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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Peltzner zufrieden. »Die Hälfte hole ich mir von Anna wieder! Und er kommt nicht wieder, dieser Gigolo?«
    »Unter Garantie nicht! Er fährt morgen schon nach Italien.«
    »Ist er nicht ein kluger Mann?« lachte Monique und küßte Hartung.
    Das war ein kleiner Augenblick, in dem sich Dr. Hartung schäbig vorkam. Er hatte Peltzner um 30.000 Mark betrogen. Aber dann tröstete er sich mit dem Gedanken, daß es ja in Wahrheit Giselas Geld sei und daß hier vor ihm ein Mann saß, der aus Geldgier das gemeinste Verbrechen auf sich geladen hatte: einen Menschen unter Irren zu begraben.
    Dr. Budde hatte unterdessen in Kairuan alles geregelt. Freund Paul Burkhs von der staatlichen Teppichknüpferei hatte ein Hotelzimmer besorgt. Nicht in Kairuan, sondern in einer Oase, die Sabria hieß und südlich des Salzsees Schott Djerid lag. Ein winziger Wüstenort mit Nomaden und Kamelen, und das Hotelzimmer war ein leidlich sauberer Raum in einer Karawanserei, einem aus Lehm gebauten großen Gebäude am Rand der Wüste, in dem die Kamelkarawanen übernachteten.
    »Hier seid ihr sicher«, hatte Paul Burkhs geschrieben. »Der Caid von Sabria ist einer meiner Teppichlieferanten. Er wird euch mit allem versorgen. Trotz allem habe ich Bedenken, ob das, was du da unternehmen willst, auch richtig ist!«
    Als Dr. Hartung die 30.000 Mark brachte, bestellte Dr. Budde sofort die Flugkarten für sich und Gisela Peltzner. Er mußte weit vorbuchen, da die Kursmaschinen durch Winterurlauber ausverkauft waren, die aus dem kalten Norden in die ewige Sonne Afrikas flüchteten.
    »Am 9. Januar«, sagte Dr. Budde, als er den endgültigen Termin von der Fluggesellschaft erhielt. »Von Frankfurt nach Marseille, von Marseille nach Tunis.« Er schluckte und wischte sich über die Augen. »Nun ist es soweit … am 9. Januar …«
    »Es ist ein Freitag …«
    »Ich bin nicht abergläubisch!«
    Dr. Hartung zog seinen Krawattenknoten tiefer und öffnete den Hemdkragen. Die Unabwendbarkeit des Geschehens machte nun auch ihn nervös. Dann griff er nach dem Telefon und drehte eine Nummer.
    »Ja, hier Hartung. Guten Abend, Herr Pade.« Er steckte sich eine Zigarette an und blies den Rauch in die Sprechmuschel. »Am 9. Januar …«
    Auf der anderen Seite klickte es. Dr. Pade hatte wortlos aufgelegt. Hartung legte den Hörer zurück.
    »Es nimmt ihn sehr mit«, sagte er langsam. »Er ist ein verdammt anständiger Bursche, der Pade. Wenn ich bedenke, was ihm noch bevorsteht …«
    *
    Die Weihnachtsfeier in der Klinik war ergreifend. Der Chor sang, das Weihnachtsspiel rollte ohne Zwischenfälle ab. Monika Durrmar als Maria war wie eine Märchengestalt. Ihre Verklärung war echt. Professor v. Maggfeldt hatte wieder recht gehabt … sie lebte sich so in die Mutterrolle hinein, daß ihr sexuell gefärbter religiöser Wahnsinn sich auflöste in einen Mutterkomplex, der ihr Wesen völlig veränderte und sie sanft und still werden ließ.
    Von allen Seiten waren die Geschenkpakete gekommen. Sie durchliefen eine peinliche Kontrolle. Alles Scharfe wurde herausgenommen, alle Schachteln und liebevoll gepackten Umhüllungen untersucht. Auch Gisela hatte Geschenke erhalten. Von Dr. Budde ein Album mit Bildern ihrer herrlichen Wochen auf Norderney, dazu einen Ring mit einem Goldtopas. Die Kontrolle ließ ihn ihr, da bei ihr nicht die Gefahr bestand, daß sie den Ring verschluckte. Auch Ewald Peltzner hatte sich nicht lumpen lassen. Eine schwere goldene Uhr, die man als Anhänger um den Hals tragen konnte. Dazu einen Brief, triefend von Hohn, aber für den Unwissenden klingend wie echtes Bedauern und tiefste Anteilnahme. Anna Fellgrub schickte nichts. Von Heinrich kam ein Brief … kurz, schuldbeladen, ein Gestammel nichtssagender Floskeln.
    An Silvester saß Gisela mit den Schwestern im Gemeinschaftssaal und trank einen Punsch. Als die Uhr das neue Jahr anzeigte, als die Glocken schwangen und von der Stadt herüber das Silvesterschießen dröhnte, krampfte sich ihr das Herz zusammen. Noch neun Tage, dachte sie. Dann soll ich frei sein. Dann bin ich wieder ein Mensch. Noch neun Tage …
    Die Schwestern wünschten sich untereinander Glück, im Pavillon 11 schlug die große Stunde der Generalswitwe … Blüchers Rheinübergang jährte sich wieder. Es war der Tag, an dem sie in Verzückung fiel und nur durch Truxal gedämpft werden konnte. Die russische Fürstin sang ein Petersburger Neujahrslied und ritt dann auf einem Stuhl durch das Zimmer. Bei den Alkoholikern war ein Sitzstreik

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