Enthüllung
Selbstverständlich sind wir bereit, alle von dir geforderten Interimspapiere zu unterzeichnen. Im Gegenzug verlangen wir nur, daß du morgen an der Sitzung teilnimmst und uns hilfst, die Fusion abz u schließen. Na, ist das ein faires Angebot?«
Blackburn streckte ihm die Hand entgegen.
Sanders starrte ihn weiter schweigend an.
»Ich bedaure aus tiefstem Herzen, was geschehen ist, Tom.«
Sanders schüttelte ihm die Hand.
»Danke, Tom«, sagte Blackburn. »Danke für deine Geduld und danke auch im Namen der Firma. So, jetzt setz dich und sprich mit Louise, und dann laß uns deine Entscheidung wi s sen.«
Blackburn verließ den Raum und schloß leise die Tür hinter sich.
Sanders blickte Fernandez an. »Was soll das Ganze, ve r dammt noch mal?«
Sie seufzte zufrieden auf. »So etwas nennt man Kapitulation«, sagte sie. »Totale und bedingungslose Kapitulation. DigiCom ist gerade zu Boden gegangen.«
S anders sah zu, wie Blackburn den Konferenzraum verließ und den Gang hinuntereilte. Widersprüchliche Gefühle übe r kamen ihn. Plötzlich erklärte man ihm, daß alles vorbei sei – vorbei, ganz ohne Kampf, ganz ohne Blutvergießen.
Während er Blackburn nachblickte, schob sich ihm plötzlich wieder ein Bild ins Gedächtnis: Blut im Waschbecken seiner früheren Wohnung. Und diesmal erinnerte er sich, woher es stammte. Ein Teil der Chronologie fügte sich zusammen.
Während seiner Scheidung hatte Blackburn in Sanders’ Apartment gewohnt. Er war damals ziemlich danebengewesen und trank zuviel. Eines Tages schnitt er sich beim Rasieren so schlimm, daß das Waschbecken voller Blut war. Als Meredith später das Blut im Becken und auf den Handtüchern sah, sagte sie: »Hat einer von euch Kerlen hier ‘ne Frau gebumst, die ihre Periode hatte?« Meredith hatte schon immer eine deutliche Sprache gesprochen. Sie liebte es, Menschen vor den Kopf zu stoßen, ja zu schockieren.
Und dann war sie eines Samstagnachmittags in weißen Strümpfen, Strapsen und BH durch die Wohnung spaziert, während Phil vor dem Fernseher saß. Sanders fragte sie: »Warum tust du das?«
»Ich will ihn nur ein bißchen aufheitern«, hatte Meredith geantwortet und sich wieder aufs Bett fallen lassen. »Und jetzt solltest du mich aufheitern.« Dann hatte sie ihre Beine ang e winkelt und gespreizt –»Tom? Hören Sie mir eigentlich zu?« fragte Fernandez. »Hallo! Tom! Sind Sie noch da?«
»Ja, ich bin da«, sagte Sanders.
Aber er hatte immer noch Blackburn im Kopf, er dachte noch immer über Blackburn nach. Jetzt entsann er sich eines anderen Vorfalls, der etwa ein Jahr später datierte, kurz nachdem Sanders sich mit Susan angefreundet hatte. Phil saß eines Abends mit den beiden beim Essen. Als Susan auf die Toilette gegangen war, sagte er: »Sie ist großartig. Eine Wahnsinnsfrau! Und schön obendrein.«
»Aber?«
»Aber«, hatte Blackburn schulterzuckend gesagt, »sie ist Anwältin.«
»Na und?«
»Anwälten kann man nie trauen«, hatte Blackburn erklärt und sein wehmütiges, abgeklärtes Lachen zu lachen begonnen.
Anwälten kann man nie trauen.
Jetzt stand Sanders im Konferenzraum von DigiCom, be o bachtete noch, wie Blackburn um eine Ecke verschwand, und wandte sich wieder an Fernandez.
»… hatte einfach keine Wahl«, sagte die gerade. »Die ganze Situation ist letztlich unhaltbar geworden. Die Tatsachen sprechen ja nun wahrlich nicht für Johnson. Und das Band ist gefährlich – sie wollen nicht, daß es abgespielt wird, und haben Angst, es könnte an die Öffentlichkeit geraten. Außerdem machen ihnen die früheren Fälle von sexueller Belästigung durch Johnson Sorgen; sie hat es schon öfters getan, und das wissen sie. Auch wenn keiner der Männer, mit denen Sie gesprochen haben, sich zu einer Aussage bereit gefunden hat, so ist es dennoch möglich, daß einer von ihnen es irgendwann doch einmal tut, und auch das ist ihnen bewußt. Und zu alldem gesellt sich die Tatsache, daß DigiComs Chefjustitiar einer Journalistin Betriebsinterna geliefert hat.«
»Was?«
Fernandez nickte. »Connie Walsh hatte die Geschichte von Blackburn, der damit unter krasser Verletzung sämtlicher für Firmenangestellte geltender Vorschriften handelte und für das Unternehmen zu einem gravierenden Problem geworden ist. Das alles zusammen wurde einfach zuviel. Diese Dinge g e fährdeten die gesamte Firma. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet, blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als einen Deal mit Ihnen zu machen.«
»Schon«, sagte
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