Entmündigt
und sich gegen die Sonne und das Salzwasser geschützt. Das Auftauchen der treibenden schwarzhaarigen Nixe Monique ließ seine Pläne buchstäblich ins Wasser fallen.
Hartung handelte sofort, schob die Tauchermaske vors Gesicht und sprang ins Wasser, genau auf das Floß zu.
Er tauchte unter, bis er die Umrisse des Gummifloßes genau sah, legte die Harpune an und schoß. Es gab einen zischenden Laut, Luftperlen stiegen auf, das Floß schrumpfte zusammen, und Monique Peltzner verschwand mit einem spitzen Aufschrei in den sanft spielenden Wellen.
Hartung ließ die Harpune fallen. Später würde er sie wieder holen. Jetzt griff er nach dem Mädchen, riß es empor und schwamm mit ihr auf eine der Klippen zu, die überall aus dem Wasser ragten. Dort zog er Monique auf die Steine, legte ihren Kopf auf seine Gummimaske und begann, Wiederbelebungsversuche zu machen, die Arme hoch- und herunterzureißen und den Brustkorb einzudrücken und wieder hochschnellen zu lassen.
Er war ernstlich besorgt. So gefährlich hatte er sich seinen Scherz nicht vorgestellt. Aber als er eine Sekunde verschnaufen wollte, riß ihn die Stimme Moniques aus seinen beginnenden Selbstvorwürfen heraus.
»Schon schlapp? Sie sind mir ein Held! Merken Sie gar nicht, daß ich überhaupt kein Wasser geschluckt habe?«
Gerd Hartung wischte sich die nassen Haare aus der Stirn.
»Ich sollte Sie wieder zurück ins Wasser werfen!« sagte er laut.
Monique lachte schallend. Sie setzte sich auf und ließ die Füße ins Wasser hängen. »Ich bin eine gute Schwimmerin«, antwortete sie kühl. »Werfen Sie mich ruhig wieder 'rein. Aber sagen Sie mal, wie ist denn das vorhin passiert? Wo kamen Sie so plötzlich her? Und wo ist mein Floß?«
»Das liegt mit drei kleinen Löchern im Bauch bei den Polypen. Ich habe es harpuniert …«
»Sie haben es …« Monique sprang auf.
Hartung musterte voll Sachkenntnis und Anerkennung ihre in jeder Weise wohlausgewogene Figur. Schade, dachte er, daß sie eine Peltzner ist.
»Wie kam das eigentlich?« fragte Monique.
»Tja … es war ein Irrtum. Ich schwamm unter Wasser und sah etwas Großes auf mich zukommen. Eine Krake oder ein Tintenfisch, glaubte ich. Ich bin noch neu hier, wissen Sie. Deshalb habe ich wohl etwas übereilt geschossen. Und was habe ich getroffen? Eine allerliebste Krabbe …«
»Sie sollten von den Südfranzosen oder Italienern lernen, wie man Komplimente macht!« sagte Monique.
Sie setzte sich wieder auf die Klippen. Der enge, nasse Bikini lag wie eine zweite Haut an ihrem Körper. Es war aufregend, sie anzusehen. Wie leicht hat es Klaus dagegen, dachte Hartung voll anzüglicher Selbstironie. Er stapft durch den dicken Londoner Nebel, spielt Geist bei Heinrich Fellgrub und kommt nicht in Versuchung.
»Wer sind Sie eigentlich?« fragte Monique. »Sie schwimmen daher, harpunieren mich, retten mich vor dem Ertrinken, drücken mir fast den Brustkorb ein und halten mir dann einen Vortrag über Komplimente! Für so viel Unverfrorenheit kann man Ihnen jedenfalls kein Kompliment machen.«
»Und Sie? Sie lassen sich retten, Sie spielen die Halbtote, Sie lassen mich wie einen Schwerarbeiter Wiederbelebungsversuche machen – und dann lachen Sie mich aus! Halten Sie das etwa für das ewig Weibliche, das uns Männer anziehen soll?« Hartung schlug mit seinen Schwimmflossen gegen die Steine. »Ich heiße übrigens Hartung. Dr. Gerd Hartung. Freunde nennen mich ›Bumsti‹. Warum, weiß ich nicht.«
»Bumsti. Wie ein Teddybär!« Monique lachte und bog sich zurück. »Ich bin Monique Peltzner. Mit ›tz‹, wenn ich bitten darf.«
»Schade, Pelz ohne ›t‹ klingt so anschmiegsam, so weich, so zart …« Er legte den Arm um ihre Schulter.
Monique ließ es zu, aber als er sie küssen wollte, hob sie rasch die Hand. »Ich müßte Ihnen jetzt eine 'runterhauen, Herr Dr. Hartung! Finden Sie nicht auch?«
»Wenn Sie mich so direkt fragen – ich bin ganz Ihrer Meinung. Bitte, tun Sie Ihren Gefühlen keinen Zwang an!« Er hielt ihr das Gesicht hin, und Monique ließ die schmale, kleine Puppenhand auf seine Wange klatschen. Nicht fest, ganz leicht nur, aber auf der nassen Haut klang es, als sei es eine richtige Ohrfeige. Hartung schüttelte sich wie ein nasser Hund.
»Noch einmal!« sagte er.
»Warum denn?«
»Als Vorschuß …«
»Bitte!« Monique ließ noch einmal die Hand auf Hartungs Wange fallen, ganz zart jetzt, fast wie ein Streicheln. Es klatschte nicht mehr … es war ein lautloses Gleiten
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