Entscheidung auf Mallorca
eine seiner endlosen Schwärmereien verfiel: Über den seidigen Himmel, die goldenen Sterne, den silbernen Mond und das Plätschern des Wassers.
Als sie auf die Terrasse traten, schlug ihnen lautes Gelächter entgegen.
»Oje«, sagte Herr Aßmann. »Die vier werden uns wieder an ihren Tisch lotsen.«
Gott sei Dank, dachte Wulf, der gerne bei den stets lachenden deutschen Paaren saß, die schon seit drei Wochen im »Impledo« wohnten und am Abend nur schwer den Weg ins Bett fanden. Einer der Herren war Arzt, der andere Jurist.
Der Abend ist gerettet, sagte sich Wulf. Der Teutone ist ja ein netter und hilfsbereiter alter Herr, aber stundenlang mit ihm zusammen zu sitzen ist eine ziemliche Tortur. Bewußt steuerte er auf den Tisch der Deutschen zu, und er sträubte sich nicht, als diese darum baten, ihnen Gesellschaft zu leisten.
»Sie sind ja wieder mächtig in Fahrt«, sagte der Grauhaarige.
»Wir haben auch allen Grund dazu«, erwiderte der Arzt und winkte den Kellner herbei. »Die schönen Tage in Aranjuez sind zu Ende.« Er wandte sich zurück. »Noch zwei Gläser.«
»Sie reisen ab?«
Der Jurist nickte. »Morgen.«
»Bei dem Wetter? Das würde ich mir noch zweimal überlegen.«
»Das haben wir schon vor acht Tagen getan. Wir haben versucht, eine Umbuchung unserer Flugscheine zu erreichen – nichts zu wollen. Die Maschinen sind auf Monate hinaus ausverkauft.«
Wulf stockte der Atem. »Was wollten Sie erreichen? Eine Umbuchung?«
»Nun ja. Die Karten haben nur für einen bestimmten Tag und für eine bestimmte Maschine Gültigkeit.«
Wulf war es, als legte sich ihm ein Ring um die Brust. Er wurde bleich.
Die Frau des Juristen sah es. »Was ist mit Ihnen?« fragte sie und wandte sich an ihren Mann. »Schnell, Harry, mit Herrn Wesener stimmt etwas nicht.«
Wulf gewahrte nur noch graue Schleier. Verwirrt bedeckte er seine Augen.
Die Frau des Juristen reichte ihm ein Glas Wasser.
Er trank. »Ich weiß nicht, was mit mir … Mir war plötzlich …«
»Haben Sie das schon mal gehabt?« unterbrach ihn der Arzt.
Wulf schüttelte den Kopf.
»Sie werden etwas gegessen haben, das Ihnen nicht bekommen ist.«
Wulf nickte, obwohl er wußte, daß die Worte des Juristen die Ursache seines jähen Schwindelanfalles gewesen waren. Du lieber Gott, dachte er, ich muß mit Blindheit geschlagen gewesen sein. Warum habe ich mir den Rückflugschein nicht angesehen? Wenn er nur für einen bestimmten Tag Gültigkeit besitzt, ist es aus.
»Sie sollten sich einen Moment hinlegen«, empfahl ihm der Teutone.
»Es wird das beste sein«, erwiderte er und erhob sich.
»Ich begleite Sie.«
»Nein danke. Es geht schon. Wirklich«, fügte er bestimmt hinzu, bat um Entschuldigung und verabschiedete sich.
»Schade«, sagte die Frau des Juristen, als er gegangen war.
Ihr Mann nickte. »Aber darum wollen wir uns den letzten Abend nicht verderben lassen. Prost! Auf daß wir im nächsten Jahr wieder zusammen sind.«
Wulf fühlte sich hundeelend, als er sein Zimmer aufsuchte. Er ahnte, daß ihm eine furchtbare Feststellung bevorstand. Und er täuschte sich nicht. Auf seinem Flugschein war der 24. Februar als Rückflugtag eingetragen. Für sechs Tage hatte Greta Fischhauer die Reise bemessen, neun Tage aber war er schon unterwegs. Der Rückflugschein war also verfallen, und er besaß nur noch wenige Pesetas, wenn er von Peggys Geld absah, das er bei der Bank deponiert hatte. An alles hatte er gedacht, in jeder Hinsicht hatte er sich abgesichert, um nicht nochmals in eine prekäre Lage zu kommen. Hätte ich doch auf dem Schiff eine Kabine genommen, dachte er. Dann würde man mich gefragt haben, an welchem Tag ich zurückfahren will, und ich wäre darauf aufmerksam geworden, daß Rückfahrkarten nur für einen bestimmten Tag Gültigkeit besitzen. Gewiß hätte ich mir den Flugschein dann näher angesehen.
Doch was nützten solche Überlegungen? Er hatte den Tatsachen ins Auge zu schauen und mußte versuchen zu retten, was zu retten war.
Wenn alle Stricke reißen, habe ich immer noch Peggys Geld, sagte er sich. Ich muß dann eben meinen Vater aufsuchen und mit ihm reden. Er wird zwar einen Mordsspektakel machen, aber Peggy erhält ihr Geld, und mir wird der Betrag im Laufe der nächsten Monate abgezogen.
Je klarer Wulf erkannte, in welch scheußliche Lage er geraten war, um so nüchterner wurde er. Vielleicht machte es das Wissen, sich mit einem Rückgriff auf Peggys Geld retten zu können, zum Teil lag es aber wohl daran, daß er
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