später heimkomme, und dann noch mal anrufe und sage, daß es zwei Stunden dauern wird. Das ärgert sie. Für sie ist es besser, wenn ich ihr einfach sage, daß ich wahrscheinlich erst nach dem Abendessen komme. Dann rechnet sie nicht mit mir und wartet nicht auf mich; und sollte ich doch früher hei m kommen, freut sie sich um so mehr.«
»So halten Sie es also gewöhnlich mit Ihrer Frau?«
»Ja.«
»Das ist gar nichts Besonderes für Sie?«
»Nein.«
»Anders gesagt: Normalerweise pflegen Sie Ihre Frau in bezug auf Bürotermine anzulügen, weil sie Ihrer Meinung nach die Wahrheit nicht erträgt.«
»Einspruch!« rief Fernandez. »In welcher Hinsicht soll das relevant sein?«
»Das stimmt überhaupt nicht!« warf Sanders wütend ein.
»Wie ist es denn dann, Mr. Sanders?«
»Hören Sie, jedes Ehepaar hat seine eigene Methode, mite i nander zurechtzukommen, und das ist nun einmal unsere Methode. Sie vereinfacht die Dinge, das ist alles. Und es geht dabei um die private Tageseinteilung und nicht ums Lügen!«
»Aber würden Sie nicht selbst sagen, daß Sie logen, als Sie Ihrer Frau das Treffen mit Ms. Johnson an jenem Abend verschwiegen?«
»Einspruch!«
Murphy schaltete sich wieder ein: »Ich denke, das reicht nun wirklich, Mr. Heller!«
»Euer Ehren, ich versuche nur zu zeigen, daß Mr. Sanders die Absicht hatte, mit Ms. Johnson sexuell zu verkehren, und daß sein gesamtes Verhalten dieser Absicht entsprach. Zusätzlich will ich zeigen, daß er es gewohnt ist, Frauen mit Geringschä t zung zu begegnen.«
»Es ist Ihnen aber nicht gelungen, uns das zu zeigen, nicht einmal ansatzweise, Mr. Heller«, erklärte Murphy. »Mr. Sanders hat seine Beweggründe dargelegt, die ich in Ermang e lung gegenteiliger Beweise akzeptiere. Oder können Sie gegenteilige Beweise vorlegen?«
»Nein, Euer Ehren.«
»Nun gut. Bitte denken Sie daran, daß aufreizende Darste l lungen, die jeder Grundlage entbehren, unserem gemeinsamen Bemühen um eine Schlichtung nicht dienlich sind!«
»Jawohl, Euer Ehren.«
»Jeder und jede der hier Anwesenden muß sich darüber im klaren sein, daß dieses Verfahren beiden Parteien potentiell schaden kann – nicht nur im Ergebnis, sondern auch während der Sitzungen selbst. Je nachdem, wie das Verfahren ausgehen wird, ist es durchaus möglich, daß Ms. Johnson und Mr. Sanders in Zukunft beruflich zusammenarbeiten müssen. Ich werde nicht zulassen, daß dieses Verfahren eine solche denkbare zukünftige Arbeitsbeziehung unnötigerweise vergiftet. Jede weitere ungerechtfertigte Anschuldigung wird mich veranlassen, dieses Verfahren abzubrechen. Gibt es irgendwelche Fragen bezüglich des eben Gesagten?«
Niemand hatte eine Frage.
»Nun gut. Mr. Heller?«
Heller lehnte sich zurück. »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
»Gut«, sagte Judge Murphy. »Wir unterbrechen für fünf Minuten und hören uns dann Ms. Johnsons Darstellung an.«
S ie halten sich gut«, sagte Fernandez. »Sehr gut sogar. Ihre Stimme war fest, und Sie haben klar und widerspruchsfrei gesprochen. Das hat Murphy beeindruckt. Wirklich, Sie machen Ihre Sache sehr gut.« Sie standen draußen bei den Brunnen im Hof. Sanders kam sich vor wie ein Boxer, der zwischen zwei Runden von seinem Trainer aufgemöbelt wird. »Wie fühlen Sie sich?« fragte sie ihn. »Sind Sie müde?«
»Ein bißchen. Aber es geht schon.«
»Wollen Sie Kaffee?«
»Nein danke.«
»Gut. Der schwierige Teil steht Ihnen nämlich noch bevor. Sie werden sich sehr zurückhalten müssen, wenn sie ihre Version erzählt – die wird Ihnen nämlich nicht gefallen. Aber es ist sehr wichtig, daß Sie ganz ruhig bleiben.«
»Okay.«
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Übrigens, ganz unter uns: Wie ist die Beziehung denn nun wirklich zu Ende gega n gen?«
»Um die Wahrheit zu sagen: Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern.«
Fernandez blickte ungläubig drein. »Aber das muß doch ein wichtiges Ereignis gewesen sein …«
»Es ist fast zehn Jahre her. Für mich ist das jetzt, als wäre es in
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