Entscheidung auf Mallorca
Es wollte ihm nicht in den Kopf, daß er von ihr betrogen worden war und daß der Brillant, den er für wertvoll gehalten hatte, nichts anderes als Glas sein sollte. »Sie wollen eine Provision?« fragte er verwirrt. »Ich hab’ Ihnen doch gesagt, daß ich nur noch zehn Pesetas besitze. Wie soll ich da …«
Der Spanier rollte die Augen. »Doch nicht jetzt Provision! Verstehen Sie nicht?«
»Ach so. Ja, natürlich. Entschuldigen Sie, ich bin völlig durcheinander.«
»Werden Sie zahlen fünfhundert, wenn Sie erhalten für Leica achttausend Pesetas?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Wulf. Ihm war im Augenblick alles egal. Er hätte auch tausend Pesetas bewilligt.
Der Portier strahlte. »Bueno«, sagte er. »Ich jetzt telefoniere mit ein gut amigo mio. Er wird kommen, und wir werden machen Geschäft. Dann alles gut.«
»Hoffentlich.«
Der Spanier verließ den Raum hinter der Empfangsloge und wies einen Pagen an, Wulf auf ein Zimmer zu führen.
Er hielt sich dort jedoch nicht lange auf, glaubte, in dem engen Raum nicht richtig atmen zu können. Voller Unruhe begab er sich auf die am Wasser gelegene Terrasse des Hotels, wo er sich einen Aperitif bestellte.
»Seco?« fragte der Kellner. »Trocken?«
Er nickte.
»Un Tío Pepe?«
»Das ist mir Wurscht.«
Der Kellner grinste und verschwand.
Wulf lehnte sich zurück und blickte zu dem Schiff hinüber, mit dem er gekommen war. Hoffentlich klappt die Sache, dachte er. Wenn, dann hab’ ich mehr Schwein als Verstand gehabt. Welche Kleinigkeiten den Lauf der Dinge doch oftmals bestimmen! Wäre die Serviette nicht von Greta Fischhauers Schoß gerutscht, säße ich heute in München. Und hätte ich den zwickertragenden Teutonen nicht kennengelernt, versuchte ich wahrscheinlich jetzt, einen falschen Stein als echten Brillanten zu verkaufen. Wer weiß, was daraus geworden wäre.
Das eine aber stand fest: Wenn ich die Leica loswerde, halte ich mich mindestens einen Tag lang in Barcelona auf. Und wenn ich mir die Füße wundlaufe. Die Zigeunerin muß ich finden. Sie soll ihr blaues Wunder erleben!
Der Kellner brachte den Aperitif. Ihm folgte ein modisch gekleideter hagerer Herr, der nachdenklich stehenblieb und die Tische musterte. Er trug eine seitlich geschlossene Sonnenbrille und machte den Eindruck, als könne er sich nicht entschließen, Platz zu nehmen.
Nicht gerade angenehm bei der Hitze, eine geschlossene Brille tragen zu müssen, dachte Wulf.
Der Herr setzte sich so, daß er die Sonne im Rücken hatte und die Terrasse überschauen konnte. Dann hob er die Hand und rief: »Jugo de tomate.«
Das dürfte »Tomaten-juice« heißen, überlegte Wulf gerade, als er sah, daß der Herr eine Zeitung entfaltete und zu lesen begann. Hoppla, dachte er, da stimmt etwas nicht. Wenn ich empfindliche Augen habe, dann setze ich mich nicht so, daß die Sonne auf die Zeitung scheint. Das vergrößert doch die Blendwirkung.
In diesem Augenblick erschien der Portier in Begleitung eines kleinen, aber stämmig wirkenden Spaniers.
»Señor Wesener«, sagte er, als er an Wulfs Tisch getreten war, »dies ist Alfonso, un amigo mio. Auf ihn ist gut verlassen. Alles reell. Nie schlechte Geschäfte. Immer beide zufrieden – Käufer und Verkäufer.«
Der Spanier reichte Wulf die Hand und grinste. Eine häßliche Reihe gelber Zähne wurde sichtbar.
Wulf erhob sich.
»Wollen wir in Ihr Büro gehen?«
»Warum?«
Er deutete auf den Herrn mit der Sonnenbrille.
»Der nicht stört«, antwortete der Spanier lachend. »Hier alle machen Geschäfte: Portier, Offizier, Minister.«
Wulf zuckte die Achseln und nahm wieder Platz. Auch die beiden Spanier setzten sich.
»Zeigen Sie Alfonso die Kamera.«
Wulf öffnete das Lederfutteral und schob den Apparat über den Tisch.
Die Augen Alfonsos blitzten. »Leica, muy bien.«
»Er sagt: Leica, sehr gut.«
Der Spanier betrachtete den Apparat eingehend. Dann fragte er etwas und zog einen Prospekt aus der Tasche.
»Er will wissen, welches Muster ist das?«
»Zwei/f.«
»Dos/f.«
Alfonso blätterte in dem Prospekt und unterhielt sich eine Weile mit dem Portier, der mehrere Male den Kopf schüttelte und schließlich die Schulter hob.
»Amigo mio sagt, achttausend Pesetas zuviel.«
»Wieviel will er geben?«
»Siebentausendsechshundert.«
Wulf wollte sich schon einverstanden erklärten, als er bemerkte, daß der Spanier fragend zu dem Herrn mit der Sonnenbrille hinüberschaute. Nanu, dachte er, ich hab’ doch geahnt, daß mit dem etwas
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