Enthüllung
einem völlig anderen Leben passiert.«
Fernandez wirkte noch immer ziemlich skeptisch.
»Passen Sie auf«, sagte Sanders. »Wir befinden uns in der zweiten Juniwoche. Was spielte sich in Ihrem Liebesleben in der zweiten Juniwoche vor zehn Jahren ab? Können Sie mir das sagen?«
Fernandez runzelte die Stirn.
»Waren Sie damals verheiratet?« Sanders versuchte ihr zu helfen.
»Nein.«
»Hatten Sie Ihren späteren Mann bereits zu dieser Zeit ke n nengelernt?«
»Also, warten Sie mal … Nein, nein, ich muß meinen Mann … etwa ein Jahr später kennengelernt haben – ja.«
»Okay. Erinnern Sie sich, mit wem Sie vor ihm befreundet waren?«
Fernandez dachte schweigend nach.
»Können Sie sich überhaupt noch an irgend etwas von dem erinnern, was sich im Juni vor zehn Jahren zwischen Ihnen und Ihrem damaligen Freund abspielte?«
Sie schwieg.
»Verstehen Sie jetzt, was ich meine?« fragte Sanders. »Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Natürlich kann ich mich an die Beziehung mit Meredith erinnern, aber an die letzten Wochen leider nur sehr vage. Ich weiß einfach nicht mehr, wie unsere Freundschaft genau endete.«
»An was können Sie sich noch erinnern?«
Sanders zuckte mit den Achseln. »Ich weiß noch, daß wir immer häufiger stritten und uns anschrien. Wir wohnten noch zusammen, aber wir begannen, unsere Termine so zu legen, daß wir uns nie sahen. Sie wissen ja, wie das ist. Denn wenn wir uns sahen, gab es jedesmal Streit.
Und eines Abends kam es zu einem Riesenkrach, während wir uns für eine Feier umzogen. Irgendeine formelle Dinner Party, die von DigiCom ausgerichtet wurde. Ich weiß noch, daß ich einen Smoking anziehen mußte. Ich warf mit meinen Ma n schettenknöpfen nach ihr und fand sie dann nicht mehr. Ich mußte auf dem Boden umherkriechen und sie suchen. Aber als wir dann zu der Party fuhren, beruhigten wir uns wieder und begannen darüber zu reden, wie es wäre, Schluß zu machen. Es war plötzlich ganz einfach, und wir waren beide plötzlich ganz vernünftig. Es kam einfach so. Wir brüllten nicht mehr. Und schließlich fanden wir beide, daß es besser wäre, Schluß zu machen.«
Fernandez sah ihn nachdenklich an. »Das war alles?«
»Ja.« Er zuckte mit den Achseln. »Allerdings kamen wir nie zu dieser Dinner Party.«
Irgend etwas war da noch, ganz tief in seinem Gedächtnis vergraben. Ein Paar im Auto, unterwegs zu einer Party. Irgend etwas mit einem Mobiltelefon. Elegant gekleidet, unterwegs zu einer Party, sie wollen jemanden anrufen und –Er bekam es nicht zu fassen. Es war in seinem Gedächtnis, gleich würde er sich erinnern …
Die Frau rief mit dem Mobiltelefon jemanden an, und dann … danach geschah irgend etwas Peinliches …
»Tom?« Fernandez legte die Hand auf seine Schulter. »Ich glaube, die Pause ist fast vorüber. Können wir wieder reing e hen?«
»Ich bin bereit«, sagte er.
Auf dem Weg zum Schlichtungszimmer kam Ben Heller auf sie zu. Sanders schenkte er ein schmieriges Lächeln und wandte sich dann an Fernandez: »Frau Anwältin, ich denke, es ist an der Zeit, sich über einen Vergleich zu unterhalten«, sagte er.
»Über einen Vergleich?« fragte Fernandez mit betont e r staunter Miene. »Aber wieso denn?«
»Nun, das Verfahren entwickelt sich deutlich zuungunsten Ihres Klienten, und –«
»Das Verfahren entwickelt sich durchaus zugunsten meines Klienten.«
»– und diese Befragung wird für ihn doch immer peinlicher und unangenehmer, je länger sie andauert –«
»Mein Klient empfindet nicht die geringste Peinlichkeit.«
»– und vielleicht gereicht es doch allen Beteiligten zum Vo r teil, das Verfahren an diesem Punkt zu beenden.«
Fernandez lächelte. »Ich glaube zwar nicht, daß dies dem Wunsch meines Klienten entspricht, Ben, aber wenn Sie ein Angebot unterbreiten, werden wir selbstverständlich darüber nachdenken.«
»Ja, ich habe ein Angebot.«
»Nur zu!«
Heller räusperte sich. »In Anbetracht der für Mr. Sanders derzeitig geltenden Abfindungssumme und der damit verbu n denen Sozialversorgung sowie der Tatsache, daß er dem Unternehmen bereits seit langer Zeit angehört, wären wir mit der Zahlung einer Abfindung in Höhe einer Ausgleichszahlung für mehrere Jahre einverstanden. Zusätzlich würden wir Ihnen einen Zuschuß zu den Ihnen entstandenen Kosten sowie für diverse durch die Kündigung bedingte Ausgaben zahlen, wir würden die Kosten für einen Headhunter übernehmen, mit dessen Hilfe eine neue Stellung gefunden werden
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