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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Maggfeldt.
    »Entführt! Jemand hat in der Nacht die Läden von außen entriegelt, denn von innen war das unmöglich. Dann hat er Fräulein Peltzner aus dem Zimmer geholt und ist über die Mauer ins Freie. Wir haben oben auf der Mauer Stücke einer Strickleitersprosse gefunden. Unten an der Mauer, auf der Straßenseite, fanden wir im Schnee einen Mantelknopf und einen Brief … Hier …«
    Dr. Pade legte einen abgerissenen Knopf und einen von der Schneenässe durchfeuchteten Brief auf den Tisch Maggfeldts. Es war das Schreiben, das Dr. Budde vor seiner Abfahrt in die Außentasche seines Mantels gesteckt hatte. Nach der gelungenen Befreiung hatte er es in einen Postkasten werfen wollen.
    Maggfeldt betrachtete das Kuvert, ohne es anzurühren.
    »An die Redaktion der ›Tagespost‹«, las er laut. »Was soll das?« Er wischte sich über die Augen.»Mein Gott, Pade … das ändert ja vieles! Entführt! Sind Sie sicher …«
    »Ganz sicher, Herr Professor.« Dr. Pade starrte auf die elektrische Uhr, die über Maggfeldts Kopf an der Wand hing. Jetzt müssen sie schon in Tunis sein, dachte er. In Sicherheit. Jetzt können wir alle Beweise auf den Tisch legen … man wird sie nicht mehr finden.
    »Die Schwestern trifft keinerlei Schuld, Herr Professor«, sagte er laut. »Sie haben alles zur Sicherung getan, wie jede Nacht. Gegen Eingriffe von außen können wir uns nicht schützen. Es muß ein lange vorbereiteter Plan gewesen sein …«
    »Dieser Dr. Budde …«, sagte Maggfeldt sinnend. Er sah den erregten und erschütterten jungen Mann vor sich und hörte seine bittende und verbissene Stimme: Sie ist gesund. Es ist ein Verbrechen, daß Gisela bei Ihnen ist …
    »An ihn dachte ich auch.« Oberarzt Dr. Pade hob den Telefonhörer ab. »Es kann gar kein anderer gewesen sein.«
    »Wen wollen Sie anrufen?« fragte Maggfeldt stockend.
    »Die Polizei! Und Herrn Peltzner. Es hat keinen Sinn, intern was zu unternehmen. Wir müssen an die Öffentlichkeit. Ich werde auch die gesamte Presse laden …«
    »Herr Pade …«, sagte Maggfeldt gequält.
    »Es geht nicht anders! Die Flucht nach vorn ist unsere einzige Ehrenrettung.«
    Professor v. Maggfeldt nickte und setzte sich schwer hinter seinen großen Schreibtisch.
    »Sie haben recht«, sagte er müde. »Dieses Mal sind wir die Opfer …«
    Zwei Stunden später war der große Aufenthaltsraum der Park-Klinik bis zum letzten Platz gefüllt. Pressevertreter, Kriminalbeamte und einige Herren der Gesundheitsbehörde, selbst Ewald Peltzner war erschienen. Während Oberarzt Dr. Pade die ersten Informationen an die Presse gab und die Kriminalpolizei noch mit der Spurensicherung beschäftigt war, saß Ewald Peltzner noch mit hochrotem Kopf im Chefzimmer und hieb mit beiden Fäusten auf den Schreibtisch.
    »Unerhört!« brüllte er unbeherrscht. »Eine Sauerei! Wie konnte das vorkommen? Wie stehe ich nun da! Gebe ich meine arme Nichte darum in Ihre Klinik, daß sie nachts gestohlen wird? Sie haben Ihre Aufsichtspflicht verletzt, Sie haben den Fall zu leicht genommen! Was soll nun geschehen? Wissen Sie, was es bedeutet, wenn eine Irre wie meine Nichte frei herumläuft …?«
    Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Daß Maggfeldt auf die Vorwürfe keine Antwort gab, kümmerte ihn nicht. Er hatte auch keine erwartet. Er mußte brüllen, er mußte explodieren … die Angst saß ihm würgend in der Kehle, und sie wurde er nur durch sein Geschrei los.
    Für Peltzner gab es keine Illusionen mehr. Solange Gisela hinter den dicken Mauern gelebt hatte, war er sicher. Ihre Anklagen wurden als Krankheitsmerkmale gedeutet, ihre Verzweiflung gehörte zum Bild ihres Irreseins. Aber jetzt, in der Freiheit, sah sich Peltzner einer Gisela gegenüber, die durch nichts mehr gehindert war, die volle Wahrheit hinauszuschreien. Daß sie es tun würde, war selbstverständlich. Ob man ihr glaubte, war abzuwarten. Die Sicherheit aber, in der sich Ewald Peltzner gewiegt hatte, war endgültig dahin. Ein Kampf ohne Gnade begann. Und Peltzner wußte, daß er die schlechteren Waffen hatte.
    »Was werden Sie unternehmen?« randalierte er und hieb wieder mit den Fäusten auf den Tisch. »Ich mache Sie persönlich für alles verantwortlich! Sie persönlich! Ich habe Ihnen meine Nichte anvertraut! Ich habe Ihnen ein Vermögen geschenkt, in der Hoffnung, daß ich mich auf Sie verlassen kann!«
    »Was soll das heißen?« fragte Maggfeldt.
    »Darüber reden wir später! Ich verlange, daß Sie meine Nichte finden! Und sofort!

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