Entscheidung in Cornwall
in der ersten Maiwoche anfangen.«
»Ich verstehe.« Sie verzog die Lippen zu einem leichten Lächeln und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Du hast dich gründlich informiert.«
»Ich habe dir doch gesagt, es ist eine berufliche Sache, und wenn es um den Beruf geht, bin ich fast pedantisch genau.«
»Nun gut, Brian, das ist ein Punkt für dich«, sagte sie. »Wo würden wir arbeiten? Nicht hier«, setzte sie hastig hinzu. Sie fühlte plötzlich einen seltsamen Druck auf der Brust. »Hier arbeite ich nicht mit dir.«
»Das dachte ich mir schon. Ich habe ein Haus in Cornwall«, fuhr er fort, als sie nichts sagte.
»In Cornwall?«, wiederholte sie. »Warum in Cornwall?«
»Weil es dort ruhig und einsam ist und weil niemand, ganz besonders nicht die Presse, eine Ahnung hat, dass dieses Haus mir gehört. Wenn die Zeitungen erfahren, dass wir zusammenarbeiten, werden sie über uns herfallen. Besonders weil es um dieses Projekt geht. Es ist eine zu heiße Sache.«
»Könnten wir nicht einfach eine kleine Höhle im Osten mieten?«
Brian lachte und griff in ihr Haar. »Du weißt doch, wie schlecht die Akustik in einer Höhle ist. Cornwall ist im Frühling unglaublich schön, Ramona. Komm mit!«
Sie hob die Hand, drückte sie ihm auf die Brust und schob ihn von sich fort. Sie wusste nicht, ob sie ablehnen oder zustimmen sollte. Er schien sie noch immer mühelos manipulieren zu können. Ich muss darüber nachdenken, sagte sie sich. Ich brauche ein paar Tage, um alles in der richtigen Perspektive zu sehen.
»Ramona!«
Sie drehte sich um. In der Tür stand Julie. »Ja?«
»Ein Anruf für dich.«
Leicht verärgert sah Ramona sie an. »Kann er nicht warten, Julie?«
»Dieser Anruf ist aber über deine Privatleitung hereingekommen.«
Brian fühlte förmlich, wie sie erstarrte, und sah neugierig zu ihr hin. Ihre Augen waren völlig ausdruckslos.
»Ich verstehe.« Sie schien völlig gelassen, dennoch hörte er, dass ihre Stimme kaum merklich zitterte.
»Ramona!« Ohne zu überlegen, nahm er sie bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. »Was ist los?«
»Nichts.« Sie löste sich von ihm, kam ihm plötzlich sehr fremd und abweisend vor, schien auf einmal so weit weg zu sein, dass er verwirrt war. »Trink noch eine Tasse Tee«, forderte sie ihn lächelnd auf, doch in ihren Augen war noch immer kein Ausdruck. »Ich bin gleich wieder da.«
Sie blieb länger als zehn Minuten, und jetzt lief Brian rastlos auf und ab. Ramona war nicht mehr das gefügige junge Mädchen von damals, das war ihm klar, und er wusste nicht, ob sie einwilligen würde, mit ihm zu arbeiten. Er wollte sie, für das Projekt und – ja, auch für sich. Sie in den Armen zu halten, sie zu fühlen hatte viel mehr in ihm geweckt als nur Erinnerung. Sie faszinierte ihn, hatte es immer getan. Sogar mit neunzehn hatte sie etwas Verschlossenes gehabt, hatte sich ihm nie ganz preisgegeben.
So war es auch heute noch – fast als halte sie einen Teil von sich selbst zurück, eingeschlossen in ein Geheimfach, unerreichbar für andere. Sie hatte ihn vor fünf Jahren nicht nur körperlich von sich ferngehalten. Es hatte ihn damals frustriert und frustrierte ihn noch heute.
Aber auch er war älter geworden. Er hatte damals viel falsch gemacht und hatte nicht die Absicht, diese Fehler zu wiederholen. Heute wusste er, was er wollte, und war fest entschlossen, es zu erreichen. Brian setzte sich wieder ans Klavier und spielte das Lied, das er gemeinsam mit Ramona geschrieben hatte. Es erinnerte ihn an ihre Stimme, die warm und erregend an sein Ohr gedrungen war.
Als er die letzten Takte des Liedes anschlug, fühlte er, dass Ramona in der Nähe war. Er blickte auf und sah sie in der Tür stehen. Ihre Augen wirkten ungewöhnlich dunkel und glänzend. Dann wurde ihm klar, dass sie sehr blass war. Hatte das Lied sie in solche Unruhe versetzt? Er hörte sofort auf zu spielen, stand auf und ging zu ihr.
»Ramona …«
»Ich habe mich entschlossen, es zu tun«, unterbrach sie ihn. Die Hände hatte sie wie ein braves Schulkind gefaltet.
»Wunderbar.« Er nahm ihre Hand. Sie war eiskalt. »Alles in Ordnung?«
»Ja, natürlich.« Sie löste die Hand aus der seinen und hielt, ohne mit der Wimper zu zucken, seinem Blick stand. »Ich nehme an, Henderson wird mich über die Einzelheiten informieren.«
Etwas an ihrer Ruhe störte ihn, sie war ihm unheimlich. Wieder war es, als habe sich ein Teil von ihr irgendwohin zurückgezogen, unerreichbar für ihn.
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