Entscheidung auf Mallorca
dachte er. Selbst wenn noch irgendwelche Steuermarken hinzukommen, werden mir 10 bis 15 Pesetas verbleiben.
Typisch für Wulf, würde Harald Forster gesagt haben. Wenn er nur 1. Klasse sitzen kann.
Als das Schiff am nächsten Morgen in den Hafen von Palma einlief, leuchtete der Himmel strahlend blau.
Wulf hatte kaum geschlafen; er sah aber dennoch frisch aus und war rasiert. Für fünf Pesetas hatte ihm ein Steward eine leerstehende Kabine zur Morgentoilette zur Verfügung gestellt.
Die Einfahrt in den malerisch gelegenen Hafen erregte ihn. In erster Linie allerdings der modernen Hotels wegen, die auf der gegenüberliegenden Seite der Anlegestelle unmittelbar am Wasser standen. In einem von ihnen wollte er wohnen. Irgendwie würde es weitergehen.
Mehrmals schon hatte er den Überschlag seines Hosenbeins abgetastet: Der Ring war da. Er wollte ihn erst herauslösen, wenn er den Zoll passiert hatte.
Die Kontrolle war eine reine Formalität. Er mußte seinen Koffer vorweisen, doch noch bevor er ihn öffnen konnte, hatte der Beamte mit Kreide ein Kreuz darauf gemalt und ihm zu verstehen gegeben, weiterzugehen.
Er nickte dem Zöllner zu. »Ihr macht’s euch ganz schön bequem.«
Ein vor ihm gehender, grauhaariger Herr, der einen altmodischen, blitzenden Kneifer trug, drehte sich um. »Wohin man kommt – Deutsche, nichts als Deutsche.«
»Das höre ich gerne«, erwiderte Wulf, der augenblicklich an den Verkauf seines Ringes dachte.
Der Herr zuckte die Achseln. »Geschmackssache. Wenn ich ins Ausland reise, möchte ich unter Ausländern sein.«
»Dann hätten Sie im Ausland geboren werden müssen«, frotzelte ein hinter Wulf gehender Passagier.
Der grauhaarige Herr blickte indigniert zurück.
»Verstehen Sie nicht? Dann gehörten Sie zu denen, die den Krieg verloren haben, könnten nach Deutschland fahren und wären unter Ausländern.«
»Willkommen in Palma«, warf Wulf trocken ein.
Der zwickertragende Herr warf dem anderen einen giftigen Blick zu.
Dem schien das nichts auszumachen; denn er wandte sich an seine neben ihm gehende Frau. »Merkst du was? Feine Pinkels! Nehmen am Wirtschaftswunder teil und spielen die vornehmen Herren.«
Der Grauhaarige winkte ein Taxi heran und fragte Wulf: »Wo wohnen Sie?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Empfehle Ihnen das ›Impledo‹. Wohnte dort schon zweimal. Wollen Sie mit mir fahren?«
Wulf zögerte: »Ich benutze lieber den Bus.«
Der Herr lachte. »Das Taxi kostet darum keine Peseta mehr. Sie sind Student, nicht wahr?«
Wulf war verblüfft.
»Woher wissen Sie das?«
Er deutete auf Wulfs linke Wange. »Ihre Narbe hat Sie verraten.«
»Da muß ich Sie enttäuschen«, erwiderte Wulf. »Es stimmt zwar, daß ich Student bin, die Kerbe habe ich aber schon seit meiner Jugend.«
Der Grauhaarige kniff die Augen zusammen. »Erstaunlich. Ich dachte, es wäre ein Durchzieher. Aßmann«, stellte er sich vor. »Teutone.«
Wulf nannte seinen Namen und fügte »stud. rer. pol.« hinzu.
Der Teutone legte den Kopf zurück und blickte prüfend durch den unteren Teil seines Zwickers. »Dann ackern Sie nur fleißig. Tüchtige Betriebswirtschaftler sind heute gesucht. Los, steigen Sie ein.«
Als der Wagen anfuhr, nahm Wulf das Gespräch wieder auf. »Ich befürchte, daß ich alles andere als tüchtig bin.«
»Wieso?«
»Ich war gestern wahnsinnig genug, mein ganzes Geld für einen Wertgegenstand auszugeben. Ich war so begeistert, daß ich darüber den Verstand verlor.«
»Soso. Darf man fragen, um was es sich handelt?«
»Um einen Brillantring.«
Der Herr nahm den Zwicker ab. »Für Ihre Freundin?«
»Na, ja.«
»Und nun?«
»Ich werd’ das Ding wieder verkloppen müssen.«
»Wenn ich eine Freundin hätte, würde ich den Preis jetzt drücken. Bin aber eingefleischter Junggeselle. Gott sei Dank! Zugegeben, manchmal etwas langweilig, sonst aber ganz schön. Die Mark behält ihren Wert.«
Wulf Wesener lachte hölzern. »Glauben Sie, daß man hier einen Ring verkaufen kann? Wenn nicht, müßte ich schon heute abend wieder zurückfahren.«
Der Teutone stutzte. »Ihr Tempo in Ehren, aber …« Er blickte nachdenklich vor sich hin. »Sprechen Sie mit dem Portier des ›Impledo‹. Ich kenne ihn. Er macht gerne Nebengeschäfte. Wie alle Spanier. Im übrigen stehe ich für zwei Tage gerade. Wenn Sie Ihr Ding bis dahin nicht verkloppt haben, rauschen Sie ab und überweisen die Zeche auf mein Konto. Meine Adresse gebe ich Ihnen noch.«
»Sie wollen mir …? Wie soll
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