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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Injektionsnadel. »Unser Sorgenkind wird jetzt ruhiger werden.«
    Pade sah durch das Fenster in das hellerleuchtete Zimmer. Monika Durrmar lag in ihrem blauen Mariengewand auf dem Bett. Sie war ganz ruhig und lächelte. Die Hände hatte sie über dem Leib gefaltet. Sie fühlte sich schwanger.
    Der erste Erfolg für ihre zerstörte Seele war erreicht.
    »Haben Sie mit Klaus gesprochen?«
    Es war der erste Satz, den Gisela sprach, als Dr. Pade zu ihr ins Zimmer kam. Sie waren allein.
    »Ja«, sagte er. »Lange …«
    Gisela sprang aus dem Bett und schlüpfte in den seidenen Morgenmantel. Ihr langes goldenes Haar war hochgesteckt und machte ihr Gesicht noch schmaler und zerbrechlicher. Wie aus altchinesischem Porzellan, dachte Dr. Pade. Wenn sie in der Sonne steht, müßte man durch sie hindurchsehen können.
    »Wie soll ich Ihnen danken!« sagte Gisela. Sie streckte Pade beide Hände entgegen. »Sie sind mein einziger Halt in dieser Hölle. Sie sind das einzige Wesen, das mir immer wieder bestätigt: Du bist gesund! Du bist nicht irr! Glauben Sie mir, manchmal zweifle ich selbst daran …«
    »Ich soll Sie von Dr. Budde herzlich grüßen«, sagte Dr. Pade. »Er hat Sie nicht vergessen. Er wartet auf Sie …«
    »Er wartet …« Gisela senkte den Kopf. Warten? dachte sie. Warum unternimmt er nichts? Warum läßt er mich hier? Warum schreit er das Verbrechen nicht in die Welt hinaus? Warten … das ist ein billiger Trost.
    »Worauf wartet er?« fragte sie bitter. Ihre Stimme erstickte in Tränen.
    »Auf Sie!« sagte Dr. Pade laut.
    Ihr Kopf flog hoch. In ihren Augen brannte eine Frage, mit Unverständnis gepaart.
    »Was heißt das …?«
    »Dr. Budde hat alles unternommen, was man nur unternehmen konnte. Aber seine Beweise reichen nicht aus! Die fachärztlichen Gutachten, die vorliegen … Und das Obergutachten von Professor v. Maggfeldt …«
    »Sie alle halten mich für verrückt …«
    »Ja! Und es wird schwer sein, die Gutachten widerrufen zu lassen. Es ist fast aussichtslos! Das haben wir alle eingesehen …«
    »Wir?« fragte Gisela kaum hörbar.
    »Dr. Budde, sein Rechtsanwalt und Freund Dr. Hartung und … und … ich!«
    »Sie … Sie wollen mir helfen …?«
    Es klopfte an der Tür. Die Schwester kam mit dem Nachmittagskaffee. Dr. Pade steckte seine Hände in die Taschen seines Kittels.
    »Sie werden verlegt, Fräulein Peltzner«, sagte er nüchtern. »Nach Pavillon 23. Ein schönes, großes, sonniges Zimmer mitten im Park. Bereiten Sie alles zum Umzug vor, Schwester … in einer Stunde hole ich Fräulein Peltzner ab.«
    Erstaunt sah Gisela den Oberarzt über den Rücken der Schwester an, die den Tisch deckte. Er nickte ihr kurz zu. Keine Angst, hieß dieses kurze Zeichen. Es wird alles gut werden.
    Ihr Zimmer war groß und hell und hatte ein breites Fenster hinaus zum Park und zu der hohen Mauer, die etwa zwanzig Meter vor ihr den Blick in die Weite des Landes versperrte.
    Es dauerte bis zum Abend, ehe Dr. Pade wiederkommen konnte. Drei schwierige Neuzugänge hatten ihn aufgehalten, außerdem hatte er den Chef vertreten müssen. Professor v. Maggfeldt war zu einer Pressekonferenz in die Stadt gefahren.
    Als Pade Giselas Zimmer betrat, saß sie am geschlossenen Fenster, vor das man die Läden geklappt hatte. Sie starrte gegen das grüngestrichene Holz, und er sah, daß sie geweint hatte.
    »Aber, aber«, sagte Dr. Pade und strich ihr über die aufgelösten, langen goldenen Haare. »Wer wird denn jetzt schlappmachen? Haben Sie gar kein Vertrauen mehr zu uns?«
    »Was soll ich hier, Herr Oberarzt?« Gisela sprang auf. »Warum vergräbt man mich im hintersten Winkel der Anstalt?«
    »Weil die Mauer in der Nähe ist …«
    »Die – Mauer?«
    »Es kann sein, daß nachts jemand über die Mauer klettert, das Fenster öffnet und Sie mitnimmt. Möglich ist alles …«
    »Hat … hat Klaus … Ihnen …« Gisela starrte Dr. Pade ungläubig an. Dann lief ein Zittern durch ihren Körper. Sie umklammerte Pades Hände, die sie beruhigen wollten. »Kommt Klaus und holt mich heraus?« rief sie.
    »Wenn Sie so laut schreien, bestimmt nicht.« Dr. Pade drückte Gisela auf den Stuhl zurück. »Im übrigen weiß ich von nichts. Meine Aufgabe ist mit Ihrer Verlegung in Pavillon 23 erfüllt. Mehr darf ich nicht wissen …«
    »Und … wann … wann …« Gisela konnte nicht weitersprechen. Ihr Herz schlug ihr bis zur Kehle, sie hatte Mühe, den rasenden Wirbel in ihrer Brust zu dämpfen.
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht sagt

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