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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    »Danke«, sagte Dr. Hartung. »Jetzt bin ich schon bestraft für etwas, was ich noch gar nicht getan habe!«
    Er zog Monique schnell an sich, und ehe sie die Arme gegen seine Brust stemmen konnte, hatte er ihren Kopf nach hinten gebeugt und küßte sie. Er küßte sie mit Hingabe und echter Freude, und Monique wehrte sich zuerst schwach, dann überhaupt nicht mehr. Ihre Arme wurden schlaff und legten sich schließlich sanft um Hartungs Nacken.
    Eine Stunde später schwammen sie zum Strand zurück. Nebeneinander. Manchmal berührten sich ihre Hände.
    Er ist keiner von den üblichen Playboys, dachte Monique beim Schwimmen. Er ist ein Mann, in den man sich verlieben könnte …
    Sie tauchte das Gesicht ins Wasser und schnellte vor wie ein silberner Fisch.
    Er schwamm ihr nach, und dann wateten sie an den Strand.
    »Das Floß mußt du mir bezahlen!« sagte sie und schüttelte das Wasser aus ihren langen schwarzen Haaren.
    Dr. Hartung nickte. Jetzt ist sie wieder Peltzners Tochter, dachte er. Und er war froh darüber …
    In London war Dr. Klaus Budde weniger der Gefahr ausgesetzt, durch private Vergnügungen von seinen geschäftlichen Pflichten abgelenkt zu werden. Er mietete sich in einem kleinen, billigen Hotel ein, suchte auf dem Stadtplan die Straße, wo die Peltzner-Niederlassung ihren Sitz hatte, und fuhr dann mit dem Omnibus in die City.
    Am zweiten Tage sah er Heinrich Fellgrub. Sie gingen auf der Fleet Street aneinander vorbei. Heinrich Fellgrub zuckte zusammen, blieb stehen, als begreife er nicht, was er gesehen hatte, drehte sich um und starrte Budde nach wie einem Geist.
    »Unmöglich!« sagte er so laut, daß Klaus Budde es noch hörte …
    Heinrich Fellgrub sah dem Mann nach, und er sah, daß es tatsächlich Dr. Klaus Budde war, aber er konnte und wollte es nicht glauben. Budde in London … Allein die Vorstellung jagte ihm kalte Schauer über den Rücken.
    Dr. Budde oder sein Doppelgänger entfernte sich jetzt langsam in Richtung City. Ab und zu warf er einen Blick in ein Schaufenster, in dessen Spiegeln er Fellgrub beobachten konnte, wie er ratlos zu ihm hinstarrte und sich offenbar unschlüssig war, ob er ihm nachlaufen und ihn ansprechen sollte oder nicht.
    Als Budde glaubte, er habe Giselas Vetter lange genug zappeln lassen, bog er in eine Seitenstraße ein und entzog sich damit dessen Blicken.
    Am nächsten Vormittag erschien Budde vor dem Geschäftshaus der Peltzner-Company. Es war ein unscheinbares, graues, hohes und schmales Haus, eines der typischen altenglischen Firmenhäuser, deren Fassade man nicht anmerkt, daß hinter den kleinen Fenstern Millionengeschäfte abgewickelt werden.
    Heinrich Fellgrub war wie unter einem Zwang ans Fenster getreten, seitlich hinter die Gardine, und starrte hinab auf die Straße. Dr. Budde hatte auf der gegenüberliegenden Seite Posten bezogen, die Hände in den Manteltaschen, eine Zigarette zwischen den Lippen. Er gab sich keine Mühe, sich zu verbergen … Er stand da, sah zum Eingang des Hauses und schien zu warten.
    Gegen Mittag verließ Fellgrub das Haus. Er hatte sich streng englisch gekleidet, dunkler Anzug, dunkler Paletot, den unvermeidlichen steifen Hut auf dem Kopf und den Regenschirm über dem linken Arm. Mit gemessenen Schritten ging er über die Straße auf Dr. Budde zu.
    »Was wollen Sie hier?« fragte er ohne Einleitung. Er versuchte, seiner Stimme einen harten, sicheren Klang zu geben, aber das gelang ihm nicht ganz. Budde lächelte höflich.
    »Kann man sich in einem freien demokratischen Land nicht ungehindert bewegen und aufhalten, wo es einem gerade gelüstet, Herr Fellgrub?« fragte er.
    »Was wollen Sie?«
    »Nichts!«
    »Nichts?«
    »Richtig. Ich sehe mir nur die Gegend an. Sie wissen, daß ich durch die Güte Ihres Onkels arbeitslos bin, und Arbeitslose haben nun einmal viel Zeit. Ich fülle sie aus, indem ich Geschäftshäuser betrachte und mir dabei denke: Darin arbeiten also lauter Ehrenmänner …«
    »Soll das eine Anspielung sein?«
    »Aber worauf denn? Ich nehme an, daß gerade Sie ein Gentleman sind! Zumindest sehen Sie so aus …«
    »Sie können mir nicht erzählen, daß Sie hier herumlungern, weil Sie Langeweile haben!«
    »Aber ja. Erst wollte ich an der Themse entlangbummeln, aber da ist es jetzt um diese Jahreszeit zu feucht. Die Nebel wissen Sie … sie legen sich bei mir auf die Bronchien. Schon, als ich noch ein kleiner Junge war, sagte meine Mutti zu mir … Kläuschen, sagte sie …«
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