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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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fort. »Sagen wir, sie hat tatsächlich einen Fehler gemacht.«
    »Das hat sie auch, Bob!« warf Sanders trocken ein.
    »Na gut. Sagen wir, es ist so. Nennen wir es einen Einschä t zungsfehler. Eine Verletzung bestimmter Grenzen. Das einzig Wichtige dabei, Tom, ist aber, daß ich sie auch angesichts einer solchen Situation weiterhin unterstützen werde.«
    »Warum?«
    »Weil sie eine Frau ist.«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Nun, Frauen sind im Geschäftsleben traditionellerweise von Führungspositionen ausgeschlossen gewesen, Tom.«
    »Meredith wurde nicht ausgeschlossen.«
    »Und außerdem ist sie jung«, sagte Garvin.
    »So jung auch wieder nicht.«
    »Aber natürlich. Sie ist fast noch eine Collegestudentin. Erst vor ein paar Jahren hat sie ihr Betriebswirtschaftsstudium abgeschlossen.«
    »Bob«, sagte Sanders. »Meredith Johnson ist 35 und wahrlich keine kleine Studentin mehr.«
    Garvin schien das gar nicht gehört zu haben. Er sah Sanders mitfühlend an. »Tom, ich kann doch verstehen, daß Sie wegen des Jobs enttäuscht waren. Und ich verstehe auch, daß Meredith in Ihren Augen einen Fehler beging, als sie sich Ihnen auf diese Weise näherte.«
    »Sie hat sich mir nicht genähert, Bob. Sie ist über mich he r gefallen.«
    Garvin ließ jetzt eine leichte Gereiztheit erkennen. »Sie sind schließlich auch kein Kind mehr, Tom!«
    »Das ist richtig, ich bin kein Kind mehr«, erwiderte Sanders. »Aber ich bin ihr Untergebener.«
    »Und ich weiß, daß Sie bei ihr in höchstem Ansehen stehen«, sagte Garvin und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. »Wie übrigens bei allen in der Firma, Tom. Sie sind wichtig für unsere Zukunft. Sie wissen das, und ich weiß das. Ich will Ihr Team zusammenhalten. Und ich werde immer wieder betonen, daß wir Frauen gegenüber Nachsicht üben müssen. Wir müssen ihnen wenigstens einen kleinen Vorsprung einräumen.«
    »Aber hier geht es doch gar nicht um Frauen«, sagte Sanders. »Hier geht es um eine ganz bestimmte Frau.«
    »Tom –«
    »Und wenn ein Mann getan hätte, was sie getan hat, würden Sie nicht von Vorsprung reden. Diesen Mann würden Sie hochkant feuern.«
    »Schon möglich.«
    »Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer«, erwiderte Sa n ders.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe, Tom.« Garvins Stimme hatte einen warnenden Unterton bekommen: Garvin mochte es nicht, wenn man ihm widersprach. Während sein Unternehmen im Lauf der Jahre immer profitabler und erfolgreicher wurde, hatte er sich allmählich daran gewöhnt, daß man ihm mit Unterwürfigkeit begegnete. Und jetzt, da er auf den Ruhestand zuging, erwartete er Konsens und Gehorsam ger a dezu. »Wir sind nun mal verpflichtet, Gleichheit zu garanti e ren«, sagte er.
    »Schön. Aber Gleichheit bedeutet keine Sonderrechte«, e r widerte Sanders. »Gleichheit bedeutet, daß man die Leute gleich behandelt. Sie erbitten für Meredith Ungleichheit, weil Sie sich weigern, das zu tun, was Sie mit einem Mann sofort tun würden – entlassen.«
    Garvin seufzte auf. »Wenn alles ganz eindeutig wäre, Tom, dann würde ich es ja tun. Aber soweit ich es beurteilen kann, ist die Situation eben nicht eindeutig.«
    Sanders dachte kurz daran, ihm von der Kassette zu erzählen. Aber er ließ es doch bleiben. »Ich finde sie sehr wohl einde u tig.«
    »In solchen Angelegenheiten gibt es doch immer Meinung s unterschiede«, sagte Garvin und beugte sich über die Bar zu Sanders. »Das ist doch nun mal so, oder etwa nicht? Immer gibt es Meinungsunterschiede, Tom. Hören Sie zu – was hat sie Ihnen denn so Schlimmes getan? Jetzt mal im Ernst: Sie ist zudringlich geworden? Und wenn schon! Sie hätten das auch als schmeichelhaft interpretieren können. Schließlich ist sie eine wunderschöne Frau. Es gibt Schlimmeres im Leben! Eine schöne Frau legt ihre Hand auf Ihr Knie. Sie hätten auch einfach ›Nein, danke‹ sagen können. Sie hätten viele Möglichkeiten gehabt, darauf zu reagieren, Sie sind ein erwachsener Mann. Aber diese … Rachsucht , Tom! Ich muß schon sagen – Sie überraschen mich.«
    »Sie hat das Gesetz gebrochen, Bob«, sagte Sanders.
    »Das bleibt doch wohl noch abzuwarten, oder? Sie können Ihr Privatleben gern vor Geschworenen ausbreiten, wenn Sie unbedingt wollen. Ich persönlich würde es nicht wollen. Und ich sehe auch nicht ein, was es irgend jemandem bringen sollte, wenn Sie die Sache vor Gericht zerren. Ein solcher Prozeß läßt sich nicht gewinnen.«
    »Was soll das

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