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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Y-Straße.“
    „Wenn das Schicksal wünscht, daß meine Zukunft an einem Rohrdampfkessel hängt, werde ich den Rohrdampfkessel besichtigen!“ rief ich entschlossen aus. Zwanzig Minuten später war ich in der Y-Straße.
    Ich betrat eine große industrielle Anlage. In der pompösen sechseckigen Vorhalle mit einer Fülle von Marmor und Schmiedeeisen musterte mich voll Interesse ein Türhüter, der hinter einem gewaltigen Tisch saß, und fragte dann: „Dampfkessel?“
    „Dampfkessel!“ antwortete ich.
    „Dampfkessel!“ sagte der Türhüter ins Telephon.
    „Dampfkessel?“ erkundigte sich ein junger Mann, der kurz darauf aus einer Glastür kam und mich betrachtete.
    „Dampfkessel!“ bestätigte ich und folgte ihm.
    „Dampfkessel“, erklärte der junge Mann, der einen gestrengen Herrn an einem gewaltigen Schreibtisch auf mich aufmerksam machte.
    Der gestrenge Herr erhob sich und schritt rfiir voran. Ich folgte ihm in einen großen Saal, an dessen Wand riesige eiserne Geräte befestigt waren, deren gigantische runde Deckel, die von der Wand herabdräuten, auf ihre zylindrische Form schließen ließen. „Dampfkessel“, erklärte der Herr, indem er auf den dritten Deckel wies.
    Aufmerksam betrachtete ich das Gerät, berührte einige Hähne und öffnete eine gewaltige Sparherdtür.
    „Vergangenes Jahr mit neuen Rohren versehen, ausgezeichneter Zustand, sechsunddreißigtausend bar“, erläuterte der Herr.
    Ich nickte zum Zeichen der Billigung energisch mit dem Kopf. Meines Erachtens bedeuteten sechsunddreißigtausend Lire keinen übertrieben hohen Preis für ein so gewaltiges Ding, wenn man bedenkt, daß ein Aluminiumkochtopf auch seine vierzig Lire kostet. „In Ordnung“, bemerkte der gestrenge Herr abschließend.
    In diesem Augenblick erschien, von dem jungen Angestellten begleitet, in höchster Eile ein sehr distinguierter, etwa fünfundvierzig-jähriger, graugekleideter Herr.
    Er sah den Dampfkessel und rief: „Ich nehme ihn!“
    „Bedaure sehr“, bemerkte der gestrenge Herr, „aber ich bin schon mit diesem Herrn handelseinig. Er nimmt ihn für sechsunddreißigtausend.“
    „Vierzigtausend!“ rief der distinguierte Fünfundvierzigjährige aus, „vierzigtausend, aus, Schluß, aus!“
    „Unsere Firma steht zu ihrem Wort“, erklärte der gestrenge Herr. Der Fünfundvierzigjährige betrachtete den Dampfkessel lange und voll Zorn, dann wendete er sich plötzlich an mich. „Achtunddreißigtausend!“ rief er aggressiv.
    „Vierzigtausend“, antwortete ich, sobald ich der Sprache wieder mächtig war.
    „Neununddreißig“, sagte der distinguierte Fünfundvierzigjährige abschließend und zog das Scheckbuch.
    „Der Einfachheit halber“, mengte der gestrenge Herr sich ein, „zahlen Sie dem Herrn dreitausend in bar und geben uns über die sechsunddreißig einen Wechsel.“
    Brüsk wurden mir drei Tausend-Lire-Noten überreicht. Ich grüßte höflich und ging.
    Nach dem Verlassen der Anlage beschloß ich, das Ereignis zu feiern, indem ich mir ein Taxi nahm. Auf meinen Wink hielt ein Taxi vor mir. In diesem Augenblick rief hinter mir eine kräftige Stimme: „Taxi! Taxi!“
    „Ich bin schon von diesem Herrn engagiert“, erklärte der Chauffeur und klappte das Fähnchen herunter.
    „Verflucht!“ sagte die Stimme.
    Ich drehte mich um und sah den distinguierten Fünfundvierzigjährigen, der soeben aus der Anlage gekommen war.
    „Ah, um so besser!“ rief der Fünfundvierzigjährige erfreut, „Sie sind es! Stört es Sie, wenn wir die Fahrt gemeinsam machen? Sie fahren zum Domplatz?“
    „Ja.“
    Wir stiegen ins Taxi.
    „Handeln Sie mit Dampfkesseln?“ fragte er.
    „Nein, ich bin Journalist“, antwortete ich.
    Der Fünfundvierzigjährige fand das ganz natürlich.
    „Ein schöner Beruf!“ sagte er.
    Auf dem Domplatz protestierte der distinguierte Fünfundvierzigjährige, als ich die Börse zog.
    „Das fehlte noch! Sie haben mir den Vortritt gelassen, und da wollen Sie auch noch zahlen?! Nicht einmal im Traum! Kommen Sie, trinken wir einen in der Galerie!“
    Ich durfte nicht einmal den „einen“ bezahlen; der distinguierte Fünfundvierzigjährige ging mit der Hand in der Tasche entschlossen an die Kasse.
    „Verwünscht!“ rief er ärgerlich. „Ich sitze auf dem Trocknen. Ich hatte einige tausend Lire in der Tasche, aber ich habe ein unvorhergesehenes Geschäft abgeschlossen. Und jetzt komme ich nicht mehr rechtzeitig zur Bank!“
    „Darf ich?“ fragte ich lächelnd und zog die

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