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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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mehr hinhören.
    »Schließ die Augen.«
    Sie gehorchte.
    »Jetzt stell dir vor, wie er dich küsst. Kannst du seine Lippen spüren? So, dass du sie nachzeichnen könntest?«
    »Ja!«, rief Clara erfreut. Da musste sie nicht lange nachdenken. »Sie sind schmal und geschwungen und ein kleines bisschen rissig und seine Bartstoppeln kitzeln mich«, sprudelte sie hervor.
    Alle applaudierten. »Ganz klar, sie liebt ihn«, sagte Ruth. »Und jetzt lasst sie endlich ihre Pizza essen, bevor sie kalt wird.«
    Clara verschluckte sich fast an ihrem ersten Bissen, als ihr bewusst wurde, dass Paolos Lippen voll und glatt waren und sie an seinem Kinn noch nie den Hauch von Bartstoppeln wahrgenommen hatte …
     
    Obwohl sie den ganzen Rückflug über ununterbrochen an ihn denken musste und damit die dreitausendeinhundertsiebzehn versäumten Gedanken locker toppte, hatte sie ein ungutes Gefühl.
    Und mit jedem Kilometer, den Venedig inklusive der Verlobungsfeier näher rückte, sank sie schwerer in ihren Sitz und stemmte die Füße in den Boden, als könnte sie bremsen und das Verhängnis dadurch aufhalten.

 
    D ie Gäste standen in Grüppchen um die Bartische, die im orchideengeschmückten Festsaal der Ca’ Minotti aufgestellt worden waren. Es wurde gequasselt, gelacht, gestikuliert und mehr oder weniger leise über die Leute an den Nachbartischen hergezogen. Champagnerflöten stießen klirrend gegen Bowlegläser, Parfüms wehten durcheinander, Kleider mit großen Blumendrucken konkurrierten mit Glitzerroben in Knallfarben – dazwischen langweilige Herren wie Pinguine.
    Für das Salonorchester war ein kleines Podium errichtet worden. Die sieben Musiker spielten unbeirrt vom allgemeinen Geplauder ihre Musical- und Schlagerpotpourris herunter, die glatt und gefällig, aber ein bisschen lieblos arrangiert waren. Lautstärkemäßig hielten sie sich zurück, als wäre es ihr wichtigstes Anliegen, die Gespräche nicht zu stören.
    Daniele sah sich um. Meinte, die Brünette zu erkennen, die er beim Geburtstagsfest der Contessa um eine Zigarette angeschnorrt hatte. Da sie das Haar hochgesteckt trug, war er sich nicht ganz sicher. Am Nachbartisch entdeckte er Madison Black in einem quietschgrünen und überaus großzügig dekolletierten Kleid. Sie hatte beste Laune. Das rothaarige Mädchen neben ihr flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin Madison laut auflachte und sich gar nicht mehr beruhigen konnte. Ob sie auch noch lachen würde, wenn sie erfuhr, dass es sich bei dem angekündigten Frühlingsfest in Wahrheit um Paolos Verlobung handelte und ihr das Objekt ihrer Begierde damit endgültig durch die Lappen ging? Obwohl Daniele die Amerikanerin nicht besonders mochte, bedauerte er sie. Vielleicht wusste sie auch längst Bescheid und tat nur so, als wäre es ihr vollkommen egal. Oder sie hatte sich bereits anderweitig getröstet. Aber was zerbrach er sich eigentlich den Kopf darüber? Die Madisons dieser Welt interessierten ihn nicht, sie gingen ihn auch nichts an.
    Auf der Suche nach Clara ließ er seinen Blick weiter durch den Saal schweifen und blieb an dem perfekt geschminkten Gesicht der Contessa hängen, die eine ausgesprochen sauertöpfische Miene zur Schau stellte. Dass Paolos Wahl sie nicht glücklich machte, war nicht zu übersehen. Clara konnte einem jetzt schon leidtun. Mit einer Schwiegermutter wie dieser im selben Haus zu leben, kam sicher einem Spießrutenlauf gleich, auch wenn das Haus ein Palast war und Raum bot, sich aus dem Weg zu gehen. Hoffentlich würde Paolo sie dafür entschädigen, indem er sein Versprechen einlöste.
    »Ich werde sie auf Händen tragen«, hatte er vor wenigen Tagen hoch und heilig geschworen.
    Jetzt drehte er eine Runde durch den Saal, um alle Gäste zu begrüßen und mit jedem Einzelnen ein paar Worte zu wechseln. Er präsentierte sich ganz als der leutselige Conte Minotti, wie jeder ihn kannte. Und doch erschien er Daniele blasser als sonst. Oder lag es an seinem blütenweißen Frack, dass die Wangen so käsig wirkten? Seine Bewegungen ließen die übliche Eleganz vermissen, sie muteten steif an. Daniele würde ihn fragen, ob er nervös war, wenn er gleich an seinen Tisch käme. Aber Paolo kam nicht, er nickte Daniele nur kurz zu, als ihre Blicke einander begegneten.
    Merkwürdig.
    Ob Clara ihm etwas erzählt hatte? Scham kroch in Daniele hoch und trieb ihm Schweißtropfen auf die Stirn. Er senkte den Blick und starrte in sein Bowleglas, während die unliebsame Erinnerung wie ein Film vor

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