Entscheidung der Herzen (German Edition)
drehte den Kopf zur Seite.
»Verhungern wirst du, wenn du nichts zu dir nimmst.«
»Und wenn schon«, erwiderte Cathryn müde. »Wozu soll ich denn noch leben? Ich habe Cassian verloren. Er war mein Leben. Ohne ihn bedeutet jeder neue Tag nur eine neue Qual für mich.«
Hilflos blickte Elizabeth auf ihre Tochter. Eigensinnig war Cathryn schon immer gewesen, doch das Verhalten, das sie jetzt an den Tag legte, war mehr als Eigensinn. Lady Jourdan befürchtete das Schlimmste.
»Wir müssen etwas unternehmen«, teilte sie ihrem Mann mit. »So kann es nicht weitergehen. Cathryn geht uns vor die Hunde.«
Auch Lord Arthur stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. »Sir Baldwin drängt auf eine Verlobung. Doch eine Frau, die dem Tod näher ist als dem Leben, will auch er nicht. Wir müssen Cathryn wieder zum Leben erwecken, sonst sind wir alle verloren.«
Er runzelte die Stirn, sodass diese von Falten zerfurcht war. In seinen hellen Augen, die denen Cathryns so ähnlich waren, glimmte ärger. »Sie muss doch auch an uns denken, Himmel noch eins!«
Lady Elizabeth neigte den Kopf. »Sie ist jung, Arthur. Und die Jugend denkt nur an sich. Doch ich muss ihr in einer Sache Recht geben: Irgendwer muss Sir Baldwin Humbert stoppen.«
Sie seufzte und fuhr fort: »Ich bete jedoch jeden Tag, dass der Herr nicht gerade unsere Cathryn für diese Aufgabe vorgesehen hat.«
»Hmm«, machte Lord Arthur und zupfte mit den Fingern an seinem gepflegten, grauen Bart. »Wir werden nach einem Arzt schicken. Oder nach dem Priester. Einem von beiden muss es doch gelingen, ihren Lebensmut wieder zu entfachen.«
Lady Elizabeth sah ihren Mann voller Zuneigung und Nachsicht an. »Oh, gewiss. Ein guter Einfall. Doch bevor wir nach Arzt oder Priester schicken lassen, möchte ich noch eines probieren.«
»Und, meine Liebe, was ist das?«
Lady Elizabeth gab ihrem Mann einen Kuss auf die eine Wange und strich ihm dabei mit der Hand liebevoll über die andere.
»Lass mich nur machen. Du wirst sehen, es wird auf keinen Fall zu unserer Schande sein.«
Fragend hob der Lord die Augenbrauen. »Was, in Gottes Namen, hast du vor?«
»Nun, Dinge, die Frauen betreffen, sollten von Frauen erledigt werden, meine ich. Und Männer, mein lieber Arthur, verstehen sich nun einmal nicht auf diese Dinge. Wenn ich jedoch versage, so werde ich unwidersprochen alles tun, was du empfiehlst.«
Noch einmal strich Lady Elizabeth ihrem Mann über die Wange, dann eilte sie hinaus und lieβ sich von der Magd einen Umhang bringen, der sie vor der morgendlichen Kühle schützen würde.
Wenig später eilte sie schon die Freitreppe hinab, durch den Schlosshof und verschwand durch ein kleines Gartenpförtchen.
»Ich bin keine Betrügerin, Mylady!«
Jane, eine junge Frau mit hüftlangem Haar, die einen Säugling auf dem Arm hielt, sah Lady Elizabeth missmutig an.
»Aber Jane, natürlich bist du keine Betrügerin. Gott bewahre ! Du bist eine Heilerin, eine Wahrsagerin und eine Kräuterkundige. Nun, ich spreche die Heilerin in dir an und bitte dich nur, deine Fähigkeiten auf diesem Gebiet über die in der Wahrsagerei zu stellen und meiner Tochter, um derenLeben ich fürchte, ein wenig Freude und Mut einzuhauchen. Es kann doch keine Sünde sein, Jane, wenn du einem beladenen Menschenkind zur Besserung verhilfst!«
»Aber es ist unredlich, Mylady, wenn ich Eurer Tochter Dinge sage, die nicht in ihrer Hand geschrieben stehen. Es wäre eine Lüge und somit eine Sünde.«
Seufzend kramte Lady Elizabeth in ihrer bestickten Geldbörse und holte ein Pfundstück heraus. »Und wenn du von diesem Geld eine Wachskerze kaufst und sie der Heiligen Muttergottes in aufrichtiger Reue stiftest, so bin ich sicher, vergibt dir unser Herrgott deine Schuld.«
Jane seufzte. »Na gut, weil Ihr es seid. Gute Herrschaften waren die Jourdans uns immer und auch Cathryn ist frei von Hochmut und Dünkel, hat immer ein nettes Wort für jeden von uns.«
Lady Elizabeth nickte zufrieden und strich dem Säugling, der leise schmatzend an der prallen Brust der jungen Frau lag, behutsam über das zarte Köpfchen.
»Was genau soll ich aus der Hand der jungen Lady lesen?«, fragte Jane.
Lady Elizabeth überlegte nur einen winzigen Augenblick lang. »Nun, ich könnte mir gut vorstellen, in Cathryns Hand steht geschrieben, dass die groβe Liebe auf sie wartet.«
Elizabeth blickte Jane bei diesen Worten fest in die Augen, doch die junge Frau schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Eine barmherzige
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