Entscheidung auf Tortola
war frustriert. Warum gab er ihr keine Gelegenheit, ihn näher kennen zu lernen? Wollte er auch nichts über sie erfahren?
Sie wurde immer bedrückter. Sie hatte so viele unausgesprochene Fragen an Steve, sie war traurig, dass er sich offensichtlich nicht für ihr Leben interessierte. Sie bedeutete ihm nichts.
Nach dem Essen fuhren sie zum Krankenhaus, und Lacey begleitete Steve hinein. Sie trug den kleinen Koffer, in den Steve ein paar alte Kleidungsstücke gepackt hatte, die er anziehen wollte, bevor der Gips gewechselt wurde. Kyle Lincoln erwartete sie vor der Röntgenabteilung.
“Guten Tag, Lacey. Hallo, Steve. Wie geht’s, alter Junge?”
Falls der Arzt sich über Laceys Anwesenheit im Krankenhaus wunderte, ließ er es sich nicht anmerken. Für einen Augenblick spürte Lacey Steves Anspannung, registrierte seinen flüchtigen Blick in ihre Richtung, aber nach Kyles lockerer Begrüßung fing er sich wieder.
“Mir wird es sehr viel besser gehen, wenn ich endlich einen Gehgips habe.” Steve reichte seinem Freund die Hand.
Lacey beobachtete die beiden Männer, die sich eine Weile unterhielten. Der Arzt erkundigte sich nach dem Befinden seines Patienten und gab ihm Ratschläge für eine schnelle Genesung.
Selbst auf Krücken und mit dem Fuß in Gips strahlte Steve noch immer Kraft und Stärke aus. Kyle war von einer ähnlichen Aura umgeben, wie man sie von einem Arzt an seinem Arbeitsplatz erwartete. Doch Patienten wirkten in einer solchen Situation meist eingeschüchtert, aber Steve benahm sich, als würde er sich in seinem eigenen Büro befinden.
Eine Krankenschwester kam mit einem Rollstuhl zu ihnen. “Ich kann Mr. Carmichael jetzt in den Röntgenraum bringen, Dr. Lincoln”, sagte sie.
“Sehr schön. Sobald dein Fuß geröntgt ist, kommt der Gips runter und der Gehgips rauf. Danach wird noch eine Aufnahme gemacht, und dann kannst du nach Hause.”
“Ich brauche keinen Rollstuhl”, protestierte Steve.
“Das ist bei uns so üblich”, erklärte Kyle.
“Ich kann laufen”, beharrte Steve.
“Sei nicht kindisch, Steve. Du wirst schneller gesund, wenn du die Anweisungen deines Arztes befolgst”, sagte Lacey und wollte ihm die Krücken abnehmen.
“Und ich will nicht …”
“… dass du mir sagst, was ich zu tun habe”, beendete sie den Satz gleichzeitig mit ihm. “Das habe ich jetzt oft genug gehört. Lass dir mal was Neues einfallen”, ergänzte sie schnippisch.
Steve hob die Augenbrauen. “Warte nur, bis ich hier fertig bin”, drohte er, als er Lacey widerwillig die Krücken überließ. Dann setzte er sich in den Rollstuhl und ließ sich den Koffer geben.
Kyle lachte leise und drehte sich zu Lacey um, als Steve davongeschoben wurde.
“Ich bin froh, dass Sie es ihm gesagt haben. Wenn ich das gewagt hätte, hätte er mich mit der Krücke niedergeschlagen.”
“Das bezweifle ich. Er leidet nur darunter, so unbeweglich zu sein. Wird die Prozedur lange dauern?”
“Nein, aber Steve muss eine Weile warten, bis der Gips so fest ist, dass er das Krankenhaus verlassen kann. Auch dann darf er den Fuß noch einen Tag lang nicht belasten, bis die Masse hart ist. Ich werde mir jetzt die erste Röntgenaufnahme ansehen, und danach können wir beide eine Tasse Kaffee zusammen trinken, während Steve seinen Gehgips bekommt.”
“Das hört sich gut an. Ich warte hier auf Sie.”
Lacey setzte sich ins Wartezimmer und blätterte ein Magazin durch. Es dauerte nicht lange, bis Kyle zurückkam und mit ihr in die Krankenhauskantine ging. Sie unterhielten sich eine Weile, bis Kyles Pieper ertönte.
“Wahrscheinlich ist Steve jetzt so weit, dass wir die zweite Röntgenaufnahme machen können. Danach dürfen Sie ihn mit nach Hause nehmen”, sagte der Arzt.
“Vorausgesetzt, dass er nicht wieder ins Büro will. Er hat dort heute Vormittag gearbeitet, wussten Sie das?”, erzählte Lacey, als sie Kyle zur Röntgenabteilung begleitete.
“Danach wird ihm bestimmt nicht zumute sein”, erwiderte Kyle. “Es tut höllisch weh, wenn ein Gips abgenommen und ein neuer angelegt wird. Ich glaube, er wird sich jetzt eine Weile ausruhen wollen.”
Als Lacey Steve wiedersah, wusste sie, dass Kyle Recht hatte. Steve wirkte müde, und man merkte ihm an, dass er an Schmerzen litt. Er erhob keine Einwände, als die Schwester ihn im Rollstuhl hinaus zum Parkplatz fuhr. Er trug jetzt alte Jeans, von denen er das linke Hosenbein bis zum Knie abgeschnitten hatte, und dazu ein blaues T-Shirt. Lacey nahm der
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