Entscheidung aus Liebe
seufzte die Duchess. „Ich hatte kaum zu hoffen gewagt, dass es so gut verlaufen würde."
„Miss Chloe hat die Aufgabe, sie auf diesen Abend vorzubereiten, erstaunlich gut gemeistert, nicht wahr?"
Seine Mutter bedachte ihn mit einem Blick, den er noch aus seiner Kindheit kannte. Sie hatte ihn als Knaben immer damit
eingeschüchtert. Nun, als Mann, jagte ihm ihr Gesichtsausdruck immer noch ein schlechtes Gewissen ein, und er fragte sich, womit er ihr Missfallen erregt hatte. „Vielleicht wird sie die Mädchen in Zukunft nicht mehr dazu ermuntern, im Schmutz zu spielen", zischte sie verächtlich.
„Trotzdem war es Miss Chloe, die so geistesgegenwärtig war, diese Situation zu retten."
Die Dowager Duchess kniff misstrauisch die Augen zusammen. „Verteidigst du sie etwa, Strathmere?"
Jareth täuschte ein amüsiertes Lachen vor. „Wohl kaum." Dennoch sagte ihm eine innere Stimme, dass dies eine Lüge war. Er fühlte immer noch ihre intensive Gegenwart, die den Raum mit Spannung erfüllt hatte. Trotz ihrer Zurückhaltung hatte er deutlich ihre Aufregung gespürt, ihren verzweifelten Wunsch, dass die Kinder einen guten Eindruck hinterließen. Und es war ihr tatsächlich gelungen. Sie hatte es trotz aller Widrigkeiten zustande gebracht.
Seine Mutter gab ihm keine Antwort auf seine letzte Äußerung. Schließlich wünschte er ihr eine gute Nacht und zog sich in sein Schlafzimmer zurück.
In ihrem kleinen Zimmer betrachtete Chloe noch einmal die Papierpuppe, die sie an diesem Tag gebastelt hatte.
Sie wusste, dass sie eine Begabung zum Zeichnen hatte. Die Puppe war ein gutes Miniaturbild einer richtigen Frau. Das Kleid, das die Puppe trug, war ihr ebenfalls gelungen. Chloe hatte die Schultern frei gelassen und einen Schnitt nach der neuesten französischen Mode gezeichnet. Anschließend hatte sie es mittels Rebeccahs Wasserfarbe blassgrün ausgemalt. Es war ein Kleid, das jeder Debütantin Ehre gemacht hätte.
Lady Helena würde ein solches Kleid tragen, dachte Chloe. Dann löste sie das Papiergewand von der Puppe und legte es zu den anderen in eine kleine Holzkiste. Rebeccah hatte beschlossen, dass ihre Schätze dort gut aufbewahrt sein würden. Seufzend erhob sie sich vom Bett und brachte die Kiste zurück in das Spielzimmer. Dort ging sie eine Weile unruhig umher.
Lady Helena Rathford war die perfekte Gefährtin für den Duke. Sie war schön, talentiert und selbstsicher. Sie war alles, was Chloe nicht war.
Wie töricht war sie nur gewesen! Sie hätte niemals, auch nicht für einen Augenblick, etwas anderes in ihm sehen dürfen als das, was er tatsächlich für sie darstellte - der Mann, in dessen Haus sie angestellt war. Ich darf niemals wieder daran denken, dachte sie. Er war Welten von ihr entfernt und stand weit über ihr, und es gab nichts, was sein Leben mit ihrem verband. Nicht, dass sie dies alles nicht schon längst gewusst und akzeptiert hätte. Aber nun hatte sich alles verändert. Sie wünschte sich auf einmal, dass es sich anders verhalten würde. Seufzend fuhr sie mit den Fingern durch ihr dickes braunes Haar und versuchte es zu einer kunstvollen Frisur aufzutürmen, wie sie Lady Helena heute Abend getragen hatte. Närrin, schalt sie sich selbst. Sie verstand einfach nicht, was auf einmal in sie gefahren war. Was trieb sie nur dazu, zwei Männer in dem Duke zu sehen? Es war, als ob sein wirkliches Ich in ihm gefangen war, der Mann mit den sanften, unergründbaren Augen, die deutlich den Schmerz erkennen ließen, der seine Seele quälte. Dieser Teil seines Selbst schien den anderen zu bekämpfen, den Duke, der stets seinem hohen Rang entsprechend handelte.
Lady Helena war die perfekte Ehefrau für den Duke. Aber was würde dann mit dem anderen Mann geschehen, der sich hinter seiner beherrschten Fassade verbarg?
In dieser Nacht gingen Geister im Garten um. Jareth konnte sie fühlen. Selbst die Verlockungen der sternenklaren Nacht und des Himmels lenkten ihn heute nicht von seinen Gedanken ab.
Die Geister waren seine eigenen Erinnerungen, die jedoch in der Dunkelheit wieder lebendig geworden zu sein schienen. Bilder an längst vergangene Zeiten füllten seinen Kopf, und er erinnerte sich ...
Er war wieder zusammen mit Charles. Wie viele Jahre waren seitdem schon vergangen? Dieser Garten hatte nicht nur ihm selbst seit jeher als Zuflucht gedient, sondern auch Charles, der hierher gerannt war, wann immer ihm sein Lehrer etwas Zeit für sich selbst erlaubt hatte.
Eine große Traurigkeit machte
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