Enthüllung
Sanders. »Aber das alles ist nicht logisch, verstehen Sie?«
»Offenbar können Sie es noch nicht so recht glauben. Glauben Sie es ruhig! Es wurde einfach zuviel. Sie konnten es sich nicht mehr leisten, daß sich die Sache noch länger hinzog.«
»Und wie sieht dieser Deal nun aus?«
Fernandez überflog ihre Notizen. »Da – Ihr ganzer Wunsc h zettel! Johnson wird gefeuert, und wenn Sie wollen, bekommen Sie ihren Job. Oder aber die Firma setzt Sie wieder in Ihrer gegenwärtigen Position ein. Sie können aber auch irgendeinen anderen Job in der Firma haben. Ihnen zahlen sie 100 000 Dollar Schmerzensgeld und mir das Honorar. Wenn Sie wollen, können Sie aber auch einen Abfindungsvertrag aushandeln. Auf jeden Fall geben Sie Ihnen die vollen Aktienbezugsrechte, wenn die Abteilung an die Börse geht – ganz egal, ob Sie nun in der Firma bleiben oder nicht.«
»Mein Gott!«
Sie nickte. »Bedingungslose Kapitulation.«
»Und Sie glauben wirklich, daß Blackburn es ernst meint?«
Anwälten kann man nie trauen.
»Ja«, sagte Fernandez. »Ehrlich gesagt, in meinen Augen ist es das erste Vernünftige, was diese Leute am heutigen Tag zustande gebracht haben. Sie waren gezwungen, so zu handeln, Tom. Es ist viel zuviel über sie enthüllt worden, und für die Firma steht viel zuviel auf dem Spiel.«
»Und was ist mit diesem Briefing?«
»Sie machen sich Sorgen wegen der Fusion, ganz wie Sie anfangs vermuteten. Sie wollen verhindern, daß die Übernahme im letzten Moment durch plötzliche Veränderungen platzt. Deshalb ist Ihre Anwesenheit beim morgigen Briefing mit Johnson so erwünscht – alles soll ganz normal aussehen. Anfang nächster Woche wird Johnson dann, wie es ihre Versicherung für den neuen Job fordert, ärztlich untersucht. Bei der Unte r suchung wird man ernste gesundheitliche Probleme entdecken – möglicherweise sogar Krebs –, die einen bedauerlichen Wechsel im Management erforderlich machen werden.«
»Ich verstehe.«
Er trat ans Fenster und sah hinaus auf die Stadt. Die Wolken hingen jetzt höher und wurden hier und da von der Abendsonne durchbrochen. Er holte tief Luft.
»Und wenn ich an dem Briefing nicht teilnehme?«
»Die Entscheidung liegt bei Ihnen, aber an Ihrer Stelle würde ich mitziehen«, sagte Fernandez. »Sie haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem Sie die Firma wirklich kaputtmachen könnten. Nur – welchen Sinn hätte das?«
Er atmete noch einmal tief durch. Langsam begann er sich besser zu fühlen.
»Ihrer Ansicht nach ist die Sache also vorbei?« fragte er schließlich.
»Ja. Es ist vorbei, und Sie haben gewonnen. Sie haben es geschafft. Herzlichen Glückwunsch, Tom!«
Sie schüttelte ihm die Hand.
»Mein Gott!« sagte Sanders.
Fernandez stand auf. »Ich setze jetzt eine schriftliche Übe r einkunft auf, die eine Zusammenfassung meines Gesprächs mit Blackburn sowie eine genaue Darlegung Ihrer Optionen enthält, und werde sie ihm in einer Stunde zur Unterschrift vorlegen. Sobald er unterzeichnet hat, rufe ich Sie an. Ich empfehle Ihnen, sich in der Zwischenzeit auf die Sitzung morgen vorzubereiten, soweit das nötig ist, und sich ein bißchen wohlverdiente Ruhe zu gönnen. Wir sehen uns morgen.«
»Okay.«
Nur ganz allmählich wurde ihm bewußt, daß alles vorüber war. Wirklich vorüber. Die neue Situation war so schnell und so vollständig eingetreten, daß er nur sehr verlangsamt reagieren konnte.
»Nochmals: Herzlichen Glückwunsch!« sagte Fernandez, schloß ihren Aktenkoffer und ging.
G egen 18 Uhr war er wieder in seinem Büro. Cindy wollte gerade nach Hause gehen; sie fragte, ob er sie noch brauche, und er sagte nein. Als er allein war, setzte er sich an seinen Schreibtisch und blickte eine Zeitlang aus dem Fenster, sah zu, wie die Sonne unterging, kostete den Abschluß dieses Tages aus. Durch die offenstehende Tür beobachtete er die Leute, die über den Gang eilten, sich auf den Heimweg machten. Schließlich rief er bei seiner Frau in Phoenix an, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, aber es war besetzt.
Es klopfte. Sanders blickte auf und sah Blackburn an der offenen Tür stehen. Er wirkte ziemlich kleinlaut. »Hast du eine Minute Zeit?«
»Klar.«
»Ich möchte dir nur noch einmal ganz privat sagen, wie sehr mir das alles leid tut. Unter dem Druck derart komplexer betrieblicher Probleme können die menschlichen Werte schon einmal verlorengehen, auch wenn man das nach Kräften zu verhindern sucht. Auch wenn es unsere Absicht ist, jedem gegenüber
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