Entscheidung aus Liebe
antwortete Jareth schließlich.
„Ich werde mich sicher niemals daran gewöhnen, lieber Cousin. Du bist der Duke, ich nur ein armer Verwandter."
„Natürlich ist er der Duke", mischte sich die Duchess ein. Sie schien die Unterredung
zwischen den beiden Männern für unsinnig zu halten. „Und du, mein Lieber, bist ein sehr hoch angesehener Verwandter, was uns betrifft. Du bist manchmal so dumm, Gerald."
Er senkte den Blick wieder auf seinen Brandy. „Ja, Tante, das bin ich tatsächlich."
Sie sah die Angelegenheit offensichtlich als erledigt an. „Erzähle uns lieber, was du die ganze Zeit über in London getrieben hast. Du ungezogener Junge, niemals schreibst du uns."
„Als ich dich zum letzten Mal gesehen habe, warst du damit beschäftigt, die zahlreichen Spielhallen der Stadt kennen zu lernen. Oder hast du dir inzwischen einen anderen Zeitvertreib gesucht?" äußerte Jareth skeptisch.
„Habe ich richtig gehört?" keuchte die Duchess. „Das ist doch sicher nicht wahr, Gerald?"
„Ich gebe zu, dass ich in die falsche Gesellschaft geraten bin,
Tante. Ja, ich bin ein Sünder. Ich habe zu oft gespielt, und vor allem um zu viel Geld. Meistens habe ich verloren, aber das ist wohl meine gerechte Strafe." Er senkte reumütig sein dickes Kinn auf die Brust. „Es ist nicht leicht für einen Mann mit begrenzten Mitteln, bei den Vergnügungen seiner Freunde mithalten zu können, die vom Schicksal gesegneter sind."
Jareth hob misstrauisch eine Braue. „Bist du in Schwierigkeiten?"
Gerald sah ihn beleidigt an. „Ich erwarte nicht, dass du meine Lage verstehst. Du hast noch niemals in deinem Leben gespielt, nicht wahr?"
„Ich habe in meiner Vergangenheit sehr wohl gespielt, mein lieber Cousin. Einmal zum Beispiel habe ich ein Vermögen in ein Geschäft mit einem einzigen Schiff gesetzt, das mein Partner in einem Kartenspiel gewonnen hatte. Er konnte segeln, aber das war auch schon alles. Keiner von uns beiden war mit dem Handelsleben vertraut." Plötzlich verspürte er einen ungeheuren Stolz. Es war allein sein Verdienst gewesen, Burke and Hunt Shipping aus dem Nichts zu einem kleinen Geschäftsimperium aufzubauen. Es war der einzige Erfolg in seinem Leben, der sich nicht auf seinen hohen Rang begründet hatte. „Daher bin ich natürlich damit vertraut, ein hohes Risiko einzugehen und alles auf eine Karte zu setzen."
„Das ist nicht dasselbe." Gerald leerte sein Glas in einem Zug, dann wischte er sich in ungehörigerweise den Mund mit der Hand ab. „Es ist wie eine Krankheit, die mich auffrisst. Ich kann nicht aufhören, ständig ans Spielen zu denken. Es beherrscht mich, macht mich krank, aber dennoch suche ich immer wieder die Gefahr."
„Oh, nun übertreibst du aber!" rief die Duchess aus. Ihr Tonfall besagte deutlich, dass die unangenehme Unterredung für sie beendet war.
Jareth verspürte plötzlich Mitleid mit seinem Cousin. Gerald lachte bitter auf und erhob sich, um sein Glas erneut zu füllen. „Natürlich übertreibe ich, Tante. In London habe ich mir sicher einen Hang zur Dramatik angewöhnt. Das kommt wohl davon, dass ich zu viel Umgang mit der exzentrischen Gesellschaft des Hofes führe." Die Duchess rümpfte die Nase. „Nun, das ist nicht im Geringsten amüsant, Gerald. Wie kannst du nur über so etwas ... Gewöhnliches sprechen! Nimm dich in Zukunft
bitte etwas mehr zusammen."
Ein leises „Oh!" an der Tür ließ Jareth aufblicken. Miss Chloe stand mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck vor ihnen und schien unsicher, ob sie einfach wieder gehen sollte.
„Excusez-moi", sagte sie ängstlich und trat einen Schritt zurück. „Ich habe nach einem Buch gesucht, aus dem ich den Kindern vorlesen kann. Ich wusste nicht, dass sich jemand hier aufhält."
Jareth wollte schon auf sie zugehen und ihr versichern, dass sie willkommen war, als ihn die scharfe Stimme seiner Mutter zusammenzucken ließ. „Meine Liebe, Ihre Manieren lassen wie immer zu wünschen übrig! Haben Sie niemals gelernt, anzuklopfen, bevor Sie einen Raum betreten?"
Chloe hob stolz das Kinn. „Ich habe bemerkt, dass heute Morgen ein Feuer im Salon entzündet wurde. Ich nahm daher an, dass Sie Ihren Gast dort empfangen würden. Wie ich jedoch sehe, habe ich mich geirrt. Ich entschuldige mich für die Störung." „Nein", warf Jareth ein. „Sie haben uns nicht gestört. Nach welchem Buch haben Sie gesucht?"
„Es ist nicht wichtig. Ich werde später zurückkommen."
„Ich werde es Ihnen sofort heraussuchen, wenn Sie
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