Enthüllung
zwar alle mächtig ins Zeug gelegt, damit du an die Luft gesetzt wirst, aber daß es wirklich passiert, hätten wir nicht für möglich gehalten.«
»Ich weiß eure Anteilnahme zu würdigen«, erklärte Sanders. »Aber es ist Garvins Unternehmen, und er kann damit machen, was er will. Seine Maßnahmen haben sich weitaus häufiger als richtig denn als falsch erwiesen. Und ich bin schon ein großer Junge. Niemand hat mir irgendwas versprochen.«
»Kommst du damit wirklich klar?« fragte Lewyn.
»Ich komme damit klar, du kannst es mir glauben.«
»Hast du mit Garvin gesprochen?«
»Ich habe mit Phil gesprochen.«
Lewyn schüttelte den Kopf. »Dieses scheinheilige Arsc h loch.«
»Sag mal«, schaltete Cherry sich ein, »hat Phil eigentlich irgendwas über den Spin-off erwähnt?«
»Ja«, antwortete Sanders. »Der Spin-off findet statt. Zwölf Monate nach der Fusion werden sie die Aktienneuemission vorbereiten, und die Abteilung geht an die Börse.«
Alle um den Tisch Sitzenden nickten. Sanders sah, daß sie erleichtert waren. Der Gang an die Börse bedeutete für jeden der Anwesenden eine Menge Geld.
»Und was hat Phil über Ms. Johnson gesagt?« erkundigte sich Cherry.
»Nicht viel. Nur daß Garvin sich eben für sie als Leiterin der technischen Seite entschieden hat.«
In diesem Augenblick betrat Stephanie Kaplan, DigiComs Leiterin Finanzen, den Raum. Diese große, sehr stille Frau mit dem frühzeitig ergrauten Haar war in der Firma auch unter der Bezeichnung Stephanie Heimlich beziehungsweise ab der »heimliche Bomber« bekannt – wobei der zweite Spitzname sich auf ihre Angewohnheit bezog, still und heimlich Projekte sterben zu lassen, die sie für nicht ausreichend profitabel erachtete. Kaplan arbeitete in Cupertino, kam normalerweise jedoch einmal im Monat zu den Abteilungsmeetings nach Seattle. In letzter Zeit war sie häufiger hiergewesen.
»Wir versuchen gerade, Tom ein bißchen aufzumuntern, Stephanie«, sagte Lewyn.
Kaplan setzte sich und lächelte Sanders mitfühlend an, ohne etwas zu sagen.
»Wußten Sie , daß Meredith Johnson den Posten bekommen würde?« fragte Lewyn sie.
»Nein. Das war für jeden eine Überraschung. Und nicht jeder ist glücklich darüber.« Als hätte sie bereits zuviel gesagt, öffnete sie ihren Aktenkoffer, kramte in ihren Unterlagen herum und trat wie üblich rasch in den Hintergrund; die anderen nahmen sie bald nicht mehr wahr.
»Tja«, sagte Cherry, »wie ich höre, hat Garvin einen richtigen Narren an ihr gefressen. Diese Johnson arbeitet erst seit vier Jahren bei uns und hat nichts Außergewöhnliches geleistet. Aber Garvin hat sie unter seine Fittiche genommen. Vor zwei Jahren fing er an, sie in einem Affentempo nach oben zu hieven. Aus irgendeinem Grund hält er diese Johnson für genial.«
»Bumst er sie?« fragte Lewyn.
»Nein, er mag sie einfach so.«
»Mit irgend jemandem muß sie doch bumsen.«
»Augenblick mal!« warf Mary Anne Hunter ein. »Wenn Garvin irgendeinen Typen von Microsoft als Abteilungsleiter angeschleppt hätte, hätte kein Mensch gesagt, der muß doch irgendwen bumsen!«
Cherry lachte auf. »Käme drauf an, um wen es sich dabei handeln würde!«
»Ich meine es ernst. Warum glauben alle, daß eine Frau, die befördert wird, sich hochgeschlafen hat?«
»Paß mal auf«, sagte Lewyn. »Wenn sie Ellen Howard von Microsoft anschleppen würden, brauchten wir diese Unterha l tung nicht zu führen, weil wir alle wissen, daß Ellen überaus kompetent ist. Es würde uns nicht passen, aber wir würden es akzeptieren. Meredith Johnson dagegen kennen wir nicht mal. Oder kennt die hier vielleicht einer?«
»Also, ja, ich kenne sie«, sagte Sanders.
Alles schwieg.
»Ich war mal mit ihr befreundet.«
»Dann bist also du derjenige, der sie bumst!« rief Cherry lachend.
Sanders schüttelte den Kopf. »Ist schon Jahre her.«
»Wie ist sie denn so?« erkundigte sich Mary Anne.
»Genau!« sagte Cherry mit laszivem Unterton. »Wie ist sie denn so?«
»Halt’s Maul, Don!«
»Reg dich ab, Mary Anne!«
»Als ich mit ihr zusammen war, arbeitete sie bei Novell«, sagte Sanders. »Sie war damals ungefähr 25. Sehr intelligent und ehrgeizig.«
»Intelligent und ehrgeizig«, sagte Lewyn. »Das ist wirklich gut. Die ganze Welt ist voll von Intelligenten und Ehrgeizigen. Clarence Thomas ist auch intelligent und ehrgeizig. Die Frage ist nur, ob sie eine technische Abteilung leiten kann, oder ob wir es hier mit einem zweiten ›Brüller‹ Freeling zu
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