Entscheidung aus Liebe
unterwürfig verhielt. Jede
andere Frau hätte ihn längst in die Schranken gewiesen. Nun, zumindest Chloe ...
„Es klingt unnatürlich, wenn du deinen eigenen Verlobten so ansprichst, findest du nicht? Ab sofort wirst du mich nur noch bei meinem Vornamen nennen, Helena." „Strathmere!" rief seine Mutter empört. „Setze dich sofort hin und entschuldige dich für dieses skandalöse Benehmen!"
„Ich heiße nicht Strathmere!" schrie er sie so laut an, dass sie zusammenzuckte. „Wann begreifst du das endlich, Mutter? Mein Name ist Jareth, und du weißt das genau. Noch vor weniger als einem Jahr hast du mich so genannt, sogar in diesem Raum, erinnerst du dich? Wir saßen hier alle zusammen, und ich war einfach Jareth für dich. Es war mein Bruder Charles, den du Strathmere nanntest. Hat denn jeder meinen richtigen Namen vergessen?"
Gerald, der bislang mit gelangweilter Miene in einer Ecke gesessen und ein Buch gelesen hatte, meldete sich zu Wort. „Ich habe es nicht vergessen." Er schien es jedoch gut zu meinen und den Streit schlichten zu wollen.
Jareth breitete die Arme aus und wies auf die Wände des Raumes. „Das ist Strathmere. Es ist ein Ort, ein lebloses Gebäude. Und es ist mein offizieller Titel. Aber nicht ich bin Strathmere. Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut. Kein Haus, kein Titel - nur ein gewöhnlicher Mensch, wie alle anderen auch. Mein Name ist Jareth Hunt."
Seine Mutter warf den anderen Anwesenden einen entsetzten Blick zu, um ihre Reaktion zu sehen. „Schweig! Bist du verrückt geworden?"
Bedrohlich trat er auf sie zu und sah ihr geradewegs in die Augen. „Ja, Mutter, ich glaube, das bin ich." Angesichts ihrer erschrockenen Miene richtete er sich auf und atmete tief ein, während seine Wut langsam abebbte. Schließlich sagte er mit ruhigerer Stimme: „Seht nur, Frederick ist hier, um uns zum Dinner zu rufen. Möchtet ihr euch mir vielleicht anschließen?" Er bot Helena seinen Arm an und führte sie in den Speisesalon, als ob sein plötzlicher Ausbruch niemals geschehen wäre.
Doch auch während der Mahlzeit verspürte er den überwältigenden Drang, zu schreien oder das Geschirr an die Wand zu
werfen. Schwer atmend lockerte er seine Krawatte und nahm seinen Löffel auf. Er versuchte sich darauf zu konzentrieren, seine Suppe zu essen. Dennoch schienen die Wände immer näher auf ihn zuzukommen, und ihm war so heiß, als würde er verbrennen. „Mein Gott, es ist unglaublich warm in diesem Zimmer. Frederick, öffne die Fenster."
Der Butler tat, wie ihm befohlen wurde. Die frierenden Damen wickelten ihre Umhängetücher enger um ihre Schultern, da sie keinen Widerspruch wagten. Während des Essens warfen sie ihm verstohlene Blicke zu. Alle außer seiner Mutter, die ihn mit offener Verachtung ansah, schienen sich vor ihm zu fürchten. Helena saß mit versteiftem Rücken auf dem Stuhl und löffelte ihre Suppe in winzigen Portionen. Jareth stellte fest, dass sie seinem Blick auswich. Gerald beschränkte sich darauf, sich stumm mit seinem Essen zu beschäftigen.
Jareth blickte auf sein Tischgedeck herab. Das edle Kristallglas, das im Schein der Kerzen glitzerte, stand neben seinem goldverzierten Teller aus feinstem chinesischen Porzellan. Daneben lag ein wertvolles Silberbesteck auf dem feinen Leinentischtuch. Es gab sogar einen Diener in seinem Haushalt, der nur die Aufgabe hatte, jeden Tag dieses Silber zu polieren. Der Butler zählte es anschließend nach, ob alle Teile vollständig waren.
Ich wünschte, ich wäre tot.
Die Worte aus dem Tagebuch seines Bruders hallten plötzlich in seinem Kopf wider. Ich weiß sehr gut, wie du dich gefühlt hast, Charles, dachte er.
Die Suppe wurde schweigend eingenommen. Lord Rathford, der sich offenbar aus den unvorhersehbaren Launen eines Duke nichts machte, erklärte, dass das Essen vorzüglich sei. Die Dowager Duchess schien froh, ein Gesprächsthema gefunden zu haben, und stimmte ihm enthusiastisch zu, bevor sie einen Monolog über die Wichtigkeit guten Küchenpersonals begann. Gerald mischte sich begeistert in die Konversation ein, wie immer bemüht, seiner Tante zu gefallen.
Manchmal hasse ich sie, hatte in dem Tagebuch gestanden.
Jareth schloss die Augen und senkte den Kopf, um seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Chloe immer noch in der Nähe war. Er konnte sie sehen, wenn er es wünschte. Wenn ...
Ich wünschte, ich würde niemals Duke werden.
„Sie essen ja gar nichts, Euer
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