Entscheide dich, sagt die Liebe
gefolgt zu sein.
Als er den gelangweilten Gesichtsausdruck wahrnahm, mit dem die Brünette neben ihm ihren Champagner schlürfte, bereute er es wieder. Das ist nicht meine Welt, dachte er. Sogar das glockenhelle Lachen, das von weiter weg herüberwehte, klang fremd, als stammte es aus einem anderen Leben. Er hätte nicht herkommen sollen!
Aber Paolo hatte darauf bestanden, und Paolo war schließlich sein bester Freund. Mit niemandem ging Daniele lieber ins Kino, um anschließend lautstark über den Film zu diskutieren – und fast immer anderer Meinung zu sein. Mit niemandem konnte man besser von Insel zu Insel schippern und sich den Fahrtwind um die Ohren sausen lassen. Außerdem hatte Paolo ihm schon mehr als einmal einen Gefallen getan. Vor Kurzem hatte er ihm sogar ein Boot geschenkt! Ein eigenes Boot mit einem gebrauchten, aber zuverlässigen Außenbordmotor, damit Daniele jederzeit nach Torcello tuckern und seine Eltern besuchen konnte.
Er atmete tief durch. Das hier war nicht nach seinem Geschmack, aber er würde es Paolo zuliebe durchstehen. Er hatte auch gar keine andere Wahl. Schließlich hatte er eine Wette verloren.
Daniele musste grinsen, als er an Paolos stolzgeschwellte Brust dachte und wie er den Brief mit der Zusage der Pianistin geschwenkt hatte und damit im Kreis um Daniele herumgehüpft war, als wäre er Rumpelstilzchens Bruder. Dazu rief er immer wieder: »Sie kommt! Sie kommt wirklich! Mein Engel kommt!«
»Was schreibt sie denn?«, fragte Daniele und versuchte, nach dem Blatt zu schnappen. »Los, zeig schon her!«
Doch Paolo hielt ihm den Brief lediglich unter die Nase, lesen durfte Daniele ihn nicht. Vermutlich war es ohnehin nur eine ausgedruckte E-Mail der Musikagentur, zumindest sah das Papier vollkommen unromantisch aus. Dennoch musste er zugeben, dass sein charmanter Freund es also wieder einmal geschafft hatte. Bei der Summe, die Paolo der Pianistin geboten hatte, wäre sie auch verrückt gewesen, abzulehnen. Wenn er sich jetzt bloß keine falschen Hoffnungen machte! Bei Daniele hatte das steife, blonde Wesen einen arroganten Eindruck hinterlassen, und er täuschte sich selten in Menschen. Aber er brachte es nicht übers Herz, seinen überschäumenden Freund auszubremsen. Deshalb hatte er seine Zweifel für sich behalten und zugesagt, zur Geburtstagsparty der Contessa zu erscheinen.
Da saß er nun, beobachtete den alten venezianischen Adel beim Small Talk mit den Neureichen und wartete auf den Höhepunkt des Abends.
Endlich trat Paolo vor. Er fuhr sich ein paarmal durchs Haar und räusperte sich. Stühle wurden gerückt, die Gespräche gedämpft. Die Brünette drückte ihrem Verehrer das Champagnerglas in die Hand und lehnte sich zurück.
»Verehrte Gäste und liebe Freunde!« Elegant verbeugte Paolo sich nach links und rechts und schielte kurz zur Contessa, die ihr Geschwätz mit den Freundinnen ungerührt weiterführte. »Ich habe lange überlegt, was ich meiner lieben Mutter zu ihrem Jubiläum schenken könnte. Ein ganz besonderes Geschenk habe ich gesucht. Etwas Unvergleichliches für eine unvergleichliche Frau. Eine Frau, die es verdient, dass man ihr die Sterne vom Himmel holt, nicht wahr?«
Vereinzelt ertönte zustimmendes Gemurmel.
»Hoch lebe die Contessa!«, rief jemand. Von weiter hinten erklang wieder das glockenhelle Lachen, allerdings gedämpft, als wäre es durch den Stoff eines Handschuhs gepresst worden.
»Und was soll ich sagen?«, fuhr Paolo fort. »Es ist mir tatsächlich gelungen, einen Stern zu ergattern, einen jungen, strahlenden Stern! Direkt vom Musikhimmel.«
Daniele lächelte. Dass Paolo sich seinen eigenen Herzenswunsch erfüllt hatte und ihn als exquisites Präsent für seine Mutter ausgab, war typisch für ihn. Dem Finanzamt gegenüber deklarierte er die Veranstaltung bestimmt als Marketingmaßnahme für sein Werftenimperium, damit er die Kosten abschreiben konnte. Er war eben nicht nur ein tüchtiger Geschäftsmann, sondern auch ein schlauer Fuchs. Und durch und durch menschlich, dachte Daniele. Es freute ihn diebisch, dass die gräfliche Xanthippe ein Geschenk bekam, das keines war und mit dem sie vermutlich nicht viel anfangen konnte. Dennoch schien sie sich damit zu brüsten, zumindest deutete Daniele die Blicke so, die sie mit ihren Freundinnen tauschte.
Wieder räusperte sich Paolo. »Letztes Jahr hat dieser Stern den Busoni-Wettbewerb gewonnen, einen der renommiertesten Klavierwettbewerbe in Europa. Vor Kurzem hat er im Gran Teatro La
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