Enthüllung
das Telefon war auf die Fensterbank gefallen –, gefolgt von lautem Ra u schen.
Wieder das Stoffrascheln. Dann herrschte Stille. Ein Grunzgeräusch. Rascheln.
Während er lauschte, versuchte er die dazugehörigen Han d lungen im Gedächtnis zu rekonstruieren. In diesen Sekunden waren sie wohl zur Couch hinübergetaumelt, denn jetzt klangen die Stimmen leiser und waren weniger deutlich zu verstehen als zuvor. Er hörte sich sagen: »Meredith, warte –«
»O Gott!« sagte sie. »Den ganzen Tag habe ich schon Lust auf dich.«
Es raschelte wieder. Schweres Atmen war zu hören. Sanders wußte nicht mehr genau, was zu diesem Zeitpunkt geschehen war. Meredith stöhnte auf. Es raschelte.
»O Gott, du fühlst dich so gut an, ich ertrage es nicht, wenn der Dreckskerl mich anfaßt. Diese blöde Brille! Oh, ich bin so geil, ich hatte schon so lange keinen ordentlichen Fick mehr –«
Rascheln. Störungsrauschen. Rascheln. Das Rascheln wurde stärker. Sanders betrachtete das sich bewegende Tonband und hörte, mittlerweile ziemlich enttäuscht, zu. Es fielen ihm einfach keine Bilder zu diesen Geräuschen ein – und er war doch selbst dabeigewesen. Dieses Band würde niemanden überzeugen. Es bestand vorwiegend aus unerklärlichen Geräuschen, unterbr o chen von langen Phasen der Stille.
»Warte, Meredith …«
»Oooh! Sag nichts! Nein! Nein!« Er hörte sie abgehackt keuchen.
Dann wieder Stille.
»Das reicht«, sagte Fernandez.
Sanders legte den Recorder auf den Tisch und schaltete ihn kopfschüttelnd aus.
»Über das, was wirklich passiert ist, sagt diese Aufnahme nicht das geringste aus.«
»Sie sagt genug aus«, versicherte ihm Fernandez. »Und m a chen Sie sich nur keine Sorgen wegen der Beweise. Das ist meine Aufgabe. Aber haben Sie Johnsons erste Sätze gehört?« Sie warf einen Blick auf ihren Notizblock. »Die Stelle, an der sie sagt: ›Den ganzen Tag habe ich schon Lust auf dich‹? Und dann sagt sie: ›O Gott, du fühlst dich so gut an, ich ertrage es nicht, wenn der Dreckskerl mich anfaßt. Diese blöde Brille, oh, ich bin so geil, ich hatte schon so lange keinen ordentlichen Fick mehr.‹ Haben Sie diese Passage gehört?«
»Ja.«
»Gut. Von wem spricht sie da?«
»Von wem sie spricht?«
»Ja. Wer ist der Dreckskerl, dessen Berührung sie nicht e r trägt?«
»Ihr Mann wahrscheinlich«, sagte Sanders. »Wir hatten kurz vorher über ihn gesprochen. Das war, bevor das Tonband ins Spiel kam.«
»Sagen Sie mir, was vorher gesprochen wurde!«
»Also, Meredith beklagte sich darüber, daß sie ihrem Mann Unterhalt bezahlen muß, und dann sagte sie, ihr Mann sei mies im Bett. Sie sagte: ›Ich hasse Männer, die nicht wissen, was sie tun.‹«
»Sie glauben also, daß sich ›Ich ertrage es nicht, wenn der Dreckskerl mich anfaßt‹ auf ihren Mann bezieht?«
»Ja.«
»Ich nicht«, sagte Fernandez. »Die beiden sind schon seit Monaten geschieden. Es war eine sehr schlimme Scheidung. Der Mann haßt sie. Er hat jetzt eine Freundin; mit dieser Frau ist er nach Mexiko geflogen. Ich glaube nicht, daß sie ihren Mann meint. Aber wen meint sie dann?«
»Keine Ahnung«, sagte Sanders. »Es könnte praktisch jeder sein.«
»Ich glaube nicht, daß es einfach irgendwer ist. Hören Sie es sich noch mal an. Achten Sie auf den Klang ihrer Stimme.«
Sanders spulte das Band zurück und hielt sich das Gerät wieder dicht ans Ohr. Als er es auf den Tisch zurücklegte, sagte er: »Sie klingt fast wütend.«
Fernandez nickte. »Aufgebracht – so würde ich es bezeichnen. Da ist sie mit Ihnen zugange und spricht plötzlich von einem anderen. ›Der Dreckskerl‹, sagte sie. Es ist fast so, als wollte sie jemandem etwas heimzahlen. Genau in diesem Augenblick hat sie das Gefühl, mit diesem Menschen quitt zu sein.«
»Ich weiß wirklich nicht«, sagte Sanders. »Meredith redet viel. Sie hat schon immer über andere Leute getratscht. Über ehemalige Freunde und so weiter. Sie ist alles andere als romantisch.«
Er erinnerte sich, wie sie einmal in seiner Wohnung in Su n nyvale miteinander im Bett gelegen hatten, entspannt und voller Wohligkeit. Sonntagnachmittag, von der Straße her klang Kinderlachen zu ihnen herein. Seine Hand lag auf ihrem Schenkel, spürte den Schweiß. Da sagte sie plötzlich ganz versonnen: »Weißt du, ich war mal mit einem Norweger zusammen, der hatte einen krummen Schwanz. Krumm wie ein Säbel, so zur Seite gebogen, weißt du, und der –«
»Meredith! Also wirklich!«
»Was ist denn? Das
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