Entscheidung aus Liebe
Frühstück aufzubrechen, entschuldigte sich Colin nach der Mahlzeit bei seiner Frau. Dann ging er zu Jareth und bat seinen Freund, mit ihm zusammen die Beladung der Reisekutsche mit ihrem Gepäck zu überwachen.
Es war ein fadenscheiniger Vorwand, auf den Jareth jedoch dankbar einging. Insgeheim sehnte er sich danach, mit einem wirklich vertrauten Menschen zu sprechen, und wenn es nur für einen Augenblick war. Schließlich standen sie schweigend nebeneinander im Hof.
„Wir sind schon eine sehr lange Zeit Freunde, Jareth", begann Colin.
Jareth nickte, während er einen kurzen Blick auf den Himmel warf. Dort schienen sich dunkle Wolken zusammenzuziehen, was ihn schmerzlich an Chloes Augen erinnerte - sturmgrau, vermischt mit einem tiefen Blau. „Ich glaube, ein Sturm kommt auf", sagte er einfach. „Du solltest in Erwägung ziehen, eure Abreise noch etwas zu verschieben, Colin."
„Und du solltest diese Heirat noch einmal in Erwägung ziehen und deine Entscheidung überdenken, Jareth. Jeder kann dir ansehen, wie unglücklich du bist." Seufzend sah Jareth seinem Freund ins Gesicht. „Viele Dinge haben sich geändert, seitdem wir Partner waren, Colin." Seine Stimme klang so kalt und gefühllos, dass sie einem anderen Mann zu gehören schien. „Diese Heirat ist genau das Richtige für mich."
„Zum Teufel, das ist sie nicht", widersprach sein Freund mit einem Kopfschütteln. „Helena ist ... perfekt", sagte Jareth leise.
„Sie ist wunderschön und gebildet, natürlich. Das Problem ist nur, dass du sie nicht willst. Gibt es noch jemanden, Jareth? Benimmst du dich aus diesem Grund so steif und distanziert wie eine Statue?"
„Es kann keine andere Frau für mich geben, niemals", antwortete Jareth.
Colin musterte ihn für eine Weile, dann nickte er wissend. „Ich verstehe. Es tut mir Leid, ich hätte das Thema nicht anschneiden sollen. Vielleicht hat sich tatsächlich viel verändert, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich hätte mir dessen bewusst sein sollen."
Jareth spürte, wie eine plötzliche Angst seinen abgestumpften Gemütszustand vertrieb. Seit der Neuigkeit, die Frederick heute Morgen in sein Ohr geflüstert hatte, fühlte er sich innerlich wie betäubt. Seine Unfähigkeit zu irgendeiner Empfindung war wie ein Segen für ihn gewesen. „Miss Pesserat ist verschwunden, Euer Gnaden", hatte ihm der Butler mitgeteilt. Auch ihm schienen die Gefühle seines Dienstherrn gegenüber der jungen Gouvernante nicht entgangen zu sein. Nun, die Nachricht hatte Jareth nicht unerwartet getroffen. Er hatte es bereits geahnt. Chloe war viel zu stolz, um noch bis zu seiner Hochzeit hier zu bleiben und seine gnädige Gastfreundschaft anzunehmen, bis ihre Galgenfrist abgelaufen war. Er hatte nichts anderes von ihr erwartet. Dieses Wissen hatte ihn bisher davor bewahrt, die Fassung zu verlieren, und glücklicherweise hatte er keinen Schmerz über ihren Verlust gefühlt - bis zu diesem Moment. Er hatte jedoch keinen Zweifel daran, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihn die schreckliche Wahrheit, sie für immer
verloren zu haben, in vollem Ausmaß treffen würde.
Doch in diesem Augenblick schmerzten ihn die resignierenden Worte seines besten Freundes. Es war bereits schwer gewesen, die geschäftliche Partnerschaft mit Colin zu verlieren. Aber er durfte nicht zulassen - konnte nicht ertragen, dass sich sein Titel nun auch noch zwischen ihre Freundschaft drängte und einen weiteren Kontakt unmöglich machte.
„Bitte vergib mir, Colin. Ich kann nur mit niemandem über diese Angelegenheit sprechen, jetzt noch nicht. Sicher werde ich dir später einmal alles erzählen. Im Moment muss es genügen, wenn ich sage, dass du Recht hattest - in jeder Hinsicht. Dennoch kann ich nichts mehr an diesen Tatsachen ändern. Es ist vorbei."
Colin schien etwas darauf erwidern zu wollen, überlegte es sich aber dann anders. Stattdessen seufzte er tief und blickte seinen Freund mitfühlend an. „Nun, dann wünsche ich dir Glück, alter Freund ... und Liebe, eines Tages."
Jareth zuckte leicht zusammen. Dann reichte er Colin die Hand und schüttelte sie zum Abschied. „Dasselbe wünsche ich auch dir. Ich kann nur hoffen, deine Freundschaft niemals zu verlieren. Und betrachte das Glück, das du gefunden hast, niemals als selbstverständlich. Niemals. Serena ist ... nun, sie ist wundervoll, und ich weiß, dass sie dich über alles ... "
Er konnte den Satz nicht beenden. Er konnte es einfach nicht.
Colin sah ihm betrübt
Weitere Kostenlose Bücher