Entscheidung aus Liebe
die Worte seiner Mutter kaum glauben. Er war erstaunt, dass sie so unvorsichtig gewesen war, ihm ihre Pläne zu enthüllen. Es entsprach gar nicht ihren sonstigen Angewohnheiten. Die „Situation", für die ihrer Aussage nach eine „Lösung" gefunden werden musste, war natürlich sein unverheirateter Zustand. Also würde Chloe nur noch so lange in Strathmere bleiben, bis Helena nach ihrer Vermählung hier lebte. Anschließend würde die Aufgabe, die Erziehung seiner Nichten zu übernehmen, natürlich seiner Gattin zufallen.
Der neuen Duchess of Strathmere.
Er wusste nicht genau, warum ihm dieser Plan überhaupt nicht behagte. Warum eigentlich nicht? Er traute Helen durchaus zu, seine Nichten zu vollendeten kleinen Damen zu erziehen.
Aber es würde ihr niemals gelingen, die Mädchen von ihrem Schmerz zu befreien, daran hatte er keinen Zweifel. Äußerlich
würden sie zwar gute Manieren annehmen, aber Helena konnte sie niemals ... heilen. Diese Tatsache war zwar seiner Mutter gleichgültig, ihm jedoch nicht. Doch wie auch immer, in Geralds Gegenwart behielt er seine Meinung lieber für sich. „Liebst du immer noch die Jagd, Jareth?" fragte Gerald.
„Es war Charles, der gerne jagte, nicht ich", antwortete Jareth.
„Ah, nun erinnere ich mich wieder. Nun, gehst du überhaupt manchmal auf die Jagd? Im Augenblick wäre genau die richtige Saison. Das ist eigentlich der einzige Aspekt des Landlebens, den ich vermisse ... "
„Nein."
„Wie bitte?"
„In meinen Wäldern wird kein Wild gejagt."
Seine Mutter räusperte sich. „Mein Lieber, damit willst du doch sicher nicht sagen ... "
„Ich will damit sagen", sagte er ernst, „dass in Strathmere keine Hirsche gejagt werden. Nicht auf meinem Grund und Boden. Ich befinde mich sehr wohl in der Lage, solche Regeln festzulegen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?"
Schweigen antwortete ihm. Zum ersten Mal in seinem Leben wirkte seine Mutter wirklich schockiert. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie unhöflich er sich gerade benommen hatte.
Gerald murmelte eine Entschuldigung, leerte sein Glas und stellte es auf dem Teakholztisch ab, bevor er den Raum eilig verließ.
Seine Mutter weigerte sich, ihn anzusehen. Ihr Gesicht sah versteinert aus, als gehöre es einer Statue. Nun bereute er sein Handeln. Er kam einen Schritt auf seine Mutter zu und legte eine Hand auf ihre schmale Schulter. Doch sie reagierte mit keiner Bewegung, keinem Wort auf seine Berührung.
„Verzeih mir", murmelte er.
„Ich habe Geralds altes Zimmer für ihn herrichten lassen", sagte sie. „Bitte Mrs.
Hennicot, noch einmal nachzusehen, ob alles zu seiner Zufriedenheit ist."
Nun wusste Jareth, dass seine Bitte vergeblich gewesen war. Sie schien sein Vergehen bereits vergessen zu haben, aber verzeihen würde sie ihm niemals.
Da Jareth das Jagen von Hirschen untersagt hatte, ging Gerald stattdessen auf die Wachteljagd. Jareth begleitete ihn einige Male, doch die Jagd hatte noch niemals einen Reiz für ihn besessen. Die beachtliche Verwaltungsarbeit, die mit der Leitung eines Herzogtums verbunden war, verschaffte ihm eine willkommene Ausrede, nicht an weiteren Ausflügen mit seinem Cousin teilnehmen zu müssen. Nun, da einige Monate seit dem Tod seines Bruders vergangen waren, häuften sich wieder die Besuche von Bittstellern und Kaufleuten. Sie schienen anzunehmen, dass seine Trauerzeit inzwischen vorüber sein musste.
Er dachte oft an die Vergangenheit. Bisweilen wünschte er sich, alles wäre anders gekommen. Er vermisste sein früheres Leben. Und er wollte wieder der Mann werden, der er einst gewesen war.
Colin Burke schrieb ihm regelmäßig Briefe, auf die sich Jareth stets freute. Trotzdem war es etwas schmerzlich für ihn, sie zu lesen. Colin informierte ihn regelmäßig über die Neuigkeiten bei Burke and Hunt Shipping, außerdem erwähnte er in letzter Zeit auffallend häufig eine rothaarige Schönheit namens Serena Cameron. Jareth hatte sie einmal kennen gelernt und hielt sie für eine äußerst sympathische junge Frau. Sie schien seinen Freund neuerdings sehr zu beeindrucken, und Jareth war sich sicher über Colins wachsende Zuneigung zu Miss Cameron.
Nun, auch er selbst war schließlich damit beschäftigt, offiziell um eine Frau zu werben. Er und seine Mutter dinierten so oft wie möglich in Rathford Manor, und auch die Rathfords waren häufig zu Besuch in Strathmere.
Was Chloe betraf, so beschäftigte sie noch immer täglich seine Gedanken.
Manchmal sah er sie zusammen mit den
Weitere Kostenlose Bücher