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Entscheidung aus Liebe

Titel: Entscheidung aus Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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gehofft, er würde sich nicht so einfach diesen törichten Konventionen unterwerfen, die ihm seine Mutter und die englische Gesellschaft auferlegten.
    Seufzend nippte sie an ihrem Tee. Beinahe hätte sie den Brief vergessen, den sie heute von ihrem Vater erhalten hatte. Ein Lächeln spielte auf ihren Lippen, als sie den Brief vom Nachttisch nahm und sich auf ihre weichen Seidenkissen niederlegte. Diese üppigen, prächtig bestickten Kissen waren der einzige Luxus, den sie sich gönnte.
    Sie öffnete den Brief. Die französischen Worte waren in Papas kühner, unverkennbarer Handschrift geschrieben. Sie begann zu lesen.
    Meine liebe Tochter,
    wie sehr wünsche ich mir, dass Du glücklich und wohlbehalten bist, wenn Dich dieser Brief erreicht. Dein letzter Brief war äußerst amüsant, deshalb nehme ich an, dass es Dir in England besser ergeht, als ich dachte. Wie sehr ich Dich vermisse, meine kleine Chloe!
    Gestern Abend fragte mich Madame Duvier nach Dir. Wir mussten beide lachen, als wir uns daran erinnerten, wie Du damals mit fünf Jahren das Lamm in Dein Schlafzimmer geschmuggelt hast. Obwohl ich es nur ungern zugebe, vermisse ich Deine Streiche, Chloe.
    Madame Duvier liebte es, diese Geschichte zu erzählen. Die hübsche Witwe besaß ein Talent dafür, andere Menschen zum Lachen zu bringen. Ihr Vater hatte sie in seinen letzten Briefen auffällig oft erwähnt. Vielleicht wollte er etwas andeuten und wissen, ob ihm Chloe ihre Zustimmung erteilte. Sie beschloss, Madame Duvier in ihrem nächsten Brief ausgiebig zu loben. Es war unnötig, dass Papa sich deswegen sorgte. Seit Mama vor Jahren gestorben war, hatte Chloe ihren Vater immer wieder dazu ermutigt, sich eine neue Frau zu suchen.
    Ihr Vater berichtete weiterhin von den üblichen Neuigkeiten zu Hause. Trotz Papas gut gemeinter Warnung machte ihr Bruder weiterhin einem Dorfmädchen den Hof, das als falsch und wankelmütig bekannt war. Ihrer Schwester Gigi ging es gut. Papa schrieb, dass ihr Baby schnell wuchs und von allen verhätschelt und verwöhnt wurde.
    Als Chloe fertig war, las sie die Zeilen noch einmal. Danach faltete sie den Brief zusammen und legte ihn in die Schublade ihres Nachttisches. Sie würde ihn noch einige Male lesen, bevor sie ihn zu den anderen Briefen in die Schatulle unter ihrem Bett legte.
    Gähnend streckte sie sich. Sie fühlte eine seltsame Mischung aus Freude und Heimweh, wie immer, wenn sie einen Brief von
    Papa erhalten hatte. Sie vermisste ihre Familie schmerzlich. Gewiss, sie waren gewöhnliche Menschen mit Fehlern und besaßen keine großartigen Adelstitel. Doch sie verstanden es, Liebe zu geben und anzunehmen.
    Das vermisste sie wohl am meisten - geliebt zu werden.
    In dieser Nacht träumte sie davon, in einem tiefen See zu schwimmen. Seltsamerweise konnte sie unter Wasser atmen, und sie sah wunderschöne bunte Fische und Unterwasserpflanzen in den herrlichsten Farben. Plötzlich hörte sie erstickte Schreie über sich, und sie tauchte auf.
    Während sie langsam erwachte, wurde ihr bewusst, dass tatsächlich jemand schrie. Rebeccah, dachte sie. Hastig schlug sie ihre Bettdecke zurück und eilte in das Kinderzimmer nebenan.
    „Sollen wir ihn jetzt ,Onkel Strathmere' nennen?" fragte Rebeccah stirnrunzelnd. „Nein, ma petite. Nennt ihn einfach so, wie ihr es immer getan habt."
    „Er lächelt niemals. Ich mag ihn nicht. Vielleicht ist er gemein zu Kindern."
    Chloe setzte einen grünen Federhut auf die dunklen Locken des Kindes.
    Sie verkleideten sich mit den alten Gewändern aus den großen Truhen, die sie vom Dachboden geholt hatten. Es war Rebeccahs Lieblingsspiel. Im Augenblick trug sie ein fließendes Kleid aus der Zeit des Empire. Es war ein Überbleibsel aus der letzten
    Generation, als man noch üppige, verschwenderische Kleidung bevorzugte.
    Natürlich war das Kleid viel zu groß für den zierlichen Körper des Kindes.
    Chloe wandte sich Sarah zu und setzte der Kleinen einen Dreispitz auf den Kopf, den eine große Straußenfeder schmückte. „Ich will aber den da!" rief Rebeccah neidisch. „Du hast schon einen hübschen Hut", sagte Chloe. Dabei schob sie den Dreispitz zurück, so dass Sarahs Augen nicht mehr bedeckt waren. „Sarah kann deinen Verehrer spielen", fügte sie hinzu.
    „O nein!" rief Rebeccah entsetzt aus. Sie riss sich den Hut vom Kopf und warf sich mit lautem Wehklagen auf den Boden.
    „Sag mir, wenn du fertig bist", sagte Chloe mit einem Achselzucken.
    „Na gut, na gut!" antwortete Rebeccah, als sie

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