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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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beschrieb er kurz die morgendliche Sitzung und schilderte seine daraus resultierende Demütigung. Dann berichtete er von dem Streit mit Meredith und dem Gespräch mit Phil Blackburn. Er erwähnte das Ang e bot einer Versetzung und die Tatsache, daß ihm durch eine Versetzung die Vergünstigungen des Kursgewinns verlore n gingen. Schließlich schilderte er noch, wie er zu dem Entschluß gekommen war, rechtlichen Beistand zu suchen.
    Fernandez stellte ihm noch einige weitere Fragen und schrieb fleißig mit. Dann schob sie den gelben Notizblock zur Seite. »Gut. Ich denke, ich weiß jetzt genug, um mir ein Bild machen zu können. Sie fühlen sich zurückgesetzt und hintergangen. Und nun wollen Sie wissen, ob es sich in Ihrem Fall um sexuelle Belästigung handelt.«
    »Ja«, sagte er nickend.
    »Also: Es ließe sich darüber streiten. Es wäre ein Fall fürs Schwurgericht, und wir wissen nicht, was passieren würde, wenn wir vor Gericht gingen. Aber angesichts dessen, was Sie mir hier geschildert haben, muß ich Ihnen sagen, daß Ihre Aussichten nicht gut stehen.«
    Sanders war schockiert. »Das darf doch nicht wahr sein!«
    »Ich habe die Gesetze nicht gemacht. Ich sage es Ihnen ganz offen, um Ihnen alle Informationen zu geben, die Sie für einen Entschluß brauchen. Ihre Situation ist nicht günstig, Mr. Sanders.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück und begann, einige der Papiere, die auf dem Schreibtisch lagen, in ihren Aktenkoffer zu stopfen. »Ich habe nur noch fünf Minuten Zeit, aber ich möchte Ihnen noch rasch erklären, was sexuelle Belästigung, rechtlich betrachtet, eigentlich ist. Viele Klienten sind sich darüber nämlich nicht im klaren. Seit Mitte der 80er Jahre gibt eine Behörde für die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz Richtlinien heraus, die durch das Präzedenzrecht weiter spezifiziert werden. Die Definitionen sind ziemlich eindeutig. Damit eine Klage der Definition von sexueller Belästigung entspricht, muß sie dem Gesetz zufolge drei Elemente beinhalten. Erstens muß es sich um sexuelles Verhalten handeln. Das bedeutet, daß beispiel s weise ein unanständiger oder geschmackloser Witz nicht unter sexuelle Belästigung fällt, auch wenn ein Zuhörer ihn als anstößig empfindet. Das jeweilige Verhalten muß sexueller Natur sein. Aus dem zu schließen, was Sie mir erzählt haben, kann es in Ihrem Fall keinen Zweifel an dem Vorhandensein eines eindeutig sexuellen Elements geben.«
    »Okay.«
    »Zweitens muß das jeweilige Verhalten unerwünscht sein. Die Gerichte unterscheiden zwischen freiwilligem und une r wünschtem Verhalten. So kann eine Person beispielsweise sexuelle Beziehungen zu einem Vorgesetzten unterhalten und dies offensichtlich freiwillig tun – niemand zwingt die Person dazu. Die Gerichte nehmen es den Angestellten jedoch ab, wenn sie sagen, sie glaubten, keine andere Möglichkeit gehabt zu haben, als einzuwilligen. Dann gehen die Gerichte davon aus, daß die sexuelle Beziehung nicht aus freien Stücken eingega n gen wurde – sie ist unerwünscht.
    Um zu entscheiden, ob ein Verhalten wirklich unerwünscht ist, sehen sich die Gerichte das dem Ereignis vorausgegangene Verhalten im weitesten Sinne an. Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am Arbeitsplatz sexuelle Witze gemacht und somit zu verstehen gegeben, daß er beziehungsweise sie solche Witze auch von anderen gerne hört? Fiel der oder die Ang e stellte in Gesprächen mit anderen Angestellten durch Anzü g lichkeiten oder sexuelles Geplänkel auf? Falls der oder die Angestellte eine intime Beziehung mit einem Vorgesetzten unterhielt, dann lauten die Fragen: Wurde der oder die Vorg e setzte zum Beispiel im Krankenhaus besucht beziehungsweise wurden mit ihr oder ihm Treffen außerhalb der Arbeitszeit vereinbart? Wurden Handlungen anderer Art vollzogen, die es nahelegen, daß der oder die Angestellte die Beziehung aktiv und willig aufrechterhielt? Des weiteren versucht das Gericht herauszufinden, ob der oder die Angestellte seinem oder seiner Vorgesetzten je gesagt hat, daß das entsprechende Verhalten unerwünscht sei, oder sich vor irgendeiner dritten Person über die Beziehung beklagt oder irgend etwas unternommen hat, um die unerwünschte Situation zu vermeiden. Diese Erwägung ist von zusätzlicher Bedeutung, wenn der oder die Angestellte eine hochrangige Position einnimmt und dadurch mutmaßlich mehr Freiheit hat, dem eigenen Wunsch entsprechend zu handeln.«
    »Aber ich habe niemandem davon erzählt.«
    »Nein. Und ihr

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