Enthüllung
haben Sie auch nichts gesagt. Zumindest nichts Eindeutiges, soweit ich das beurteilen kann.«
»Ich hatte das Gefühl, mir das nicht leisten zu können«, e r widerte Sanders.
»Das ist mir klar. Aber es stellt ein Problem für Ihren Fall dar. Also, das dritte Element sexueller Belästigung ist die Diskr i minierung auf sexueller Basis, meist nach dem Prinzip Quid pro quo – sexuelle Gefälligkeit wird mit Gegenleistungen in Form des Arbeitsplatzerhaltes oder einer Beförderung vergütet. Die dahinterstehende Bedrohung kann ausdrücklich oder stil l schweigend zu verstehen gegeben worden sein. Sie sagten, glaube ich, Ihrer Ansicht nach hat Ms. Johnson die Möglichkeit, Sie zu entlassen?«
»Ja.«
»Wie sind Sie zu dieser Ansicht gelangt?«
»Phil Blackburn erzählte es mir.«
»Ausdrücklich?«
»Ja.«
»Und Ms. Johnson selbst? Hat Sie Ihnen irgendein Angebot gemacht, das mit Sex verbunden war? Hat sie im Lauf des Abends in irgendeiner Weise erwähnt, daß sie die Möglichkeit besitzt, Sie zu feuern?«
»Nicht so deutlich, aber es lag in der Luft. Ja, es lag die ganze Zeit über in der Luft.«
»Woher wußten Sie das?«
»Sie sagte zum Beispiel sinngemäß: ›Solange wir miteinander arbeiten, dürfen wir ruhig auch ein bißchen Spaß haben.‹ Und sie sprach davon, daß wir uns auf gemeinsamen Geschäftsreisen nach Malaysia ein paar schöne Tage machen würden und so weiter.«
»Und das interpretierten Sie als eine unausgesprochene B e drohung Ihres Arbeitsplatzes?«
»Meiner Interpretation nach bedeutete es: Wenn ich mit ihr gut stehen wollte, dann hatte ich ihr gefälligst zu Willen zu sein.«
»Und das wollten Sie nicht?«
»Nein.«
»Haben Sie ihr das gesagt?«
»Ich sagte ihr, daß ich verheiratet bin und daß sich zwischen uns alles geändert habe.«
»Nun, dieser Wortwechsel allein würde in den meisten Fällen wahrscheinlich ausreichen, Ihre Prozeßaussichten zu verbessern – wenn es Zeugen dafür gäbe.«
»Es gibt aber keine.«
»Nein. Es gibt jedoch noch eine letzte Möglichkeit, wenn nämlich das besteht, was wir feindselige Arbeitsatmosphäre nennen. Normalerweise beruft man sich darauf in Situationen, in denen ein Individuum durch ein ganzes Muster von Vorfällen belästigt wurde, von denen jeder für sich betrachtet mögl i cherweise nicht sexuell angehaucht ist, die als Ganzes jedoch eine auf dem Geschlechtsunterschied basierende Belästigung darstellen. Ich denke allerdings nicht, daß Sie aufgrund dieses einmaligen Vorfalls von einer feindseligen Arbeitsatmosphäre sprechen können.«
»Ich verstehe.«
»Leider ist der Vorfall, den Sie beschreiben, bei weitem nicht so eindeutig, wie er klingt. Wenn er eindeutiger wäre, könnte man den zusätzlichen Nachweis einer Belästigung führen, zum Beispiel wenn Sie gefeuert worden wären.«
»Letzten Endes haben sie mich doch gefeuert«, sagte Sanders. »Ich muß die Abteilung verlassen und kann nicht von dem Kursgewinn profitieren.«
»Ja, schon. Aber das Angebot der Firma, Sie zu versetzen, macht die Sache komplizierter. Die Firma kann nämlich argumentieren – und zwar sehr erfolgreich, wie ich meine –, daß sie Ihnen nicht mehr schuldig ist als eine solche Versetzung. Daß sie Ihnen nie das goldene Ei in Form eines Spin-offs versprochen hat. Daß ein solcher Spin-off in jedem Fall eine spekulative Angelegenheit ist, die sich irgendwann in der Zukunft zutragen soll, sich unter Umständen jedoch niemals ereignet. Daß die Firma nicht verpflichtet ist, Sie für Ihre Hoffnungen zu entschädigen – für eine vage Erwartung einer möglicherweise niemals Realität werdenden Zukunft. Und deshalb wird die Firma sich auf den Standpunkt stellen, daß eine Versetzung durchaus akzeptabel ist und Sie sich unvernünftig verhalten, wenn Sie das Angebot ablehnen. Daß Sie letzten Endes kündigen und nicht gefeuert werden. Und damit läge die Beweislast wieder bei Ihnen.«
»Das ist doch lächerlich.«
»Nein, ganz und gar nicht. Nehmen wir einmal an, Sie würden herausfinden, daß Sie Krebs im Endstadium haben und in sechs Monaten sterben müssen. Wäre die Firma dann verpflichtet, die Erlöse aus dem Spin-off an Ihre Hinterbliebenen auszuzahlen? Eindeutig nein. Wenn Sie zu dem Zeitpunkt in der Firma arbeiten, zu dem sie ausgegliedert wird, sind Sie dabei. Wenn nicht, dann nicht. Eine weitergehende Verpflichtung besteht für das Unternehmen nicht.«
»Wollen Sie damit sagen, daß ich ebensogut Krebs haben könnte?«
»Nein, ich will
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