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Entscheidung in Cornwall

Entscheidung in Cornwall

Titel: Entscheidung in Cornwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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APITEL
    Im Theater war es dunkel und still. Man hörte nur Ramonas Schritte, verstärkt durch die ausgezeichnete Akustik. Sehr bald würde die Stille von Bühnenarbeitern, Kulissenschiebern, Beleuchtern, Elektrikern und allen anderen gebrochen werden, deren Aufgabe es war, hinter der Bühne für das Gelingen der Show zu sorgen. Ihre lauten Stimmen würden sich mit unzähligen anderen handwerklichen Geräuschen vermischen, würden im Hämmern, im Poltern von Holz und Metall, im Pfeifen der Mikrofone untergehen.
    Und alle Geräusche würden irgendwie hohl klingen, genauso wie jetzt ihre Schritte.
    Aber es waren aufregende Geräusche, Geräusche, die Ramona liebte und auch erregten.
    Sie genoss jedoch auch die Stille und war häufig lange vor den Proben im leeren Theater zu finden, Stunden bevor das Publikum vor dem Haupteingang Schlange stand und Stunden bevor die Presse mit ihren ewig gleich bleibenden Fragen anrückte.
    Ramona war im Augenblick auf die Presse nicht allzu gut zu sprechen. Schon war ein gutes halbes Dutzend verschiedener Storys über sie und Brian veröffentlicht worden – Spekulationen über ihre bevorstehende Zusammenarbeit an »Fantasie« und wieder aufgewärmte Geschichten über ihre frühere Beziehung. Alte Fotos waren ausgegraben und veröffentlicht worden. Alte Fragen wurden neu gestellt. Ständig bohrte man in der alten Wunde.
    Zweimal wöchentlich rief sie in der Fieldmore Klinik an und führte fast gleich bleibende Gespräche mit Dr. Karter. Zweimal wöchentlich verband er sie mit dem Zimmer ihrer Mutter. Und obwohl Ramona wusste, dass es dumm war, begann sie wieder an die Versprechen, die weinerlichen Schwüre zu glauben. Sie fing an zu hoffen. Ohne die Anforderungen der Tournee, ohne ihre Arbeit, die sie bis zur Erschöpfung beanspruchte, wäre sie jetzt ein seelisches Wrack gewesen, das wusste sie. Nicht zum ersten Mal im Leben dankte sie dem Schicksal für ihr Glück und für ihre Stimme.
    Ramona ging auf die Bühne und wandte sich einem imaginären Publikum zu. Die Sitzreihen glichen den endlosen Wellentälern und Wellenkämmen eines Ozeans. Doch sie wusste, wie dieser Ozean gefahrlos zu befahren war, hatte es von der ersten Sekunde ihres ersten Konzerts an gewusst. Sie war eine Naturbegabung, sie wusste, wie man ein Publikum mitriss, es war ihr genauso angeboren wie ihre Stimme, die nie einer Ausbildung bedurft hatte. Die Unsicherheit, die sie jetzt fühlte, hatte mit der Frau Ramona zu tun, nicht mit der Sängerin. Schon seit längerer Zeit spukte ihr ein bestimmtes Lied im Kopf herum, doch noch zögerte und überlegte sie, ob sie es wirklich bringen sollte. Erinnerungen konnten gefährlich sein. Aber sie brauchte etwas, um sich selbst zu beweisen, also sang sie:
    »Ob Wolken, ob Regen,
    du warst bei mir,
    und die Sonne brach durch, uns zu finden …«
    Zu sentimental? Sie war nicht dieser Meinung gewesen, als sie die Worte schrieb.
    Seit Jahren hatte sie dieses Lied nicht mehr gesungen. Zwei Minuten und dreiundvierzig Sekunden, die sie mit Brian verbanden. Wenn das Lied im Radio gespielt worden war, hatte sie immer abgeschaltet, und nie hatte sie es in ihr Konzertprogramm aufgenommen. Sie sang es jetzt als eine Art Test, erinnerte sich fast schmerzlich des harmonischen Zusammenklangs ihrer tiefen mit Brians klarer, kühler Stimme. Sie musste fähig sein, sich der Erinnerung an ihre gemeinsame Arbeit zu stellen.
    Das war die Voraussetzung für ihre künftige Zusammenarbeit. Nur so würde sie die Realität ertragen, die in zwei Wochen begann. Denn mehr als die halbe Tournee lag schon hinter ihr.
    Es tat nicht so weh, wie sie befürchtet hatte, war kein heftiger Schlag ins Gesicht, eher ein wehmütiger, beinahe angenehmer Schmerz. Sie musste daran denken, wie sie das letzte Mal in Brians Armen gelegen hatte – im Auto, hoch oben in den Hügeln über Los Angeles …
    »Das habe ich dich aber noch nie singen gehört.«
    Ramona war in Gedanken so weit weg gewesen, dass sie jetzt herumfuhr und sich erschrocken an die Kehle griff. »Marc!«, stieß sie dann hervor. »Du hast mich zu Tode erschreckt. Ich hatte keine Ahnung, dass jemand hier ist.«
    »Ich wollte dich nicht unterbrechen, ich kenne nur die Aufnahme, die ihr gemeinsam gemacht habt, du und Carstairs.« Er trat aus dem Schatten heraus, und Ramona sah, dass er eine akustische Gitarre über der Schulter hängen hatte. Das war typisch für ihn, man traf ihn kaum einmal ohne Musikinstrument an. Entweder hatte er es in der Hand, oder

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